Halstenbek reiht sich ein in die Gruppe der Städte und Gemeinden, die auf Knöllchenverteiler setzen. Die Verantwortlichen wollen dafür mit der Stadt Schenefeld kooperieren. Der ADAC befürchtet ein Minusgeschäft.
Kreis Pinneberg. In Elmshorn sind sie von der ganz schnellen Truppe. Wer in der Krückaustadt falsch parkt, hat die Quittung prompt an der Windschutzscheibe kleben. Doch nicht nur die größte Stadt im Kreis Pinneberg setzt konsequent auf Knöllchen als Mittel gegen Parksünder. In den vergangenen Jahren haben zunehmend Kommunen die Aufgabe vom Land und damit von der jeweiligen Polizeistation übernommen. Das plant jetzt auch die Gemeinde Halstenbek. Die schmiedet an einer Allianz mit den erfahrenen Nachbarn aus Schenefeld. Am Dienstagabend stellte eine politische Mehrheit im Halstenbeker Hauptausschuss dafür schon einmal die Weichen. Vom Sommer an könnten für Autofahrer in der Gemeinde andere Zeiten anbrechen.
In Schenefeld ist das bereits seit vier Jahren der Fall. Seitdem schickt die Stadt einen eigenen Knöllchenverteiler auf die Straße. Mit Erfolg. Allein 2013 nahm die Stadt rund 68.000 Euro durch die Strafzettel-Wirtschaft ein. Das entspricht 3570 Fällen. Zum Vergleich: Im Vorjahr wurden 3261 Verstöße gezählt, die 74.000 Euro einbrachten, im Rekordjahr 2011 waren es sogar 121.000 Euro. Rechnet man die Ausgaben dagegen, bleibt ein Plus. Wir hoch das ausfällt, kann Schenefelds Fachbereichsleiter Melf Kayser nicht genau beziffern. „Wir liegen damit im grünen Bereich. Aber das ist keine Gelddruckmaschine. Damit lässt sich der Haushalt nicht sanieren.“
Auch Halstenbeks Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann ist es wichtig zu betonen, dass es bei der geplanten Knöllchenallianz nicht vornehmlich ums Geld gehe. Obwohl in der Verwaltungsvorlage schon detailliert vorgerechnet wird, dass zehn Verwarngelder à 15 Euro bei 200 Arbeitstagen abzüglich der Verwaltungskosten etwa 18.000Euro einbringen.
„Es geht uns nicht darum, die Einnahmesituation der Gemeinde zu verbessern. Sondern wir wollen die derzeit sehr unbefriedigende Situation ändern, dass wir Verkehrsanordnungen erlassen, die keiner kontrolliert“, so die Bürgermeisterin. Denn die Polizei habe signalisiert, dass sie die regelmäßige Überwachung des ruhenden Verkehrs so nicht mehr leisten könne.
Gleichzeitig häuften sich etwa die Beschwerden von Geschäftsleuten am Krupunder Bahnhof, die mit den Bahnnutzern um die wenigen Parkplätze streiten. Die Stellflächen, auf denen nur zeitlich begrenzt geparkt werden darf, werden als Park&Ride-Parkplätze zweckentfremdet. Auch Großveranstaltungen in der Halstenbeker Meile oder die Parkplatzsituation im Ortskern ließen sich mit einem stadteigenen Kontrolleur in geregelte Bahnen lenken, hofft Hoß-Rickmann.
Die Schenefelder, die an den Einnahmen zu 40 Prozent beteiligt werden sollen und dafür Abwicklung und Sachbearbeitung komplett übernehmen, wünschen sich von dem neuen Knöllchenpakt Synergieeffekte. Kayser dazu: „Die Kooperation macht Sinn. Wir lasten unser Fachpersonal im Rathaus damit besser aus.“ Rellingen dagegen winkte ab, als Halstenbek auch dort nach Kooperationspartnern suchte.
In der Gemeinde, deren Haushaltssituation im Vergleich zu anderen Kommunen im Kreis Pinneberg glänzend ist, wird kein Bedarf für eine verstärkte Überwachung des ruhenden Verkehrs gesehen. „In Rellingen ist die Situation anders als in Schenefeld, wo es das Stadtzentrum gibt. Wir haben solche Problemzonen nicht“, sagt Bauamtschef Tom Rasmussen. Deshalb erteilte Rellingen auch vor Jahren Tornesch einen Korb, als die Stadt auf der Suche nach Kooperationspartnern war.
Der schleswig-holsteinische Landesverband des ADAC sieht die Halstenbeker Pläne kritisch. Wie ADAC-Sprecher Ulf Evert sagt, sei es zwar legitim, Falschparker zur Kasse zu bitten, wenn diese etwa Behindertenparkplätze belegten oder dauerhaft Parkplätze blockerten, die nur zeitlich begrenzt benutzt werden sollen.
Problematisch werde es aber, wenn die Verkehrsüberwachungen nicht klar als Verkehrssicherheitsmaßnahmen begründet und angeordnet würden. „Verkehrsüberwachung darf keinen fiskalischen Hintergrund haben“, sagt Evert. Daher sei es sinnvoll, die Verkehrssicherheitsaspekte auch in Satzungen detailliert zu begründen. Ansonsten entstehe schnell der Eindruck, dass es den Kommunen nur um ein kalkuliertes Geschäftemachen auf Kosten der Autofahrer gehe.
Die geplante Kooperation zwischen Halstenbek und Schenefeld bezeichnet Evert als „Mondrechnung“, denn das Konzept könne für die Gemeinde zum Verlustgeschäft werden. „Die Autofahrer haben es selbst in der Hand. Wenn sich alle an die Parkvorschriften halten, wird es zum Minusgeschäft für die Kommune“, so der ADAC-Sprecher.
Brisant wird es laut ADAC, wenn es Vorgaben zur Zahl der zu verteilenden Knöllchen gebe. Dies ist in der Vergangenheit in mehreren Kommunen in Deutschland geschehen, um so die städtischen Haushalte zu konsolidieren. Die hessische Stadt Dietzenbach sorgte beispielsweise 2011 mit einer dienstlichen Anordnung, dass täglich mindestens 40 Verwarnungen auszustellen seien, bundesweit für Schlagzeilen. Als die Interna publik wurden, sprach die Stadtverwaltung von einem Missverständnis.
Dennoch: Knöllchen können ein einträgliches Geschäft sein. Laut einer Studie des Verbraucherportals preisvergleich.de haben 116 große Städte in Deutschland mittels Buß- und Verwarngeldern im Jahr 2011 Einnahmen in Höhe von rund 450 Millionen Euro erzielt. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Einnahmen sei – trotz der Kosten für die Verwaltung – als Gewinn im Stadtsäckel hängengeblieben.