Eine Ausstellung im Rathaus vom 15. bis 31. Oktober ist 27 beeindruckenden weiblichen Persönlichkeiten der Stadt gewidmet.
Wedel. Marianne Wilke sticht aus jeder Gruppe hervor. Die zierliche Wedelerin ist meistens die kleinste, aber das hält sie noch lange nicht davon ab, sich in die erste Reihe zu stellen, wenn es um den Kampf gegen Rechtsradikalismus geht. Seit 42 Jahren engagiert sie sich in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Sie war 13 Jahre lang die Vorsitzende des Landesgruppierung, heute ist sie Ehrenvorsitzende. Der Terminkalender der 83 Jahre alten Frau ist bis heute voll. Jeden Monat besucht sie Schulen im Kreis Pinneberg und Umgebung, klärt als Zeitzeugin über die Zustände während des Naziregimes auf. Sie ist Mitbegründerin der Friedenswerkstatt und Mitglied im Arbeitskreis der Stadt Wedel gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit. Sie gehört zu den Großen ihrer Heimatstadt. Auch wenn sie das nicht gern hört.
Der beste Beweis dafür, dass die bescheidene Wilke das aber nun einmal ist: Sie gehört zu den 27 Frauen, denen sich jetzt eine Ausstellung widmet. Die Frauengeschichtswerkstatt hat die Porträts zusammengestellt, die bis zum 31. Oktober im Wedeler Rathaus an der Bahnhofstraße zu sehen sein werden. Die Gleichstellungsbeauftragte Marlen Drexel rief die Gruppe zum 800. Geburtstag Wedels ins Leben. Mithilfe von Soziologin Heike Bunte gingen die Teilnehmerinnen auf Spurensuche, führten Interviews und recherchierten in Archiven. Herausgekommen ist eine Ausstellung, die Frauenpower aus mehr als 100 Jahren zeigt.
"Mir würden viele Frauen einfallen, die ich auf Anhieb nennen könnte, die es auch verdient haben, für ihr Wirken genannt zu werden", sagt Marianne Wilke. Ihr passt es nicht so recht, dass sie hervorgehoben wird. Dabei hat die Wedelerin schon so viel bewirkt und viel Stärke bewiesen. Als Zeitzeugin spricht sie an Schulen immer wieder über das Leid, das sie und ihre Familie im Nazideutschland erdulden mussten. Ihre Großeltern, zwei Tanten und ein Onkel wurden getötet. Ihr Vater kam mit dem letzten Transport ins Lager Theresienstadt. Er überlebte. Als Halbjüdin litt Wilke unter der Isolation, den vielen Verboten und der Angst um ihre Eltern. "Wir durften nicht ins Kino oder Schwimmbad gehen. Auf den Parkbänken stand drauf, dass sie nicht für Juden sind. Es gab Geschäfte, die wir nicht betreten durften. Überall hingen Plakate mit Hassparolen gegen Juden. Man war umzingelt", berichtet Wilke. Als Überlebende sieht sie es in ihrer Verantwortung, dafür zu kämpfen, dass so etwas nicht wieder passiert.
Unter den Frauen, die vorgestellt werden, ist auch Wedels Ehrenbürgerin Hanna Lucas. Kein Wunder. Die außerordentlich engagierte Frau hat die Rolandstadt nachhaltig geprägt. 1945 wurde sie auf der Flucht vor den Gefechten des Zweiten Weltkrieges schwer verletzt, ihre Tochter starb in ihren Armen, auch die beiden anderen Kinder wurden von Grantsplittern getroffen. Schwer verletzt kam Lucas in einer Notunterkunft in Seeth-Ekholt bei Elmshorn unter. Obwohl ihr als einziger Besitz eine Handtasche mit wichtigen Papieren geblieben war und ihr Mann in Gefangenschaft saß, sie selbst also in der Nachkriegszeit mit schweren Problemen zu kämpfen hatte, begann Lucas damals mit ihrer Wohltätigkeitsarbeit. Sie gründete die Awo mit, organisierte Schulspeisungen für Hungernde. Später setzte sie sich für den Bau von Kitas in Wedel ein, kämpfte für den Bau des Altenheims, sie organisierte Mütter- und Kindererholungsfahrten. Ihre Wedeler Wohnung war Dreh- und Angelpunkt der Awo-Vorstandsarbeit im Ort. Hier lagerten die Aktenordner, hier fanden die Vorstandssitzungen statt. Wedel hat die 2002 verstorbene Lucas nicht vergessen. Ihr zu Ehren wurde die Kindertagesstätte in der Pulverstraße nach ihr benannt, und auch eine Schulklasse widmete sich ihrem Wirken und verfasste eine preisgekrönte Arbeit über ihr Leben.
Preise hatte auch die in Wedel aufgewachsene Oceana Mahlmann, 30, eingeheimst. Auch sie gehört zu den starken Frauen der Ausstellung. Allerdings hat sie im Gegensatz zu Lucas nicht durch ungewöhnliches Engagement Willensstärke bewiesen, sondern durch ihren Aufstieg im Popbusiness. Die Musikerin hat den Durchbruch geschafft. Spätestens seitdem sie ihre Stimme dem Fußballereignis zur Europameisterschaft in Polen und der Ukraine für den offiziellen Titelsong "Endless Summer" lieh, ist ihr Name in aller Munde. Sie wusste früh, was sie wollte, zog bereits mit 16 Jahren von Zuhause aus, um als Sängerin die Welt zu bereisen. Aufgewachsen ist sie in Wedel bei ihren Großeltern, dem Künstlerpaar Max Hermann Mahlmann und Gudrun Piper. Wenn sie nicht unterwegs ist, lebt die Popmusikerin zusammen mit ihrem zweijährigen Sohn in Berlin.
Die Ausstellung wird am 15. Oktober um 19 Uhr eröffnet. Aufgrund des großen Interesses wird um Anmeldung unter 04103/70 72 77 gebeten.