Städte und Kommunen im Kreis Pinneberg mit Unterbringung steigender Zahl an Asylsuchenden überfordert. Makler nutzt prekäre Lage aus und fordert Wuchermieten

Elmshorn. Die steigende Zahl von Asylsuchenden stellt Städte und Gemeinden vor zunehmende Herausforderungen bei der Unterbringung. Im Jahr 2013 wurden in Schleswig-Holstein rund 4200 Asylsuchende und einige weitere Flüchtlinge, zum Beispiel aus den Syrienkontingenten aufgenommen hat. Davon hat der Kreis Pinneberg bis zum Februar 255 Flüchtlinge aufgenommen. Tendenz steigend. Zum Vergleich: im Februar 2012 waren es 192 Menschen, im selben Monat 2014 bereits 530 Asylsuchende hauptsächlich aus Afghanistan, dem Iran und Syrien.

Die Kosten für die Unterbringung trägt zu 30 Prozent der Kreis, zu 70 Prozent das Land. „Die Unterbringung liegt in der Eigenverantwortung der Gemeinden und Städte“, sagt Kreissprecher Marc Trampe. „Der Kreis kann jedoch unterstützen, wenn es zum Beispiel darum geht, Räumlichkeiten zu schaffen.“ Wie vielen Ausländern der Kreis Zuflucht gewährt, berechnet sich aus einem Schlüssel, der sich an der Einwohnerzahl orientiert. Da der Kreis Pinneberg der Einwohnerreichste im Land ist, muss er mit 10,4 Prozent die meisten Asylsuchenden aufnehmen. Diese Verteilerquote wird auch auf die Gemeinden und Städte im Kreis angewendet.

So müsste Elmshorn beispielsweise mit knapp 50.000 Einwohnern rund 50 Asylsuchende aufnehmen. Allerdings sind derzeit doppelt so viele in der Krückaustadt untergebracht. Der Grund: Andere Kommunen haben die ihnen zugewiesenen Flüchtlinge ohne vorherige Absprache mit der Stadt in Elmshorn untergebracht und so die Quoten-Regelung umgangen. Bürgermeister Volker Hatje hatte diese Problematik auf der Bürgermeister-Konferenz im Januar bereits thematisiert. „Eine Lösung haben wir bisher noch nicht gefunden“, sagt Hatje. Ein weiteres Gespräch soll in den kommenden Tagen folgen.

„Das Problem sind die kurzen Vorlauffristen“, sagt er. „Sie bekommen 48 Stunden vorher einen Anruf, dass sie eine sechsköpfige Familie unterzubringen haben.“ Die allgemein angespannte Wohnungssituation lasse es zudem nicht mehr zu, präventiv Wohnungen anzumieten. „Das verführte in der Vergangenheit einige Kommunen dazu, den schnellen Weg zu nehmen und Wohnungen in Elmshorn anzumieten.“ Er könne es sich auch einfach machen und die Asylsuchenden in Hotels einquartieren. Aber das sei nicht der richtige Weg. Denn die Neuankömmlinge bräuchten nicht nur ein Dach über den Kopf, sondern auch jemanden, der sie betreut. „Die Menschen, die bei uns Hilfe suchen, sollen menschenwürdig leben und in unsere Gesellschaft integriert werden“, sagt Hatje. Die Menschen kämen aus völlig unterschiedlichen Kulturen, sprechen kein Deutsch und seien auf Hilfe angewiesen. Nur wer soll das machen? „Meine Mitarbeiter sind an ihren Grenzen angekommen“, sagt Hatje. Er fühlt sich mit der Problematik allein gelassen.

Hilfe kommt vom Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf. Sie wollen noch im April die Stelle eines Flüchtlingsbeauftragten schaffen, der in Elmshorn angesiedelt werden soll. „Derzeit wird geprüft, wer diese Aufgaben übernimmt“, sagt Natalie Lux, Sprecherin des Kirchenkreises. Es soll sich dabei aber nicht um eine Vollzeitstelle handeln. Probst Tomas Bergemann werde sich darüber hinaus auch politisch weiter für Flüchtlinge einsetzen, so Lux.

Das Innenministerium hat die Kreise in einem Schreiben vom 24. Februar 2014 darauf hingewiesen, dass bei der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften, die Anzahl der Plätze zwischen 40 bis 100 liegen muss und grundsätzlich in der Trägerschaft des Kreises bleibe. Die Betreuung der unterzubringenden Personen könnten aber durch Dritte erfolgen. Um den Flüchtlingen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, sollen anerkannte Gemeinschaftsunterkünfte in Nähe von Schulen, Kitas, Ärzten, integrationsfördernden Maßnahmen und öffentlichen Verkehrsmitteln. Im Kreis Pinneberg gibt es allerdings kein sogenanntes Flüchtlingsheim. Aus gutem Grund wird hier die dezentrale Unterbringung angestrebt. „Wenn wir die Menschen mitten unter uns integrieren, werden sie auch akzeptiert“, sagt Hatje. Ein Flüchtlingsheim schüre hingegen Überfremdungsangst.

Einige Immobilienmakler haben sich die prekäre Lage der Städte und Gemeinden bereits zu nutze zu machen. So wurden in Elmshorn in einem Wohnblock in der Gerberstraße 22 Asylsuchende von anderen Gemeinden zu überzogenen Mieten einquartiert, wie Hatje bestätigt. Auch der Stadt Elmshorn wurde angeboten, für fast 24 Euro pro Kopf und Tag Wohnraum für Flüchtlinge anzumieten. Das wären mehr als 700 Euro im Monat pro Person und es ist davon auszugehen, dass sich mindestens drei Menschen die Wohnung teilen müssen. Die Stadt Elmshorn hat dieses zweifelhafte Angebot abgelehnt und das obwohl sie die Kosten für die Unterbringung ganz einfach hätte nach oben weiterreichen können. Land und Kreis müssten eine Mietobergrenze einführen, fordert Hatje.

Auf Landesebene wird „Die Unterbringungssituation von Asylsuchenden in Schleswig-Holstein“ am Freitag, 4. April, im Landeshaus Kiel diskutiert. Dann tagen der Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen des Landes Schleswig-Holstein, das Innenministerium, Flüchtlingsrat, Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände SH. Zudem hat die Landesregierung eine offensive für bezahlbaren Wohnraum gestartet.

Die Stadt Elmshorn bietet zudem in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein eine Grundlagenschulung für die zeitlich begrenzte Begleitung von Flüchtlingen an. Neben Informationen über die rechtliche und soziale Situation von Flüchtlingen in Schleswig-Holstein werden praktische Grundlagen vermittelt, wie Elmshorner Bürger vor Ort ehrenamtlich Flüchtlinge unterstützen können. Die kostenfreie Schulung findet am Mittwoch, 2. April, von 18 Uhr an im Elmshorner Rathaus statt. Anmeldung unter 04121/231470 oder koordinierungsstelle.integration@elmshorn.de