Zurzeit fahren die Traktoren wieder Mais zu den Biogasanlagen im Kreis Segeberg. Abendblatt-Mitarbeiter Helge Buttkereit hat eine Fuhre vom Feld in Henstedt zur Anlage in Götzberg begleitet.

Henstedt-Ulzburg. Der Mais auf dem Acker im Henstedter Ortsteil Wohld steht hoch. Sehr hoch. So hoch, dass Markus Mohr den Maishäcksler zunächst nicht erblicken kann. Mohr sitzt auf seinem roten Steyr-Schlepper mit knapp 200 PS und fragt einmal per Funk beim Fahrer des Häckslers nach: „Wo bist Du?“ Eine Antwort gibt es zunächst nicht. Denn bei der Maisernte für die Götzberger Biogasanlage gibt es viel zu tun – für alle Beteiligten. Für Mohr auf dem Schlepper mit Silagewagen, der den Vorgänger beim Häcksler abwechseln muss, damit dieser ohne Stillstand das neun Hektar große Feld abernten kann. Für die Mitarbeiter auf der Anlage, zu der quasi im Akkord Ladungen mit Mais angeliefert werden. Und natürlich insbesondere für den Fahrer auf dem Häcksler, der zehn Reihen Mais auf aufnehmen, zerkleinern und in den nebenher fahrenden Wagen befördern kann.

Höchste Konzentration ist dabei gefragt, denn Häcksler und Schlepper fahren im Schrittempo nebeneinander, damit der Mais ohne Verluste im Hänger landet. Etwa drei Hektar werden so pro Stunde abgeerntet. Markus Mohrs Hänger ist nach wenigen Minuten geladen und die folgenden Fahrer mit ihren Traktoren stehen schon in den Startlöchern. Die Ernte funktioniert, auch weil bestes Wetter ist und der Boden deswegen fest. Bei schlechtem Wetter fährt sich schon einmal fest. Markus Mohr passiert das heute nicht. Allerdings ist die Rückkehr auf den kleinen Wirtschaftsweg am Acker nicht so einfach. Die Ausfahrt ist eng, außerdem gibt es in der Kurve auch noch Leitplanken. Das lange und breite Gespann kommt nur mit Mühe im Schrittempo durch. „Die Wege sind noch wie früher, die Maschinen werden aber immer größer“, sagt Mohr.

Mit den Wegen in Henstedt-Ulzburg kennt er sich als Gemeindearbeiter aus. Für die Erntehilfe für seinen Onkel Johann Georg Mohr aus Wakendorf II, der einer der Betreiber der Biogasanlage ist, hat er sich extra Urlaub genommen. Mohr hat Landmaschinentechniker gelernt, die Arbeit auf dem Traktor macht im Spaß. Und er weiß um die Gefahren. „Ich will lieber ein paar Minuten später ankommen“, sagt er. Mohr fährt das schwere und lange Gespann vorsichtig durch die Wirtschaftswege und die Henstedter Dorfstraßen in Richtung Götzberg. Wenn jemand entgegen kommt, weicht er aus. Ist es ein anderes Gespann, gibt es klare Regeln. „Der leere Wagen weicht aus“, erklärt Mohr. Denn wenn der Hänger voll mit Mais beladen ist, könnte er in Schräglage leichter umfallen.

Wenn ein Autofahrer ausweichen muss oder ein Radfahrer vom Fahrrad steigt, bedankt sich Mohr. Das gehört für ihn dazu. Die Ernte mit den großen Traktoren des Henstedter Lohnunternehmens Studt hat ohnehin nicht nur Freunde. In Götzberg steht ein Anwohner im Vorgarten und macht ein Bild vom voll beladenen Traktor. Anlagenbetreiber Johann Georg Mohr kennt ihn als einen Gegner der Biogasanlage am Sandberg zwischen Götzberg und Wakendorf II. Er hat die Kritik, dass für die Anlagen immer mehr Mais angebaut wird, schon oft gehört.

Als sein Neffe Markus Mohr seine Ladung Mais abliefert, steht er wie zum Beweis, dass diese Kritik zu kurz gegriffen ist, neben der Maisplatte und schippt Rüben auf ein Ladeband. Denn in Henstedt-Ulzburg wird nicht mehr nur mit Mais Strom erzeugt. Rüben, sogenannte Ganzpflanzen-Silage aus grün geerntetem Getreide (GPS) und Gras ergänzen den Mix für die Strom- und Wärmeerzeugung. „Das müssen wir machen, schon wegen der Fruchtfolge“, sagt Mohr. Außerdem bringe die Rübe mindestens so viel Ertrag pro Hektar wie der Mais.

In diesem Jahr werden 150 Hektar Mais, 100 Hektar Grassilage und 40 Hektar GPS neben der Anlage gelagert und mit den Rüben aus 15 Hektar vermischt. Im kommenden Jahr sollen es 50 Hektar Rüben sein. Die Biogasanlage komme damit klar, erläutert Mohr. Die Rohstoffe würden vor dem Vergärungsprozess, in dem das Gas zur Stromerzeugung gewonnen wird, verkleinert. Zwar gibt es mit der Technik immer mal wieder kleinere Probleme, aber ihn treibt vor allem die Erweiterung seiner Anlage um, erzählt er später im Steuerungsraum der Biogasanlage. Draußen kommen immer wieder neue Ladungen Mais auf der Waage an, die Fahrer notieren die Werte, damit später abgerechnet werden kann. Johann Georg Mohr erzählt unterdessen drinnen, was in Zukunft passieren soll: „Wir wollen die Anlage optimaler fahren.“ Schon jetzt werde die Biogasanlage, die 500 kW Leistung liefert, in Stoßzeiten anderer erneuerbarer Energieträger wie Sonne und Wind durch die Betreiber der Stromnetze gedrosselt. Mit 275 kW Leistung kann dann immer noch genug Energie erzeugt werden, um insbesondere die benachbarte Gärtnerei mit Wärme zu versorgen – in Götzberg wird nicht nur der Strom, sondern auch die Wärme laut Mohr optimal genutzt. Die Drosselung auf 275 kW könnte in Zukunft auch von den Betreibern selbst betrieben werden, wenn die Anlage dafür zu anderen Zeiten mit einem größeren Motor bis zu 837 kW erzeugen könnte. Das ist die Idee hinter der Erweiterung.

Nachdem die Kommunalpolitiker 2010 schon einmal „Nein“ gesagt haben, beraten sie nun erneut. „Vielleicht schaffen wir das“, meint Mohr. Im September hat eine Vertreterin der Landwirtschaftskammer vor dem Umwelt- und Planungsausschuss der Gemeinde über die Erweiterung der Anlage gesprochen. Demnächst wird noch der Nabu Ortsverband Kisdorfer Wohld gehört. Die Mitglieder fürchten noch mehr Maisanbau. Dem widerspricht der Betreiber: „Wir wollen nicht mehr Mais anbauen. Die Preise sind auch zu hoch.“ Das gelte auch für die Ackerflächen. Da Mohr schon jetzt auf Alternativen setzt, hofft er auf die Zustimmung der Gemeinde. Bis dahin hat er zumindest zu Zeiten der Ernte viel zu tun.