Oering/Seth. Einst wollte Yorck Männich Rockstar werden. Nun gibt er bei der SG Oering-Seth den Ton an. Das hat er mit seiner Mannschaft vor.
Die langen blonden Haare werden von einem blauen Tuch zurückgehalten, ein Armband ziert das rechte Handgelenk. Nicht nur durch seinen Look setzt sich Yorck Männich vom Fußballtrainer-Klischee ab; auch beruflich hat er einen ganz anderen Weg eingeschlagen als viele seiner Kollegen.
Der neue Coach des Verbandsligaclubs SG Oering-Seth ist Musiker durch und durch. Was ungewöhnlich erscheint, ist für den 57-Jährigen eigentlich logisch. „Musik und Sport gehören für mich zusammen, es gibt viele Gemeinsamkeiten“, sagt Männich. „Man kann in beiden Bereichen vieles rauslassen. Die kaputten Musiker mit dünnen Beinchen und gesundheitlichen Problemen waren nie meine Ecke. Es ist mir wichtig, fit und gesund zu sein.“
Yorck Männich: Ein Rockmusiker als Fußballtrainer auf dem Dorf
Rauschende Feste, windige Plattenfirmen und Konzerte auf riesigen Bühnen – der Oeringer hat vieles gesehen in seinem Musikerleben. Als junger Mann träumte er davon, Rockstar zu werden. Und Rockstar-Momente gab es. Mit seiner eigenen Band Yorck trat Männich einst im Bocholter Fußballstadion als Vorgruppe von Bryan Adams auf. „Da waren bestimmt 30.000 Leute vor der Bühne. Das vergisst man nie“, erinnert er sich.
Männich liebt Rockmusik mit Country-Einflüssen und nahm mehrere Alben auf. Als er in seinen Zwanzigern seine erste große Veröffentlichung plante, stellte sich jedoch heraus, dass er an die falschen Leute geraten war. Noch vor dem Verkaufsstart erschien der Gerichtsvollzieher bei Männichs damaligem Label. „Der Chef hatte Steuern hinterzogen, Geschäftspartner betrogen und konnte plötzlich seine Mitarbeiter nicht mehr bezahlen. Die Plattenfirma wurde sofort geschlossen, mein Album kam nie raus. Die Möglichkeiten über Soziale Medien gab es damals noch nicht, CDs durfte man nicht selber pressen. Damit war es schlagartig vorbei.“
Lange Zeit verdiente er sein Geld mit Musik, begleitete auch Stars
Heute sagt Yorck Männich: „Ich habe nie den Riesendurchbruch gehabt. Aber das ist okay.“ Als Gitarrist, Sänger und Pianist verdiente er trotzdem lange Zeit sein Geld auf Bühnen und trat mit internationalen Stars auf. Bei Konzerten und Fernsehshows begleitete er etwa die britische Sängerin Bonnie Tyler und die Boyband No Mercy.
Hinter den Kulissen erlebte er die Allüren so mancher Stars. „Ich bin da so reingerutscht. Man war viel unterwegs, eine Zeit lang war das sehr lukrativ“, erzählt er über diese Zeit.
Mittlerweile ist Männich sesshaft geworden und wohnt mit seiner Ehefrau sowie der jüngsten Tochter (18) in Oering. Er betreibt seit rund 20 Jahren in Hamburg-Poppenbüttel seine eigene Musikschule. Dort gibt er Einzelunterricht in Gitarre und Klavier, ein Kollege lehrt Schlagzeug.
Hin und wieder veröffentlicht er mit seiner Band Songs
Mit seiner eigenen Band tritt er noch hin und wieder auf, alle paar Wochen veröffentlicht er einen neuen Song. Aber nicht mehr mit dem Ziel, reich und berühmt zu werden. „Es geht um den Spaß.“
Abends und an den Wochenende steht Yorck Männich auf dem Fußballplatz.
18 Jahre lang war er beim SC Poppenbüttel aktiv, stieg einst als Jugendtrainer ein, weil das Team seines Sohnes Yoel (heute 23) keinen Coach hatte. Später übernahm er die Herrenmannschaft des SCP, ehe sich im vergangenen Sommer trotz des sportlichen Erfolgs die Wege im Unfrieden trennten.
Die Formkuve der Spielgemeinschaft zeigt nach oben
„Ich wollte ursprünglich eine Fußballpause einlegen und habe das Angebot eines Hamburger Landesligisten abgelehnt“, sagt Männich – der die Rechnung allerdings ohne das intakte Dorfleben vor seiner Haustür machte. „Beim Osterfeuer wurde erzählt, dass ich sozusagen frei bin; einige Wochen später hat die SG Oering-Seth bei mir angefragt. Eigentlich wollte ich nicht, aber was ich beim Gespräch vorgefunden habe, mit welcher Begeisterung und Akribie dieser Club geführt wird, das fand ich sensationell. Es macht mir sehr viel Spaß, hier Trainer zu sein.“
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Zunächst ging Yorck Männich davon aus, einen Kreisligisten zu übernehmen, ehe die Spielgemeinschaft kurz vor dem Saisonstart überraschend in die Verbandsliga aufrückte. Das sorgte für Freude, ist aber auch eine große sportliche Herausforderung. In den ersten fünf Partien reichte es nur zu einem Punkt. Zuletzt gelang die Wende mit zwei torreichen Siegen (6:3 gegen den TS Einfeld 5:3 beim
SV Wasbek).
Die kuriosen Ergebnisse sind übrigens kein Zufall. „Ich finde, Fußball spielt man nicht, um zu mauern, sondern man will die Kugel haben und Tore schießen“, sagt Männich. Abstiegskampf mit Offensivfußball – noch so ein Bruch mit dem Klischee.