Der Xfel-Röntgenlaser ist noch im Aufbau, trotzdem entwickelt das Forschungsprojekt eine große Anziehungskraft. Zwei Konsortien wollen mit Projekten in Schenefeld andocken. Investitionsvolumen: 65 Millionen Euro.
Schenefeld. Die Politiker beten es seit Jahren mühlenartig herunter. Schenefelds Bürgermeisterin Christiane Küchenhof pocht darauf, und auch die Vertreter des Forschungsprojekts XFEL betonen es in Dauerschleife: Der derzeit im Bau befindliche Röntgenlaser zwischen Hamburg-Bahrenfeld und Schenefeld wird Forscher magisch anziehen, weitere Unternehmen und Institute anlocken. Jetzt folgen den Worten auch tatsächlich Taten.
Gleich zwei Konsortien stehen bereit, haben konkrete Pläne, sich auf dem Forschungsareal an der Holzkoppel anzusiedeln. Sowohl die European Molecular Biology Laboratory (EMBL) mit Hauptsitz in Heidelberg als auch die Helmholtz-Gemeinschaft möchten sich mit eigenen Projekten unmittelbar an den Laser andocken, wie Thomas Tschentscher als wissenschaftlicher Direktor der European XFEL am Mittwoch erklärte. Zudem gibt es weitere Interessenten. „XFEL ist die weltweit einzige Anlage dieser Art. Wir haben viele Anfragen von Instituten, die etwas dazubauen wollen“, so Tschentscher.
Die beiden Projekte, die jetzt konkret geworden sind, bedeuten für Schenefelds Wissenschaftsstandort eine Finanzspritze von 65 Millionen Euro. Etwa 45 Millionen Euro sollen davon in den Bau eines weiteren Hochleistungslasers fließen, der mit dem XFEL-Licht kombiniert werden würde. Er soll sich in der riesigen XFEL-Experimentierhalle direkt an eine der Forschungsstationen anschließen. Damit das überhaupt geht, muss Platz durch das Einziehen einer Art Zwischendecke in der Halle geschaffen werden. Ziel des vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf vorangetriebene Projekts: tiefer in kleinste Strukturen vorzudringen.
Laser soll Einblicke ins Innere von Planeten ermöglichen
Von dem Laser versprechen sich die Wissenschaftler unter anderem einen Einblick ins Innere von Planeten und Aufschlüsse über das Verhalten von Materie unter extremen Bedingungen. Derzeit werden die Förderungsanträge zur Finanzierung in den 15 beteiligten Ländern gestellt, 2014 sollen erste Arbeiten beginnen, damit 2016 mit dem Start von XFEL auch der Laser läuft.
Einen ähnlichen Zeitplan gibt es beim zweiten konkreten Ansiedlungsprojekt. Auch das EMBL Heidelberg möchte das XFEL-Licht für seine Forschung nutzen und sich mit einem biochemischen Labor direkt am Röntgenlaser ansiedeln. Zwischen den Experimentierstationen, an denen die in Hamburg-Bahrenfeld abgeschossenen Röntgenblitze ankommen, und den Untersuchungslaboren müssen die Wege kurz sein. Deshalb soll das EMBL-Labor in der dreigeschossigen 11.000 Quadratmeter großen Experimentierhalle unterkommen. 20 Millionen Euro sollen in die technischen Ausrüstung und wissenschaftliche Arbeit fließen. Während in der großzügig geplanten Experimentierhalle Platz für die Labore war, braucht es für die Verwaltung ein Extragebäude. Für die Wissenschaftler der HIBEF-Station – dem Hochleistungslaser, der sich an die Experimentierhalle anschließen soll – ist für Labore und Büros auch ein weiteres wohl dreistöckiges Gebäude erforderlich.
Private Unternehmen müssen draußen bleiben
Platz gibt es für weitere Forschung auf dem 15 Hektar umfassenden XFEL-Areal in Schenefeld genug. Für die Ansiedlung solcher zusätzlichen Forschungsstationen wurden extra drei Hektar vorgehalten. Allerdings müssen private Unternehmen draußen bleiben. Während der Wissenschaftsstandort wächst, lässt der erhoffte wirtschaftliche Impuls für die Region auf sich warten. Daran stößt sich Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer, der sich am Mittwoch ein Bild von den Fortschritten in Schenefeld machte. Für Meyer ist klar, dass der Kreis und die Stadt jetzt Flächen für die Ansiedlung von Firmen vorhalten müssen.
„Es ist schade, dass das, was die Stadt hier angestrebt hat, nicht vorangeht. Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen und über die Nutzung weiterer Flächen sprechen“, so Meyer. Er will mit Landrat Oliver Stolz bei einem Treffen am 31. Oktober über die angrenzenden Landschaftsschutzflächen sprechen.
Ein ähnlicher Vorstoß von Bürgermeisterin Küchenhof und der Kommunalpolitik scheiterte an einem vehementen Widerstand in der Stadt. Die dafür unter anderem geplante Änderung des Flächennutzungsplans, um Reserven unter Aufgabe von Landschaftsschutzflächen zu schaffen, rief eine Bürgerinitiative auf den Plan. Sie wehrte sich mit Unterschriftenaktionen, Infoveranstaltungen und einem angestrebten Bürgerbegehren erfolgreich gegen die Pläne.