Henstedt-Ulzburg. Politische Mehrheit stellt sich gegen Verwaltung, fordert weitere Auf- und Abfahrt an der Autobahn. Pro und contra – die Argumente.
Was sich schon abgezeichnet hatte, wurde am späten Montagabend Realität: Keinesfalls will die Mehrheit der Politik in Henstedt-Ulzburg, dass die Bemühungen um eine zusätzliche Anschlussstelle an der Autobahn 7 eingestellt werden. Das hatten Bürgermeisterin Ulrike Schmidt und die Verwaltung zwar empfohlen – doch vier von sechs Fraktionen sehen das entschieden anders. Und haben nun eine große Debatte erst Recht entfacht.
Zur Vorgeschichte: Das Rathaus hatte dem Planungsausschuss zuvor mitgeteilt, dass man realistischerweise keine Chance sehe, eine neue Auf- und Abfahrt, und zwar auf Höhe der Kadener Chaussee, also auf halber Strecke zwischen Henstedt-Ulzburg und Alveslohe, zu bekommen. Grundsätzlich wäre eine solche Infrastrukturmaßnahme auch keine Entscheidung, die vor Ort im Ratssaal getroffen wird, sondern auf Landes- und Bundesebene.
A7: Neuer Anschluss für Henstedt-Ulzburg? Die große Debatte
Laut Gemeinde müssten bei der A7, formal eine sogenannte „Fernautobahn“, zwischen Anschlüssen mindestens acht Kilometer liegen. Vom Kadener Weg wären es allerdings nach Norden (bis zum AS Henstedt-Ulzburg) nur 3,2 Kilometer, nach Süden (bis Quickborn-Heide) 3,34 Kilometer. „Somit erübrigen sich weitere Planungsüberlegungen einer zusätzlichen Anschlussstelle zwischen Henstedt-Ulzburg und Quickborn.“ Übrigens: Auch hier ist der Abstand geringer als acht Kilometer (6,54 km).
Nicht einmal ansatzweise ist das Thema damit erledigt gewesen. CDU, FDP und BfB stellten einen Gegenantrag, den dann auch die SPD unterstützte. Sie stimmen der Verwaltungs-Analyse explizit nicht zu. „Es ist nicht ausreichend, wenn sich die Verwaltung auf Formalitäten wie Abstände zwischen Autobahnausfahrten zurückzieht“, sagt Jens Iversen, Fraktionschef der BfB. „Wie die Realität zeigt, entstehen Autobahnanschlüsse dort, wo sie gebraucht werden. Das sehen wir an der A23 und an vielen anderen Stellen rund um Städte und Metropolen. Henstedt-Ulzburg als Teil der dichtbesiedelten und verkehrsstarken Metropolregion Hamburg braucht dringend diese Entlastung!“
CDU will Bundestags- und Landtagsabgeordnete ins Boot holen
Aus Sicht der CDU hätte ein Anschluss große Vorteile. „Mit der Einrichtung dieser Autobahnanbindung wird der innerörtliche Verkehr wesentlich entlastet und die Verkehrsströme dorthin gelenkt, wo sie hingehören. Insbesondere auch vor dem Hintergrund der fehlenden westlichen Ortsumgehung stellt die weitere Autobahnanbindung eine gute Alternative dar“, sagt Michael Meschede, der den Ausschuss leitet. Daher wollen die Christdemokraten den Plan nicht „beerdigen“, kündigen vielmehr an, sich mit ihren Bundestags- und Landtagsabgeordneten für eine Umsetzung stark zu machen.
„Schon beim Ausbau der A7 2015 bis 2017 lag das Angebot einer weiteren Abfahrt bei Henstedt-Ulzburg auf dem Tisch und ist von der Gemeindeverwaltung, damals unter Bürgermeister Bauer, nicht konsequent verfolgt worden“, sagt FDP-Gemeindevertreter Stephan Holowaty. „Wir erwarten jetzt von der Gemeindeverwaltung kein ,Einknicken‘, sondern ein konsequentes Vorantreiben dieses für Region, Wirtschaft und Einwohner enorm wichtigen Projekts, zum Beispiel im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit und der kommunalen Spitzenverbände.“ Denn es sei „Kernaufgabe“ der Verwaltung, sich für die Interessen Henstedt-Ulzburgs einzusetzen.
SPD sieht das Land in der Pflicht: „Sonst ersticken wir im Stau!“
Und Nadine Braasch von SPD sieht das Land in der Pflicht: „Wenn das Land alle Bemühungen einstellt, den Verkehr von der Straße zu kriegen – Umsetzung Radschnellweg gestoppt, zukünftig Verschlechterung der AKN-Zeiten, keine Optimierung Hesebeck-Kreuzung oder Anbindung der Para-Klinik –, aber gleichzeitig Wohnungsbau in Henstedt-Ulzburg und den Nachbargemeinden vorsieht, dann ist die logische Konsequenz, dass wir aktiv werden müssen, um den Verkehr aus dem Ort zu kriegen. Ansonsten ersticken wir im Stau.“
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Doch es gibt eben auch andere Stimmen im Ort. Grüne und WHU sehen einen neuen A-7-Anschluss nicht als Lösung für die Verkehrsprobleme in Henstedt-Ulzburg. „Laut einer Erhebung entstehen die Probleme zu einem Großteil durch rein innerörtliche Fahrten. Verstärkte Überlegungen zum Ausbau des Radverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs bieten da unserer Meinung nach wesentlich zielführendere Lösungsansätze“, schreiben die Fraktionsvorsitzenden Wilhelm Dahmen (WHU) und Anja Hampel (Grüne) in einer gemeinsamen Mitteilung.
A7 Henstedt-Ulzburg: „Unseriös“, die Planung fortzuführen, so der Vorwurf von WHU und Grünen
Die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich eines Tages im Bereich Gut Kaden eine Auf- und Abfahrt geben könnte, tendiert aus ihrer Sicht „aufgrund der rechtlichen Vorgaben gen Null“. Und sie fragen: „Wie viel Zeit und welches Geld sollen hier weiter einfließen? Völlig unklar sind nämlich noch die Kosten, die eine weitere Verfolgung dieses Plans sowie ein möglicher Bau ohne finanzielle Unterstützung von Land, Kreis und vom Bund, der wohl kaum Gelder für einen Bau einer Autobahnausfahrt investiert und dabei gegen seine eigenen Vorgaben verstößt, verursachen würden.“ Es sei „unseriös“, die Planungen weiterzuführen.
Und während der Personalbedarf der Verwaltung budgetiert werde, Projekte wie die „Nette Toilette“ oder das Gemeindefest gestrichen würden, weil Geld fehle, solle „nun ein totes Pferd geritten werden“, so der Vorwurf. „Wir sind der Meinung, die Politik sollte unserer Bürgermeisterin und der Verwaltung nur diejenigen Projekte vorgeben, für die sie sich auch wirklich erfolgversprechend einsetzen können. Denn auch an solchen mangelt es uns in Henstedt-Ulzburg schließlich nicht.“