Als Dirigent Reinhard Petersen 2013 den Kulturpreis des Kreises Pinneberg erhielt, der sein Leben lang zwischen Wuppertal und Coburg unterwegs war, sorgte das nicht zum ersten Mal für Kritik an der Preisvergabe.
Kreis Pinneberg. Einen Sturm der Entrüstung löste es aus, als der Kreis Pinneberg im vorigen Jahr seinen Kulturpreis an einen Dirigenten verlieh, der zwar seit ein paar Jahren in Wedel lebt, aber im Kreis Pinneberg nie in Erscheinung trat. Da gebe es doch andere Kulturschaffende, die diese Auszeichnung eher verdient hätten, hagelte es Proteste und kritische Stimmen in Leserbriefen. Kerstin Seyfert, CDU, Vorsitzende des Kreis-Kulturausschusses, kündigte seinerzeit an, die Vergaberichtlinien müssten dringend überarbeitet werden.
Doch die ganze Diskussion scheint sich jetzt als „Sturm im Wasserglas“ zu entpuppen, findet jedenfalls Klaus G. Bremer, der als Vorsitzender der Preisjury wieder für dieses Amt kandidieren will. Er betont: „Es gibt keine Veranlassung, die Vergaberichtlinien zu verändern.“ Dem widerspricht Kerstin Seyfert. Sie will die Preisjury alle fünf Jahre neu besetzen und in die Vergaberichtlinien festschreiben lassen, dass die ausgelobten Preisträger „in ihrem künstlerischen Wirken einen regelmäßigen Bezug zum Kreis haben“ müssten.
Außerdem solle der jährlich mit 5000 Euro dotierte Kulturpreis künftig nach einem bekannten Künstler, Musiker, Bildhauer oder Schriftsteller des Kreises Pinneberg benannt werden. „Das ist ein großer Wunsch der Kulturschaffenden“, weiß Seyfert. Gerade erst hätten ihr dies viele Teilnehmer des Runden Tisches auf den Weg gegeben, zu dem sie jedes Jahr Künstler, Bürger und Politiker einlade.
Für Unverständnis sorge bei den anderen Fraktionen, dass Kerstin Seyfert kraft Amtes als Vorsitzende des Kulturausschusses selbst in die Preisjury wolle, wundert sich Bremer. Dabei entsende bereits jede Fraktion einen aus ihren Reihen in dieses Gremium, in dem aber die Künstler der verschiedenen Fachrichtungen Literatur/Darstellende Kunst, Musik und Bildende Kunst das Sagen behalten müssten.
„Die CDU ist mit Kreispräsident Burkhard E. Tiemann vertreten, der gibt wohl seinen Posten nicht frei“, sagt Bremer. Kommenden Donnerstag, 13. Februar, befasst sich der Kreiskulturausschuss mit dem Thema. Die Sitzung beginnt um 18.30 Uhr im Elmshorner Kreishaus.
Als Dirigent Reinhard Petersen 2013 den Kulturpreis erhielt, der sein Leben lang in den Orchestergräben zwischen Wuppertal und Coburg unterwegs war, sorgte das nicht zum ersten Mal für Kritik an der Preisvergabe. Auch bei der 2012 prämierten Malerin Birgit Bessler empörte sich die regionale Kulturszene, weil diese nur kurz ein Atelier im Kreis genutzt hatte und schon 2013 wieder fortzog. Auch Fotografin Pitt Sauerwein, die gegenwärtig im Elmshorner Torhaus und in der Pinneberger Drostei ausstellt, und die Jazzmusikerin Sandra Hempel, die 2011 ausgezeichnet wurden, verband abgesehen von familiären Wurzeln wenig mit dem Kreis Pinneberg.
Angesichts solcher Entscheidungen hinterfragen am Kulturleben interessierte Menschen die Zusammensetzung der Jury. Dass Freidemokrat Bremer und der Wedeler Pianist und Kreiskulturpreisträger von 1983, Gerhard Folkerts, der Jury ununterbrochen seit 30 Jahren angehören, halten sie für problematisch. Von Günstlingswirtschaft mag zwar offen niemand sprechen. Doch dieser Vorwurf schwingt mit, wenn sich die Kritiker äußern. „Ich würde mir wünschen, dass der Zeitraum für ein Richteramt klar begrenzt wird“, sagt Elke Ferro-Goldstein, Vorsitzende des Kreiskulturverbands. Sie schlägt wie nun auch die CDU vor, diese auf fünf Jahre wie die Dauer einer Legislaturperiode zu begrenzen. „Vielleicht kann man einmal wiedergewählt werden, aber nicht auf Lebenszeit.“ Außerdem wünsche sie sich mehr Transparenz bei der Auswahl der Juroren.
Winfried Richter, Leiter der Musikschule Pinneberg und selbst ehemaliges Jurymitglied, hält die gegenwärtige Praxis für falsch. „Zehn Jahre wären mir noch zu lang“, sagt er. „Man köchelt zu sehr im eigenen Saft.“ Er würde sich wünschen, dass der Fokus stärker auf die Förderung junger Talente gelegt werde statt ein Preisgeld von 5000 Euro an Künstler zu vergeben, die längst ausgesorgt hätten. „Man könnte den Preis auch häufiger splitten.“
Für die SPD geht die Diskussion am Kern vorbei. „Es kommt uns auf die Qualität und das künstlerische Wirken des Preisträgers an und nicht, wo er seinen Wohnsitz hat“, betont Fraktionschef Hannes Birke. Wichtig sollte auch sein, dass die Jugend an die Kunst herangeführt wird. Dies alles sollte aber im Konsens mit den Künstlern entschieden werden, ist Birkes Meinung.