Einfach vorbildlich: Als erste Gemeinde in Schleswig-Holstein ist Hetlingen als Kommune der Weltdekade für Bildung mit nachhaltiger Entwicklung ausgezeichnet. Im Dorf engagieren sich viele für den Nachwuchs.
Hetlingen. Mit einem offenen Wasserhahn in der Hetlinger Kita fing es an. „Wir haben geredet und geredet, doch es hat sich nichts geändert. Da haben wir uns überlegt, dass wir unser Verhalten verändern müssen“, erinnert sich Tracey Schulz-Ritter vom DRK-Kindergarten im Dorf. „Wir haben uns dann mit dem Thema Wasser intensiv befasst. Danach haben die Kinder untereinander darauf geachtet, dass der Hahn zugedreht wird.“ Genau das ist Kern der Idee „Bildung mit nachhaltiger Entwicklung“ und auch das Motto der aktuellen UN-Dekade.
Da sich die Hetlinger Kita-Erzieher auf dem Erfolg nicht ausruhten und weitere zahlreiche Vereine und Verbände im Ort am Deich sich dafür stark machten, dass der Nachwuchs früh mit Themen wie Klimawandel und Umweltschutz in Berührung kommt, verlieh die deutsche Unesco-Kommission der 1300-Seelen-Gemeinde jetzt eine Auszeichnung. Ab sofort darf sich Hetlingen als Gemeinde der Weltdekade bezeichnen. Ein Titel, den keine andere Gemeinde im nördlichsten Bundesland von der Unesco verliehen bekam, und die deutschlandweit bislang nie an einen solch kleinen Ort vergeben wurde.
Umso stolzer ist Bürgermeisterin Barbara Ostmeier, die mit einer Delegation kürzlich zur feierlichen Ernennung nach Frankfurt am Main reiste. „So ein Ereignis hat man nicht alle Tage. Es ist schön, als kleine Gemeinde einmal für größere Städte Vorbild sein zu dürfen“, so Ostmeier. Warum die Wahl auf Hetlingen fiel? „Das Engagement der kleinen Gemeinde Hetlingen und die vielfältigen Initiativen im Bereich der ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung‘ haben die Jury sehr beeindruckt, und es war keine Frage, dass die Gemeinde Hetlingen diese Auszeichnung erhält“, lobt Professor Gerhard de Haan als Vorsitzender des Nationalkomitees der UN-Dekade in seiner Begründung.
Tatsächlich erstreckt sich die Liste, auf der die Gemeinde die in diesem Bereich engagierten Vereine und Verbände für die Bewerbung aufzählt, über mehrere Seiten. Unter anderem stellt die Gemeinde Dächer für Solaranlagen zur Verfügung. Der Stromerzeuger auf dem Kita-Dach ist zum Beispiel eigens mit einer Anzeigetafel gekoppelt, die den Kindern zeigt, wie viel Strom die Sonne gerade erzeugt und wie viel Energie beispielsweise der Backofen davon frisst. In der Grundschule Haseldorfer Marsch bieten Arbeitsgruppen den Schülern und Eltern an, zu erlernen, wie sie mit heimischen Produkten kochen und sich dabei gesund ernähren. Unter dem Motto „Natur auf der Spur“ widmeten sich die Schüler zudem dem Bau von Insektenhotels, legten Beete an und belebten den Schulwald. Sowohl der örtliche Nabu als auch die Mitglieder des Plattdeutschen Krinks unterstützten den Unterricht mit Lesungen und Umweltaktionen. So zeigte auch Imker Stephan Behrens den Kindern am praktischem Beispiel, wie wichtig Bienen für die Natur sind.
„Es geht bei Bildung für nachhaltige Entwicklung nicht nur um den Umweltgedanken, sondern auch um die Pflege von Traditionen, das Zusammenspiel von Landwirtschaft und Natur sowie den demografischen Wandel“, so Ostmeier. Für sie sei es wichtig, dass die Kinder früh das Rüstzeug bekämen, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Weil das in Hetlingen ausgesprochen gut gelingt, gab es die Auszeichnung, die das Dorf bereits sichtbar prägt. Vor der Feuerwache an der Hauptstraße weht die Fahne, die Hetlingen als UN-Dekaden-Gemeinde erhielt. Außer der Ehre gab es auch einen Stempel, der auf die offiziellen Schreiben kommt, sowie eine Messingtafel, für die noch ein Platz gesucht wird. Geld ist mit der Auszeichnung nicht verbunden. Trotzdem schätzt Ostmeier den Wert des Unesco-Titels hoch ein. Die Gemeinde werde zu Workshops eingeladen und erfahre so von Fördermöglichkeiten. „Das öffnet den Blick.“
Ideen, wie Hetlingen den Erfolg weiterführen kann, gibt es bereits zahlreiche. Unter anderem möchte Bürgermeisterin Ostmeier die Einzelaktionen stärker verbinden und als Gemeinde ein Konzept erarbeiten, das unter einem Motto oder Leitsatz stehen könnte. Zudem sollen die guten Ansätze aus dem Kindergarten in den älteren Jahrgängen aufgegriffen und fortgeführt werden. „Wir sind im Gespräch mit der Grundschule, inwieweit man sich vorstellen könnte, an der schleswig-holsteinischen Initiative Zukunftsschule mitzuwirken“, so Ostmeier.
Außerdem könnten Kinder und Jugendliche den geplanten Spielplatz im Neubaugebiet Achter de Kark während eines Ferienprojekts selbst gestalten. Ostmeier: „Das ist wie ein Schneeball, den man ins Rollen bringt und dem sich immer mehr anschließen. Hetlingen trägt dazu bei, die Idee weiterzutragen. Wir werden nicht die einzige UN-Dekaden-Gemeinde in Schleswig-Holstein bleiben.“