Kreis Pinneberg fehlen Fachkräfte zur Kinderbetreuung. Schlechte Bezahlung macht den Beruf unattraktiv. Stellen bleiben lange unbesetzt.
Kreis Pinneberg. Alle Kleinkinder bis zu drei Jahren sollen vom kommenden Jahr an einen Anspruch auf Betreuung haben. 35 Prozent ist die Quote, die der Bund errechnet hat, damit dies gewährleistet ist. Während die Gemeinden im Kreis Pinneberg alles daran setzen, die von der Bundesregierung vorgegebene Versorgungsquote zu erfüllen, zeichnet sich bereits ein Mangel an Fachkräften ab. In Schleswig-Holstein werden im nächsten Jahr rund 350 Erzieher fehlen. Das geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor. Die Einrichtungen bekommen dies schon jetzt zu spüren.
"2009 haben wir uns um drei Bereiche mit Krippenkindern erweitert", sagt Daniela Kossak, Leiterin der Katholischen Kita St. Marien in Elmshorn. "Geeignetes Personal zu finden, ist schwierig." Heute betreuen neun Erzieher und vier Sozialpädagogische Assistenten insgesamt 110 Kinder. Vorschläge der Politik, die entlassenen Schleckerfrauen oder Langzeitarbeitslose umzuschulen, empfindet sie als Geringschätzung ihres Berufs. "Das ist unrealistisch und eine Frechheit." Gerade die Kleinsten müssten fachgerecht betreut werden. "Hier legen wir das Fundament für ihre Zukunft", sagt sie.
Ebenso sieht es Katharina Ahlborg, Erzieherin in der DRK-Kindertagesstätte in Quickborn "Wenn jemand etwas bewirken kann, dann sind wir das. Man muss diesen Job lieben und Erfahrung haben, um gut zu sein. Umgeschultes Personal in eine Kita zu setzen, wäre so, als würde man mich ab morgen in einer Bankfiliale arbeiten lassen."
Dörte Lex leitet die Quickborner Einrichtung. Sie beklagt die Schwierigkeit, kompetente Fachkräfte zu finden. "Im vorigen Jahr musste ich sechs Stellen neu besetzen. In einem Fall hat es sechs Monate gedauert, bis wir eine passende Kollegin finden konnten. Das Angebot an Erzieherstellen auf dem Markt ist extrem hoch", sagt sie. In ihrem Haus kümmern sich 20 Erzieher und sechs Sozialpädagogische Assistentinnen um rund 150 Kinder. Erzieher, die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen haben, ließen sich viel Zeit bei der Entscheidung für den richtigen Arbeitsplatz und seien schnell bereit, ihren Job für eine bessere Option zu wechseln. Zudem führe das strikte Berufsverbot bei einer Schwangerschaft dazu, dass Erzieherinnen sofort wegfielen. Die freie Stelle müsse dann von Zeitarbeitskräften aufgefangen werden.
In der Berufsfachschule für Sozialpädagogik im Kreis Pinneberg werden jährlich 75 Erzieher und 75 Sozialpädagogische Assistenten ausgebildet. Die Schule bekommt im Schnitt 200 Bewerbungen auf 150 zur Verfügung stehende Ausbildungsplätze. An der Nachfrage nach der Ausbildung mangelt es also nicht. Ute Brandt, Stellvertretende Schulleiterin der Beruflichen Schulen des Kreises Pinneberg, sieht das Problem allerdings darin, dass nur wenige der Absolventen den Beruf anschließend tatsächlich ausüben würden. In den Klassen befänden sich zum einen viele Abiturienten, die nach der Ausbildung direkt ein Studium anschließen, zum anderen entscheiden sich viele für einen anderen Beruf. "Ein Grund ist die schlechte Bezahlung", sagt Ute Brandt.
Das Bruttogehalt eines Erziehers liegt bei 1700 Euro. Im Gegenzug muss er heutzutage mehr denn je leisten. Zudem ist der Anteil an Teilzeitkräften in Schleswig-Holstein mit 74 Prozent nach Niedersachsen am höchsten. All das bedingt eine hohe Fluktuation. Kinder brauchen jedoch feste Bezugspersonen. "Viele Eltern leben heutzutage getrennt, dadurch verändert sich die komplette Familiensituation", sagt Dörte Lex. Auch aus diesem Grund würde das Berufsbild eines Erziehers immer anspruchsvoller.
Ingrid Moscharski von der DRK-Kreisgeschäftsstelle bekam früher noch 130 Bewerbungen auf eine Stelle auf ihren Schreibtisch. "Heute sind es gerade mal zehn", sagt die Abteilungsleiterin. Und die würden den Ansprüchen häufig nicht gerecht. "Ein Kind muss gehoben und getragen, motorisch geschult und sprachlich gefördert werden. Wünschenswert sind neben einer fundierten Ausbildung auch Zusatzausbildungen in Sprache oder Motorik".
Auch bei der Arbeiterwohlfahrt werden händeringend gute Fachkräfte für die 15 Kindertagesstätten im Kreis gesucht. "Es ist sehr schwierig geworden, eine ausgewogene Mischung aus Erziehern mit langjährigen Erfahrungen und Berufseinsteigern hin zu bekommen", sagt Fachbereichsleiterin Christine Scholz. "Es gibt einige offene Stellen, die wir nicht besetzen können." Besonders schwierig sei es, befristete Lösungen für Ausfälle durch Krankheit oder Schwangerschaft zu finden. Zeitlich begrenzte Verträge seien für viele Erzieher wenig attraktiv. "Manchmal können wir den Gruppendienst nicht aufrecht erhalten, so verschärft ist die Lage zeitweilig."