Landwirt Rainer Bonnhoff aus Klein Offenseth-Sparrieshoop setzt auf alternative Energiepflanzen wie Wickroggen und Durchwachsene Silphie. Anbau alternativer Früchte hat viele Vorteile.
Klein Offenseth-Sparrieshoop. Das selbstfahrende Mähgerät kreist erstaunlich schnell übers Feld in Klein Offenseth-Sparrieshoop. 500 PS dröhnen vorbei. Wo der Wickroggen gerade noch hüfthoch stand, liegen Sekunden später grüne Halme am Boden. Nach dem Antrocknen wird das Getreide gehäckselt und einsiliert, bevor es in der Biogasanlage von Rainer Bonnhoff verschwindet.
Bonnhoffs Biogasanlage ist eine von insgesamt 620 in Schleswig-Holstein. Im Kreis Pinneberg war er 2006 ein Vorreiter. Mittlerweile satteln immer mehr Landwirte um und füttern statt Kühe Biogasanlagen. In ganz Deutschland erzeugten im vergangenen Jahr 7515 Biogasanlagen rund 23 Milliarden Kilowatt nachhaltigen Strom. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor waren es gerade mal 1600 Anlagen landesweit. Überall wuchs plötzlich Energiemais. Die Branche geriet in die Kritik.
Um den Biomasseanbau nachhaltiger zu gestalten, hat der Fachverband Biogas im April 2010 das Projekt „Farbe ins Feld“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Betreiber von Biogasanlagen zu motivieren, deutschlandweit ökologisch sinnvolle Blühstreifen an und in Energiepflanzenfeldern anzulegen. Zudem sollen der Anbau von alternativen Energiepflanzen sowie der ökologische Anbau vorangetrieben werden.
Bonnhoff setzt bereits auf Alternativen wie Erbsen, Getreide, Gras und Zuckerrüben. Deren Ertragspotenzial liegt allerdings bei 80 Prozent vom Mais. Das bedeutet, Bonnhoff braucht mehr Anbaufläche. Derzeit bewirtschaftet er 450 Hektar.
„Der Anbau von alternativen Früchten hat viele Vorteile“, sagt Bonnhoff. Die Erntesaison werde entzerrt, das Landwirtschaftsbild vielfältiger, die Biodiversität gefördert. „Und für den Boden ist es auch vorteilhaft, weil jede Pflanze unterschiedliche Nährstoffe aufnimmt.“ Der Schwerpunkt liegt mit 70 Prozent aber noch auf dem Maisanbau. Dafür gibt es Gründe: Energiemais ist wegen seines hohen Ertragspotenzials, der guten Technisierbarkeit von Anbau und Ernte und guter Vergärbarkeit anderen Früchten überlegen. Auch die faserreichen Stoffe der alternativen Energiepflanzen stellen die Technik vor Herausforderungen. Viele Biogasanlagen müssen umgerüstet werden.
Die Palette der Energie- und Rohstoffpflanzen ist groß
Für Bonnhoff kein Grund, nicht auf Vielfalt zu setzen. Schließlich ist die Palette der Energie- und Rohstoffpflanzen groß. Hirse, Rumex, Steinklee oder Switchgras sind nur einige. „Seit drei Jahren bauen wir auf einem Hektar die Durchwachsene Silphie an“, sagt der 53-Jährige. Die genügsame Pflanze, die mit wenig Wasser auskommt und längere Kältephasen übersteht, ist noch weitgehend unbekannt. In der DDR wurde sie als ertragreiche Futterpflanze genutzt, geriet aber wieder in Vergessenheit. Die Kosten im ersten Pflanzjahr sind relativ hoch. Da sich die Saat nur schwer gegen Unkraut behaupten kann, müssen vorkultivierte Jungpflanzen gesetzt werden. Geerntet wird ab dem zweiten Jahr. Wächst die Pionierfrucht erst einmal, steht sie bis zu zehn Jahre. Weil sie ganzjährig den Boden bedeckt, ist dieser vor Erosion geschützt. Zudem blüht die Durchwachsene Silphie im Sommer gelb und bietet Insekten Nahrung.
Ein paar Kilometer von Bonnhoffs Hof an der Austraße entfernt, werden Zuckerrüben auf der Lademaus vorgereinigt und auf Lkw verladen. 40 Lkw-Ladungen erwartet Bonnhoff, rund 1000 Tonnen. Die werden von anderen Landwirten zugeliefert. „Ein Rübenpartner baut insgesamt 15 Hektar an“, sagt der Landwirt. Ein Teil geht an die Zuckerfabrik, der andere findet den Weg in Bonnhoffs Biogasanlage. „Die Rüben ergänzen Gräser wunderbar“, sagt Bonnhoff. Der Substratmix ist für die Biogasanlage ideal. Vorher müssen sie allerdings noch einmal gründlich gereinigt werden. Steine und Sand sind für die Förderaggregate Gift.
Auf einem anderen Feld fährt der Feldhäcksler im Schritttempo neben dem Schlepper, damit das Nachbaugras ohne Verluste im Hänger landet. Sie schaffen es, die Ladung noch vor dem Regen zu Bonnhoffs Hof zu bringen. Ein Mitarbeiter reinigt anschließend die Straße mit einer Kehrmaschine. In einer Versammlung hatte Bonnhoff, der auch zweiter Bürgermeister in Klein Offenseth-Sparrieshoop ist, die Bewohner rechtzeitig von der anstehenden Ernte informiert. „Wir sind nicht nachts gefahren, um die Anwohner nicht zusätzlich zum Maschinenlärm zu belästigen“, sagt Bonnhoff. Die Ernte lief reibungslos. Allerdings blieb der Ertrag 30 Prozent unter dem Durchschnitt. „Das Frühjahr begann gut, aber durch den Platzregen konnten die Pflanzen nur flach wurzeln“, sagt Bonnhoff. Der trockene Sommer machte dann dem Mais noch zu schaffen.
2006 nahm Bonnhoff erste Biogasanlage in Betrieb
Bonnhoff und seine Frau Ute hatten 2006 die erste Biogasanlage im Kreis Pinneberg in Betrieb genommen. „Aus gesundheitlichen Gründen konnte ich den Milchbetrieb nicht weiter führen“, sagt Bonnhoff, der fünf Angestellte und eine Aushilfe beschäftigt. 50.000 Kilowatt am Tag produziert die Anlage – Strom für 8000 Haushalte. „Genauso viele versorgen wir auch mit Wärme“, sagt er.
Hauptabnehmer dafür ist der Rosenzuchtbetrieb Kordes. Aber auch die öffentliche Gebäude der Gemeinde werden so geheizt. Der Strom wird in das Netz von E.on eingespeist. Dafür werden jeden Tag 100 Tonnen nachwachsende Rohstoffe benötigt.
Zweimal am Tag wird die Biogasanlage gefüttert. Im luftdicht verschlossenen Behälter, dem Fermenter, setzen Bakterien Gärprozesse in Gang, so dass Biogas entsteht. Im Blockheizkraftwerk wird dieses in Strom und Wärme umgewandelt. Eine zweite Stufe der Vergärung wird in einem weiteren Fermenter nachgeschaltet, um aus den Gärresten noch mehr Biogas zu gewinnen. Was dann noch übrig bleibt, landet als hochwertiger Dünger auf den Feldern. Der Kreislauf schließt sich.