Die Kreisstadt startet Aufsuchende Jugendarbeit mit gefährdeten Jugendlichen. Ziel ist die Vermeidung von Straftaten.
Bad Oldesloe . "Es geht um die Klärung der Szene und um Klärung von Möglichkeiten, mit denen verhindert werden kann, dass auffällige Jugendliche straffällig werden." Mit diesen Worten fasst Thomas Günther die Aufgabe zusammen, der sich Oliver Reher zumindest bis Ende Februar kommenden Jahres an zwei Tagen pro Woche in Bad Oldesloe stellt. Günther spricht dabei im Namen des Geldgebers. Denn er ist nicht nur hauptberuflich in der Jugendgerichtshilfe tätig, sondern auch zweiter Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins "Gefährdeten und Straffälligenhilfe Stormarn e.V.", die Reihers Gehalt für 15 Stunden Arbeit pro Woche bezahlt.
Oliver Reher ist die Szene in Stormarn sehr gut vertraut. Der 32-Jährige war in der Jugendarbeit in Tangstedt tätig sowie beim "Verein Ferienfreizeiten Stormarn". Drei Tage die Woche arbeitet er mit Jugendlichen auf dem Bauspielplatz Roter Hahn in Lübeck. Überdies kommt Reher aus Oldesloe, wo er nun vor allem montags und dienstags unterwegs ist.
Bürgermeister Tassilo von Bare möchte nicht davon reden, dass Bad Oldesloe ein besonderes Problem mit Jugendkriminalität hat. "Belästigungen und Sachbeschädigungen kommen hier genauso vor wie auf dem Dorf", sagt er. Das hänge meist davon ab, wo sich wer gerade mit wem treffe. "Wir wollen präventiv tätig werden, damit die Jugendlichen nicht straffällig werden." Eine Gefährdungslage sei bei Jugendlichen immer, sei auch nicht schichtspezifisch, ergänzt Günther. Eine Konzentration auf Heranwachsende mit Migrationshintergrund gebe es nicht, sagt Reher. Und auch das Thema Rechtsradikalismus spiele in Bad Oldesloe keine Rolle.
Reher ist gewissermaßen eine Art Streetworker für Jugendliche. "Ich suche die Jugendlichen auf. Aber nicht, um sie zu vertreiben, sondern um mit ihnen ins Gespräch zu kommen", sagt Reher. Dazu muss er aber erst einmal wissen, wo sie sich herumtreiben.
Ein Ort, den er bestimmt aufsuchen werde, sei der Jugendtreff an der Loge. Brisantere Brennpunkte für seine "aufsuchende Jugendarbeit", wie seine Tätigkeit im Amtsdeutsch heißt, will er nicht nennen, um seine Arbeit nicht zu gefährden. Einige Orte müsse er auch erst ausfindig machen. Helfen wird ihm dabei Beatrice Schmidt. Sie betreut bereits straffällig gewordene Jugendliche in Bad Oldesloe, kennt die Szene genauer. Zur Seite steht Reher zudem Karin Heinzen, die den Sachbereich Kinder und Jugend bei der Stadtverwaltung leitet. Sie ist vornehmlich für die Verwaltungsarbeiten verantwortlich.
Rehers Tätigkeit soll nach den Worten Günthers auch verhindern, dass sich die gefährdeten Heranwachsenden nur übers Trinken und Kiffen definieren. "Die wollen sich auch nicht in Vereine oder andere verbindliche Institutionen integrieren", nennt Günther eine weitere Herausforderung für den Streetworker.
"Ich suche die Jugendlichen regelmäßig auf, frage sie, ob die Schule heute ausgefallen ist, wie es geht und Ähnliches", beschreibt Oliver Reher sein Vorgehen. Zuweilen besorge er auch einen Fußball, um mit ihnen ein bisschen zu kicken. Und dann schlägt er vor, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu verabreden. "Dabei richte ich mich ganz nach den Jugendlichen." Oft könnten diese ihre Zeit nicht strukturieren, weiß Günther. Um die kriminelle Gefährdung zu mindern, strebe er daher an, feste Treffpunkte mit ihnen zu vereinbaren. "Ziel ist es letztendlich, ihnen eine Perspektive zu geben und sich legal zu verhalten", sagt Karin Heinzen. Das bedeute auch, dass die jungen Menschen möglichst einen Schulabschluss erlangen und eine Arbeit aufnehmen können.
"Stellt sich heraus, dass die Jugendlichen besonderes Interesse an einem bestimmten Gebiet haben, können sie auch Projekten zugeführt werden, die sich mit diesen Themen befassen." Dies könnten etwa Computer- oder Handwerkskurse sein. Er wisse nicht, ob die jetzt veranschlagten 15 Stunden pro Woche ausreichten, um die Aufgabe zu bewältigen. "Das ist auch ein Test, um zu sehen, wie sich das Aufgabenfeld gestaltet." Im Herbst ist es nach Worten Rehers Zeit für eine erste Bilanz.