In etwa zwei Monaten beginnen die Abrissarbeiten auf dem Areal der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne. Sie dauern bis zu fünf Monate. Anwohner machen sich Sorgen über Asbest in den Gebäuden.
Pinneberg. Wer in diesen Tagen das Gelände der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne in Pinneberg besucht, der findet eine kleine Stadt in der Stadt im Dornröschenschlaf vor. Büsche und Bäume umwuchern und umranken die Gebäude und Heime, die ältesten stammen aus den 1930er-Jahren. Hier könnte ein Märchenfilm gedreht werden. Hier ist ein kleines Paradies für Vögel, Insekten und Kleintiere entstanden. Nur auf dem Grundstück eines ehemaligen Wirtschaftsgebäudes ist die Neuzeit am Werken: Hier baut der Hamburger Bildungsträger WABE eine Kindertagesstätte mit 40 Krippen- und 60 Elementarplätzen, die im ersten Quartal 2015 eröffnen soll.
Aber schon in etwa zwei Monaten wird Schluss sein mit dem Dornröschenschlaf auf dem ehemaligen Kasernengelände. Dann wird die in Kronshagen ansässige Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) mit den Abrissarbeiten der Kasernengebäude beginnen. „Wir rechnen im September mit einem rechtskräftigen Bebauungsplan“, sagte LEG-Projektleiter Stefan Krohn im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. Am 11. September wird die Pinneberger Ratsversammlung den Bebauungsplan beschließen oder ablehnen.
Krohn rechnet damit, dass sich die Abrucharbeiten auf vier bis fünf Monate erstrecken werden. Im Oktober beginnen dann die Erschließungsarbeiten auf dem Gelände. Zuerst wird ein Sickerbecken angelegt. Insgesamt wird die Landesentwicklungsgesellschaft um die 15 Millionen Euro für den Abbruch, den Tiefbau, die Straßen und die Grünanlagen ausgeben. 1,4 Millionen Euro hatte das Unternehmen für sieben Hektar Bauland gezahlt. „Mit den Planungs- und Vertriebskosten kommen wir auf ein Gesamtvolumen von etwa 20 Millionen Euro“, sagt Krohn.
Insgesamt rund 250 Wohneinheiten sollen in der künftigen „Parkstadt Eggerstedt“ errichtet werden. Es werden etwa 80 Einfamilienhäuser, etwa 25 Doppelhäuser und etwa 15 sogenannte Stadtvillen mit Eigentumswohnungen entstehen. „Mit dem Vetrieb der Immobilien werden wir bereits im September dieses Jahres beginnen“, sagt der LEG-Projektleiter. „Den Baubeginn für die Hochbauten planen wir Anfang des zweiten Halbjahres 2015.“
Die LEG rechnet bei den Ein- und Zweifamilienhäusern mit Grundstückspreisen um 280 Euro pro Quadratmeter. Die Preise für die Eigentumswohnungen sind noch nicht bekannt.
Auf die LEG kommen etwa 2,5 Millionen Euro Abbruchkosten für die Gebäude auf dem Kasernengelände zu. Das geht aus einem internen Gutachten der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hervor, das dem Hamburger Abendblatt vorliegt. Insgesamt 28 Unterkunftsgebäude, Wirtschaftsgebäude, und Stabsgebäude einschließlich eines Offiziersheimes, einer Kläranlage, eines Wasserwerkes und einer Sporthalle sowie zwei Bunker – von denen einer atomsicher ist – müssen abgebrochen werden. Der Abbruch für den atomsicheren Bunker kostet 65 Euro pro Kubikmeter, der für den zweiten Bunker 30 Euro pro Kubikmeter, der für die Gebäude aus den 1930er-Jahren 7,50 Euro pro Kubikmeter und der für die Gebäude aus den 1960er- und 1970er-Jahren 15 Euro pro Kubikmeter.
Bei letzteren wirkt sich laut dem internen Gutachten verteuernd aus, dass „häufig Verunreinigungen mit verschiedenen Schadstoffen“ vorzufinden sind: PCB-haltige Stoffe als Fugendichtungsmaterial in Fertigbauteilen, Asbest in Dichtungen, Rohrummantelungen, Fensterbänken und Heizungsverkleidungen, Pech in Dachpappen sowie Pech und PCB in Klebern.
Nach Abendblatt-Informationen sind bereits nach dem Abbau des ersten Wirtschaftsgebäudes, das aus den 1930er-Jahren stammte, am 19. Juni 3,94 Tonnen Asbest entsorgt worden. Dies gab Anwohnerin Monika Binder, 65, Anlass zur Sorge, „ob vielleicht sogar asbesthaltige Stoffe freigesetzt worden sind“. Die ehemalige Kita-Leiterin klagte über Husten, nachdem Staub vom Kasernengelände in ihre Reihenhaussiedlung geweht war und wandte sich an die Stadt. Bauamtsleiter Klaus Stieghorst antwortete per E-Mail: „Die Entsorgung der Schadstoffe erfolgte nach Angaben des Bauherren entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen.“ Auch Jennifer Posdena, 35, die einen Kleingarten neben dem Kasernengelände hat, macht sich Sorgen: „In punkto Asbest bleibt ein ungutes Gefühl.“
Der Abbruchunternehmer Gunnar Lindenblatt aus Gudendorf, Kreis Dithmarschen, sagte auf Anfrage: „Wir haben das asbestverseuchte Material entsprechend den Technischen Regeln Gefahrenstoffe abgebaut und in eingeschweißten Big Bags entsorgt. Den asbesthaltigen Staub haben wir durch Restfaserbindemittel gebunden und mit speziellen Saugern abgesaugt.“