Norderstedt. 850 Bürgerinnen und Bürger warteten vergeblich auf ihre Wahlzettel. Nun ist offen, ob die Betroffenen noch rechtzeitig wählen können
Kaum ein Tag, an dem man über Medien nicht mit dem Appell konfrontiert wird, am Sonntag, 9. Juni, bei der Europawahl seine Stimme abzugeben. Denn jede Stimme zählt. Dachten sich auch über 13.000 von 61.874 wahlberechtigten Norderstedterinnen und Norderstedter, die bei der Stadtverwaltung schon vor Wochen ihre Briefwahlunterlagen beantragt hatten.
Doch 887 davon schauten tagelang vergeblich in den Briefkasten nach der Zusendung. Und es stellt sich nun heraus: Ihre Briefwahlunterlagen waren irgendwo im Bereich der Deutschen Post AG schlicht liegengeblieben und nur mit Verspätung ausgeliefert worden. Ob die Wählerinnen und Wähler sie noch rechtzeitig bekommen haben, vor ihrem Urlaub oder anderweitigen Verpflichtungen, die sie am 9. Juni vom Urnengang in Norderstedt abhalten, das bleibt ungewiss.
Post-Panne: 887 Wahlunterlagen blieben liegen
Bei der Stadtverwaltung und im Wahlamt der Stadt sorgt die Post-Panne für Verwunderung. Man bedauere sehr, dass es für eine ganze Reihe von Wählerinnen und Wählern zu dieser erheblichen Verzögerung und mithin zu Mehraufwand und Ärger gekommen ist. Doch die Verwaltung treffe keine Schuld: „Das Wahlamt hat die 887 Briefwahlunterlagen am 13. Mai zum Versand an die Wählerinnen und Wähler an unseren Dienstleister, die Deutsche Post, geschickt“, teilt die Stadtverwaltung mit. Wo die Briefwahlunterlagen dann gelandet sind, dass kann selbst die DHL auf Nachfrage nicht so genau sagen.
Man habe vor Ort in Norderstedt nachgeforscht und nicht herausgefunden, warum genau es zu der verzögerten Auslieferung gekommen ist, teilt ein Sprecher der DHL Group mit. Offiziell spricht die Post von 887 „verspätet eingelieferten Sendungen“. Sprich: Die Briefwahlunterlagen blieben offenbar irgendwo liegen und wurden erst am 28. Mai, also 15 Tage nachdem die Stadt Norderstedt sie abgeschickt hatte, bei der Post zum Versand fertig gemacht und ausgeliefert.
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Laut der Stadtverwaltung in Norderstedt hätten manche der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zurückgemeldet, dass die Unterlagen eingetroffen seien. Doch es gebe auch Meldungen, dass immer noch nichts im Briefkasten aufgetaucht sei. Die Stadtverwaltung geht deshalb auf Nummer sicher.
Post Panne: Infoschreiben an alle 887 Betroffenen
„Um möglichst allen Wählerinnen und Wählern die gewünschte Abstimmung per Briefwahl noch zu ermöglichen, sind wir aktuell dabei, den Betroffenen Infoschreiben direkt zustellen“, sagt Sprecher Bernd-Olaf Struppek. Mitarbeiter des Wahlamtes seien seit Montag mit dem Auto unterwegs, um allen 887 Betroffenen das Schreiben mit allen Infos rund um die Post-Panne in den Briefkasten zu stecken.
Das Briefwahl-Prozedere könne dann nochmals gestartet werden, so Struppek. „Die Wählerinnen und Wähler haben noch bis Ende der Woche Zeit, per Briefwahl vor Ort im Wahlamt abzustimmen.“ Doch dazu muss man sich dann schon ins Wahlamt im Rathaus begeben. „Es ist am Donnerstag, 6. Juni, sogar bis 23 Uhr geöffnet und am Freitag, 7. Juni, nochmals bis 18 Uhr. Die Briefwahlunterlagen müssen dem Wahlamt bis spätestens am Sonntag, 9. Juni, 18 Uhr, vorliegen“, sagt Struppek.
Laut NDR habe es Verzögerungen beim Versand der Briefwahlunterlagen auch in anderen Städten und Kreisen gegeben. Meldungen kamen aus Ahrensburg (Kreis Stormarn), der Stadt Pinneberg, Ratzeburg (Kreis Herzogtum-Lauenburg) und Schleswig. Die Kommunen hätten auf Anfrage von NDR-Schleswig-Holstein mitgeteilt, die Briefwahlunterlagen seien rechtzeitig verschickt worden. Probleme habe es dann aber bei der Deutschen Post im Betriebsablauf gegeben. Auf Abendblatt-Anfrage erklärt ein Post-Sprecher: „Auch da ist uns im Detail nicht bekannt, woran die Verzögerungen lagen. Insgesamt betrachtet läuft der Versand der Unterlagen jedoch gut.“