Ein Jahr hat die Suche nach einem neuen Streetworker gedauert. Mit Erfolg: Kunstpädagogin Alica Levenhagen kennt die Straßen der Stadt gut. Denn sie ist in Schenefeld aufgewachsen. Jetzt hat sie viele Ideen für ihre neue Arbeit.
Schenefeld. Es gibt Tage wie diese, da sind Schenefelds Straßen wie leergefegt. Da müssen Alica Levenhagen und ihr Kollege Jörg Wilke bei ihrem Gang durchs Revier viel Geduld haben, bis sie auf ihr Zielpublikum, die Jugendlichen der Stadt, treffen. Etwa zweimal die Woche brechen die beiden, die erst seit kurzem das neue Streetworker-Duo bilden, zu ihrer Tour auf.
Ausgangspunkt ist dabei meistens das Jugend- und Kommunikationszentrum Schenefeld (JUKS) am Osterbrooksweg. Von hier aus geht es in Richtung Rathausvorplatz. Die Bänke und die Eingangsrampe dort ziehen die Jugendlichen der Stadt magisch an. Hier lässt es sich ideal abhängen – wenn das Wetter stimmt.
An diesem späten Nachmittag stimmt es nicht. „Es ist zu kalt und zu regnerisch und auch noch etwas früh“, sagt Levenhagen und kuschelt sich tiefer in ihren dicken Anorak. Streetworker müssen eindeutig wetterfest sein – und kommunikativ. Denn treffen die zwei auf eine Gruppe Jugendlicher, gilt es, einen Draht zu den Jungen und Mädchen zu bekommen. Was bedrückt sie? Wie können die Pädagogen aus dem JUKS ihnen zur Seite stehen, zum Beispiel mit ihren guten Kontakten oder mit ihrer Erfahrung beim Schreiben von Bewerbungen? Mit welchen Angeboten lassen sich die Jugendlichen von der Straße am besten ins JUKS locken?
Jörg Wilke kann sich dabei auf seine Kontakte in der Stadt verlassen. Er ist hier zur Schule gegangenen, kennt etliche Lehrer und durch die langjährige Arbeit im JUKS sind ihm viele Schenefelder ein Begriff. So kommt er leicht ins Gespräch.
Während für Wilke nur der Außendienst neu ist, muss sich Levenhagen noch an den Job an sich gewöhnen. Die 24-Jährige ist frisch im JUKS-Team, hat aber bereits dank Facebook einen guten Kontakt zu einigen Jugendlichen. Die Kunstpädagogikstudentin stieß durch eine Anzeige im Abendblatt auf die Stelle als Streetworkerin, die die Stadt seit 2010 mit etwa 60.000 Euro pro Jahr bezuschusst. Es war bereits die zweite Ausschreibungsrunde. Denn die einjährige Suche nach einem geeigneten Nachfolger für Schenefelds ersten Streetworker Tansel Kilic, der aus persönlichen Gründen gekündigt hatte, gestaltete sich schwierig. Insgesamt bewarben sich nur 20 Interessenten. „Der Markt gibt derzeit nicht viel her“, sagt Wilke.
Auch Levenhagen suchte noch gar nicht nach einem Job. Sie wollte erst ihren Master-Abschluss machen. Doch die Stelle im JUKS, in der Stadt in der sie selbst groß geworden ist, war zu verlockend. „Ich wollte immer für ein Kulturzentrum arbeiten“, sagt Levenhagen. Sie schrieb eine Bewerbung, ihre einzige. An ihrem Master arbeitet sie jetzt berufsbegleitend.
Während es vom Stadtzentrum in Richtung Schule Achter de Weiden und zum dortigen Bolzplatz geht, erzählt die Streetworkerin von den vielen Ideen in ihrem Kopf. So würde sie gern ein Graffiti-Projekt am JUKS umsetzen. Im Februar will sie mit Schülern die pädagogische Insel der Gemeinschaftsschule Achter de Weiden verschönern und auch die Teeküche im JUKS soll noch mehr den Bedürfnissen der Jugendlichen entsprechen. Im Sommer will das Duo zudem ein Spielemobil einrichten. Die Idee: Den Bus des Jugendzentrums mit Bällen, Spielen und einen Gettoblaster füllen und ab damit zum beliebten, etwas abgelegenen Gummiplatz am Schulzentrum fahren. Ein Fußball, ein bisschen Musik – es braucht nicht viel, um Langeweile und dummen Ideen vorzubeugen. „Die Erlaubnis der Stadt, aufs Schulgelände zu fahren, haben wir schon“, sagt Wilke. „Die Bürgermeisterin war begeistert.“
Aufsuchend und vorbeugend arbeiten die beiden Streetworker, die ihr Revier für unproblematisch halten. „Schenefeld ist kein Brennpunkt“, so Wilke. „Es geht darum, ein Vertrauensverhältnis zu den Jugendlichen aufzubauen. Wir sind nicht der verlängerte Arm der Polizei.“ Was sich aus dem ersten Kontakt auf der Straße entwickelt – zum Beispiel gemeinsames Pizzabacken oder ein Kinobesuch –, hängt von den Jugendlichen ab. „Wir versuchen, zusammen Projekte zu entwickeln. Wenn sie dadurch regelmäßig den Weg ins JUKS finden, wäre das ideal“, sagt Levenhagen auf dem Weg vom Gummiplatz zurück zum Stadtzentrum.
Dann tauchen auch ein paar Jugendliche auf. Man kennt sich schon, grüßt sich. Während Levenhagen mit den Mädels einen Ausflug abklärt, schnackt Wilke mit zwei Jungen ein paar Schritte weiter über Familie und Sport. Nach einer Stunde verlassen die Streetworker ihr Straßenrevier wieder. Bis zum nächsten Mal.