Bauarbeiten im Autobahndreieck Nordwest legen den Kreis Pinneberg lahm. Wenn 2014 der Ausbau der A 7 beginnt, könnte das Alltag werden. Am Mittwoch quälte sich der Verkehr auf Autobahnen und Bundesstraßen.
Kreis Pinneberg. Der Kreis Pinneberg war lahm gelegt. Die Autobahnen 7 und 23, die Bundesstraßen 4 und 431, die Hauptdurchgangsstraßen in Pinneberg, Rellingen und Halstenbek: Überall quälte sich der Verkehr am Vormittag im Schritttempo in Richtung Hamburg. Grund waren kurzfristig angesetzte Bauarbeiten auf der A7 und der A23 im Dreieck Nordwest. Bilder, die sich ab 2014 täglich wiederholen könnten. Dann startet der Ausbau der A7 auf acht Spuren (Hamburg) inklusive Teilüberdeckelung beziehungsweise sechs Fahrstreifen (Schleswig-Holstein). Maßnahmen gegen das daraus resultierende Verkehrschaos gibt es bislang keine.
„Den Zustand von Mittwoch sollten wir gut im Gedächtnis behalten, den werden wir dann öfter erleben“, sagt Andreas Köhler, der beim Kreis Pinneberg zuständige Fachbereichsleiter für Verkehrsfragen. Der Kreis, der zu diesem Thema eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, ist laut Köhler sehr aktiv. So wurden Gespräche mit allen Verkehrsträgern im öffentlichen Nahverkehr, mit den betroffenen Kommunen und Nachbarkreisen sowie mit dem Land geführt. Das Problem: „Wir selbst haben es leider nicht in der Hand, die Planungshoheit liegt beim Land“, so Köhler weiter.
Im Kieler Verkehrsministerium verweist ein Sprecher auf Anfrage auf die Vorgaben, an die eine Auftragsvergabe verknüpft ist. So muss die Baufirma sicherstellen, dass auf der A7 während der Bauphase immer zwei Spuren je Richtung zur Verfügung stehen, dass die Auf- und Abfahrten weder verkürzt noch gesperrt und dass genügend Hinweistafeln aufgestellt werden.
Köhler reicht das nicht. Er fordert für die langjährige Bauphase auch Verbesserungen für die A23 ein – zum Beispiel die Mitnutzung der Standspuren. „Es soll dazu Ideen und Konzepte geben. Nur kennen tun wir sie nicht.“ Für den Fachbereichsleiter ist klar: Das Verkehrschaos am Hamburger Stadtrand kann nur vermieden werden, wenn der überörtliche Verkehr weiträumig abgeleitet wird. Außerdem müsse es gelingen, möglichst viele der 40.000 Pendler, die täglich aus dem Kreis gen Hamburg und zurück fahren, zum Umsteigen auf die Bahn zu bewegen. Köhler: „Wir müssen noch mit den Gemeinden sprechen, um die Zahl der Parkplätze rund um die Bahnhöfe zu erweitern.“ Er begrüßt, dass ab Dezember 2014 die Zahl der schnellen Verbindungen nach und von Hamburg ausgeweitet wird. So fahren etwa die Regionalbahnen im Halbstundentakt.
Auch Bönningstedts Bürgermeister Peter Liske setzt auf die Schiene. „Was Mittwoch passiert ist, war für die Autofahrer nicht planbar.“ Der A-7-Ausbau dagegen werde rechtzeitig angekündigt, seine Folgen würden die Autofahrer schnell zu spüren bekommen. Liske: „Wenn die wissen, dass es auf und rund um die Autobahnen täglich zum Chaos kommt, werden die vielleicht auf die Bahn umsteigen.“
Isabel Bressous war am Mittwoch „live drin“ im morgendlichen Stau zwischen Pinneberg und Bönningstedt. Normalerweise braucht sie 15 Minuten, gestern fuhr sie eine Stunde. Aber das sei „höhere Gewalt“, da müsse man eben durch. „Ich finde den geplanten Autobahndeckel für die A 7 nicht sinnvoll und bin nicht erfreut darüber, dass ich als Anwohnerin bald noch mehr Staus in Kauf nehmen muss“, sagte Bressous.
Marcel Wagner aus Pinneberg wollte von seiner Freundin, die in Ellerbek wohnt, nach Pinneberg fahren. Als er sah, dass die Autobahneinfahrten verstopft waren, kehrte er wieder um. „Viele sind zu spät zur Arbeit gekommen“, sagte Wagner, „da hatte ich Glück, gerade ein paar Tage frei zu haben.“
Birte Richter, Apothekerin in der Apotheke Rugenbergen in Bönningstedt, fährt normalerweise die 3,5 Kilometer von Hasloh nach Bönningstedt mit dem Rad. Am Mittwochmorgen nahm sie ausnahmsweise das Auto. „Morgens ist es am schlimmsten“, sagte sie. Sie brauchte für den Weg über die Bundesstraße 4 eine halbe Stunde. Außerdem habe sie aufgrund des Staus auf der B 4 Probleme gehabt, ihre Kinder zum Kindergarten zu bringen. „Es bringt mir auch nichts, auf die AKN auszuweichen“, sagte Richter. „Bis ich am Bahnhof bin, ist schon mehr Zeit vergangen, als ich eigentlich für den gesamten Weg brauche. Und dann nur eine Station mit der Bahn zu fahren, macht keinen Sinn.“
Andere fuhren Schleichwege. Als Hannelore Benz, Aushilfe in der Apotheke, morgens aus dem Fenster auf die B 4 schaute, war für sie klar, dass sie einen anderen Weg von Hasloh zur Arbeit in Bönningstedt fahren würde. Über einen Schleichweg, der am Bönningstedter Friedhof vorbei führt, brauchte sie zehn Minuten mit dem Auto. Ihr Sohn habe die Strecke über die B 4 genommen und auf halber Strecke aufgegeben. „Die Kieler Straße ist schon hoffnungslos mit dem täglichen Strom an Autos überfordert“, sagte Benz.
Bisher ist geplant, die Teilsperrung von A7 und A23 bis Dienstag, 3. Dezember, 16 Uhr, aufrechtzuerhalten. Bis dahin wird die AKN auf der Linie A1 längere Züge einsetzen. Bis zunächst Freitag verlängert die S-Bahn Hamburg die Linie S21 bis Pinneberg, sodass ab dort ein Fünf-Minuten-Takt entsteht. Zudem werden die Regionalexpresszüge zwischen Kiel und Hamburg bis einschließlich Freitag von sechs auf sieben Doppelstockwagen verstärkt.