Norderstedt. Dorftreff, Kulturhaus, Gedenkstätte: Viele Projekte in der Region können nur mit Fördergeld aus Brüssel realisiert werden.
Was kann, was darf eigentlich das Europäische Parlament in Straßburg? Es lohnt sehr, sich vor der Europawahl am 9. Juni einmal mit dieser Frage zu beschäftigen – und dann auch mit den Positionen der Parteien. Denn das Gremium hat seit seiner Gründung im Jahr 1952 immer mehr an Macht hinzugewonnen und kann eine ganze Menge mitentscheiden. Über den Haushalt der EU zum Beispiel. Ein guter Teil der EU-Gelder kommt über die Regionalförderung wieder in den Nationalstaaten an – auch bei uns in Norderstedt und im übrigen Kreis Segeberg. Hier fünf Beispiele, wo EU-Mittel wirken.
Kaltenkirchen: NS-Geschichte wird in der KZ-Gedenkstätte Springhirsch gezeigt
In Kaltenkirchen-Springhirsch gab es in der NS-Zeit ein Außenlager des Konzentrationslagers Hamburg-Neuengamme. SS- und Wehrmachtsangehörige verübten noch 1944 und 1945 zahllose Misshandlungen, Folterungen und Morde an mehreren Tausend Männern aus ganz Europa. Der jetzige Trägerverein kämpfte jahrzehntelang dafür, dass die Geschichte des Lagers öffentlich sichtbar wird. Mittlerweile gibt es eine Gedenkstätte mit einer Dauerausstellung, die Anfang dieses Jahres eingeweiht wurde. Die Realisierung wurde mit EU-Mitteln in Höhe von 83.000 Euro mitfinanziert. Wer mehr wissen möchte, findet unter www.kz-gedenkstaette-kaltenkirchen.de alle Infos.
Glasau: EU finanzierte einen neuen Dorfmittelpunkt
Das Dorf Glasau hat etwas, was andere Gemeinden nicht haben. Nämlich den Tante-Emma-Laden des 21. Jahrhunderts. Bei „Tante Enso“ können Bürger rund um die Uhr einkaufen und regionale Produkte vorbestellen. Der Laden wird von einem norddeutschen Start-up betrieben, aber das dafür nötige Gebäude, das den Namen „MarktTreff“ trägt, wurde mit öffentlichem Geld gebaut. „Das waren rund 700.000 Euro, der Großteil kam von der EU“, sagt Bernhard Horstmann, MarktTreff-Koordinator der Gemeinde. Unter dem Dach befindet sich auch ein Bäckerladen mit Café, den die Gemeinde betreibt. Durch den MarktTreff bekam das Dorf seinen Mittelpunkt zurück. Für rund 80.000 Euro soll jetzt auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installiert werden. 55 Prozent des Geldes kommt aus EU-Mitteln. „Der Antrag wurde schon positiv beschieden, im Spätsommer wollen wir die Anlage installieren“, so Horstmann.
Hartenholm: Ehemalige Dorfgaststätte wurde zum „Kulturhaus Boon“ umgebaut
Seit etwa einem dreiviertel Jahr bereichert das „Kulturhaus Boon“ die Gemeinde Hartenholm mit Filmabenden, Kleinkunst und mehr. In dem Haus befindet sich auch eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Assistenzbedarf. Vier Jahre lang wurde die ehemalige Gastwirtschaft an der Dorfstraße zu dem Kulturhaus umgebaut. Von den rund 720.000 Euro Kosten gab die EU über die Förderregion „Holsteiner Auenland“ 66.000 Euro hinzu. Bald soll noch mehr EU-Geld nach Hartenholm fließen. Aus dem alten Feuerwehrhäuschen im Ortskern soll ein zentraler Anlaufpunkt werden. Es wird auch die Stelle einer „Dorfkümmerin“ geschaffen. Die Umsetzung des Projekts kostet rund 120.000 Euro, die EU gibt rund 50.000 dazu.
Bad Bramstedt: Ein neues „Glückslicht“ direkt am Schlosspark
„Lykke Lys“ heißt das neue Jugendcafé am Schlosspark in Bad Bramstedt. Der dänische Name bedeutet auf Deutsch „Glückslicht“, und genau das soll der kürzlich eingeweihte Anbau zum Jugendzentrum auch sein, für Menschen aller Altersgruppen. Der Umbau des ehemaligen Blumenladens kostete 1,4 Millionen Euro, die EU gab über die Förderregion Holsteiner Auenland 100.000 Euro dazu. Auch an anderer Stelle im Zentrum von Bad Bramstedt ist sichtbar, wie EU-Geld verwendet wurde. So kamen rund 33.000 Euro für die rund 100.000 Euro teure Neugestaltung des Bleeck.
Norderstedt: Hilfe auf dem Weg zur Klimaneutralität
Was müssen Städte dafür tun, dass sie klimaneutral werden? Welche politischen Entscheidungen sind dafür notwendig? Hilfe bei diesen Fragen, die sich aktuell Kommunalverwaltungen und lokale Parlamente in aller Welt stellen, verspricht ein neues, digitales Tool mit dem Namen „Climate-4-CAST“. Das digitale Werkzeug, das einmal als Open-Source-Lösung verfügbar sein soll, wird aktuell noch entwickelt im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts unter Leitung der HafenCity Universität Hamburg. Die Stadt Norderstedt nimmt daran teil, zusammen mit Städten wie Aarhus (Dänemark), Riga (Lettland) oder Bytom (Polen). Die dafür notwendige Stabsstelle „Nachhaltiges Norderstedt“ in der Verwaltung wird mit 410.000 Euro von der EU bezuschusst. Hier werden auch zahlreiche Projekte und Initiativen aus Bereichen Klima- und Umweltschutz, aber auch für das gesellschaftliche Zusammenleben, federführend betreut. Mehr zum Thema unter www.norderstedt.de/klimaschutz