Als Folge der Sparpläne der Kieler Landesregierung soll auch die Wedeler Einrichtung ab 2012 geschlossen werden

Wedel/ Kiel. Paula M. ist 39, hat zwei Kinder und wurde von ihrem Mann über Monate immer wieder geschlagen. Mal schmeckte das Essen nicht, mal fand er, die Wohnung sei nicht aufgeräumt, mal ärgerte er sich über ein Kleidungsstück, das seine Frau gekauft hatte. Immer dann klatschte eine Ohrfeige oder flog eine Faust und oft mussten sich die Kinder das mit ansehen. Irgendwann fasste Paula sich ein Herz und flüchtete, nahm Kontakt zum Frauenhaus in Wedel auf - und entging so ihrem Peiniger. Wenn es nach der Kieler Landesregierung geht, wird Frauen wie Paula in Wedel künftig niemand mehr helfen können. Denn das Gleichstellungsministerium plant eine "Umstrukturierung bei Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen" in deren Rahmen rund 500 000 Euro gespart werden sollen - und als Folge ein Frauenhaus in Lübeck und das Wedeler ab 2012 dicht gemacht werden sollen. "Im Kreis Pinneberg liegt das Verhältnis bei 10,7 Prozent Einwohner zu 16,8 Prozent Frauenhausplätzen. Wir halten die Schließung deshalb für vertretbar", argumentierte Justiz- und Gleichstellungsminister Emil Schmalfuß.

Das Problem: Knapp die Hälfte der Frauen kommt aus Hamburg

Der Wedeler Betreiberverein "Frauen helfen Frauen" und Mitarbeiterin Astrid Otto und ihre drei Kolleginnen setzen andere Zahlen dagegen: "Unsere Belegung im vorigen Jahr betrug 83 Prozent. Das bedeutete Schutz für 51 Frauen und 44 Kinder." Schutz, der nach den Plänen der CDU-FDP-Regierung beendet werden soll.

15 Plätze gibt es in Wedel, ebenso viel wie in Pinneberg, das Elmshorner Frauenhaus hat 28 Plätze. Die Wedeler Institution erhält pro Jahr bislang 174 000 Euro vom Land und weitere 10 800 Euro von der Stadt für zusätzliche Kinderbetreuung, ein Förderverein hilft mit Sachspenden. "Alle Plätze müssten erhalten werden, weil der Bedarf da ist", sagte Jutta Stropahl, Vorstandsmitglied des Fördervereins. Das Problem: Knapp die Hälfte der Frauen kommt aus Hamburg - und für die will Schleswig-Holstein offenbar nicht zahlen. Nach Angaben der Frauenhaus-Aktiven ist das aber nur logisch: Bedrängte Frauen werden am besten nicht in der eigenen Stadt, sondern möglichst weit weg von ihren Peinigern betreut. Wichtig ist dies insbesondere bei Frauen mit Migrationshintergrund, die beispielsweise vor der Zwangsverheiratung fliehen wollen, was nach Erfahrungen des Frauenhaus-Teams immer häufiger passiert. Um der Großfamilie zu entgehen, ist ein großer Abstand zu deren Lebenskreis wichtig. Etwa die Hälfte aller Hilfe sichenden Frauen in Wedel haben einen Migrationshintergrund. Im Gegenzug werden Wedeler Frauen in anderen Städten untergebracht.

Fehlende Frauenhausplätze können lebensbedrohlich sein

Unterstützung kommt von der Wedeler Gleichstellungsbeauftragten Marlen Drexel: "Die Argumentation, dass vor allem Frauen aus anderen Bundesländern aufgenommen werden, ist äußerst fragwürdig. Soll zukünftig die Hamburger Stadtgrenze für Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, gleichzeitig die Grenze markieren, ab der kein Schutz mehr zu erwarten ist? Es wird bei Menschen gespart, die sich in existenziellen Notlagen befinden und für die fehlende Frauenhausplätze lebensbedrohlich sein können."