Norderstedt. Viele Menschen auf wenig Fläche: Wohnungsverband plädiert dafür, in die Höhe zu bauen. Wie die Idee im Norderstedter Rathaus ankommt
Grüner denken, höher bauen – dafür plädiert Andreas Breitner, Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), der 443 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften vertritt. Der Bau von Hochhäusern mit bezahlbaren Wohnungen könne helfen, die Wohnungsnot zu mildern und zugleich dem Nachhaltigkeitsanspruch von Wohnquartieren gerecht werden. 12 oder 16 Stockwerke bauen, auch ein Modell für Norderstedt?
Schließlich hat das Innenministerium in Schleswig-Holstein gutachterlich ermittelt, dass die Stadt hinter Sylt auf Platz 2 bei der Wohnungsknappheit im Norden rangiert. Die Zahl der Sozialwohnungen schrumpft gen Null, im Jahr 2057 wird auch die letzte geförderte Wohnung aus der Wohnungen mit Mietpreisbindung fallen.
Norderstedt: Mit Hochhäusern den Wohnungsmangel bekämpfen?
Gerade mit Blick auf fehlende Freiflächen in Norderstedt, könnte es sinnvoll erscheinen, stärker in die Höhe zu bauen. Die Chance dazu besteht, gibt es doch mit der „Grünen Heyde“, dem Harkshörner Weg, auf mehreren Flächen in Garstedt, oder am Glashütter Damm unter dem Namen „Sieben Eichen“ noch Neubaugebiete, die in den nächsten Jahren entstehen und die Neubürger, die nach wie vor in die Stadt drängen, aufnehmen sollen.
Im Norderstedter Rathaus will man nicht hoch hinaus. Norderstedts Baudezernent lehnt den Bau von Hochhäusern in der Stadt sogar grundsätzlich ab. Er hält höhere Gebäude allenfalls in Ausnahmefällen für möglich, nämlich dort, wo ohnehin schon Hochbauten stehen. Als Beispiel nennt er urbane, dicht besiedelte Stadtquartiere wie den Bereich rund um das Herold-Center mit seinen Wohntürmen.
Am Lütjenmoor steht Norderstedts höchstes Gebäude mit 20 Stockwerken
Sieben oder achtgeschossige Wohnkomplexe gibt es auch in der direkten Umgebung. Am Lütjenmoor 17 steht Norderstedts höchstes Gebäude mit 20 Stockwerken. Da passt auch der Wohnturm ins städtebauliche Bild, der neben dem Bildungshaus gebaut werden soll und nach früheren Plänen sieben bis acht Etagen bekommen soll.
Auch Plambeck will dort in die Höhe bauen. Zum Wohnquartier Schumannstraße, in dem 200 Wohnungen Platz finden sollen, gehört auch ein achtgeschossiger Bau an der Ecke Schumannstraße/Kofurth, der mit den gegenüberliegenden, gleich hohen Bestandsgebäuden eine „Torsituation“ zur Berliner Allee und zum benachbarten Herold-Center bilden soll.
„Bei 12 oder 16 Etagen klingeln bei jedem Stadtplaner die Alarmglocken“
Das Bauen in die Höhe biete, so Magazowski, zwar einen Flächenvorteil, viele Menschen könnten auf wenig versiegelter Fläche untergebracht werden. Doch nun folgt eine Fülle von Gegenargumenten: Da sei zum einen der Klimaschutz. So biete ein Hochhausdach nicht ausreichend Platz für eine Photovoltaik-Anlage, über die alle Bewohner mit Strom versorgt werden könnten. Diese Einschränkung gelte auch für Wärmepumpen.
„Bei Wohnungsbau mit 12 oder 16 Etagen klingeln bei jedem Stadtplaner die Alarmglocken“, sagt Magazowski und erinnert an die Großsiedlungen wie Steilshoop oder Mümmelmannsberg in Hamburg, die in den 70er-Jahren gebaut wurden. In Steilshoop entstanden Wohnkomplexe mit bis zu zehn Stockwerken, um der Wohnungsknappheit entgegenzuwirken. Doch in den Folgejahren zogen besser situierte Mieter weg, die Großsiedlungen verfielen, entwickelten sich zu sozialen Brennpunkten.
Norderstedt: Mit Hochhäusern den Wohnungsmangel bekämpfen?
„Wir brauchen Wohnformen, die eine soziale Durchmischung gewährleisten“, sagt der Baudezernent. So favorisierten Rentner eine moderne Eigentumswohnung, junge Familien hingegen Doppel- oder Reihenhäuser mit einem Garten. Neubaugebiete müssten den unterschiedlichen Ansprüchen und finanziellen Möglichkeiten gerecht werden. Laut Beschluss der Stadtvertretung müssen beim Wohnungsbau 50 Prozent geförderte Wohnungen entstehen.
Neubaugebiete in Norderstedt mit Hochhäusern zu füllen, verstoße auch gegen die Verhältnismäßigkeit. Wenn in der Umgebung drei- oder viergeschossige Bauweise oder Einfamilienhäuser dominieren, passten höhere Gebäude nicht ins Stadtbild, die Menschen fühlten sich erschlagen. „Es geht bei der Stadtplanung doch darum, dass sich die Menschen wohlfühlen und wir eine lebenswerte Stadt erhalten“, sagt der Baudezernent.
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Daher lautet das Leitmotiv: In Norderstedt wird drei- bis fünfgeschossig gebaut, niedriger zu den Stadträndern hin, höher an den Magistralen. Gebäude mit fünf Geschossen wirkten an den Hauptverkehrsstraßen als Lärmschutzriegel für die dahinter liegende Bebauung.