Wahlstedt/Kiel. Afghane soll seine Frau in Wahlstedt sexuell missbraucht haben. In ihrem Heimatland engagierte sie sich für Vergewaltigungsopfer.
Es ist die Geschichte einer fatalen Liebe, die am Dienstag vor dem Landgericht in Kiel verhandelt wurde. Angeklagt ist ein zur Tatzeit 30-jähriger Mann aus Afghanistan, der mit seiner 20 Jahre älteren Frau nach Deutschland geflohen war und in einer Unterkunft in Wahlstedt lebte. Ihm wird vorgeworfen, seine Ehefrau über Monate hinweg in der Unterkunft in Wahlstedt sexuell missbraucht und körperlich misshandelt zu haben.
Kennengelernt und geheiratet hatten die beiden in Afghanistan. Die Frau soll dort für eine Menschenrechtsorganisation gearbeitet haben. Angeblich kümmerte sie sich in dem von den radikalen Taliban regierten Land vorwiegend um Frauen, die Opfer von sexuellem Missbrauch geworden waren. Ihr Ehemann hatte nach eigenen Angaben in Afghanistan ein Wirtschaftsstudium absolviert und „eine Position im Finanzministerium“ inne.
Sexueller Missbrauch nach der Flucht nach Deutschland
Nach dem chaotischen Abzug des US-Militärs und auch der deutschen Bundeswehr aus Afghanistan gelang den beiden die Flucht aus dem krisengeschüttelten Land. In Deutschland angekommen, begann offenbar das Martyrium für die Frau. Die Helferin für sexuell missbrauchte Frauen wurde selbst zum Opfer.
Der Ehemann sitzt seit Oktober 2023 in U-Haft. Er schweigt zu den Vorwürfen der Vergewaltigung, gefährlichen Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung und Freiheitsberaubung. Auch vor Gericht werde er schweigen, teilte sein Verteidiger Urs-Erdmann Pause zum Prozessauftakt am Dienstag mit. „Er bestreitet die Vorwürfe.“
Sexueller Missbrauch: Aussage gegen Aussage
Die 20 Jahre ältere Ehefrau tritt im Prozess vor der 10. Strafkammer nicht als Nebenklägerin auf. Bei der Fortsetzung der Verhandlung Mitte Mai ist sie als wichtigste Zeugin geladen. Im Strafverfahren steht Aussage gegen Aussage. Deshalb hat das Gericht eine Psychologin als Sachverständige bestellt. Sie soll die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin begutachten.
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Laut Vorwurf der Staatsanwaltschaft wurde der Angeklagte schon kurz nach der Ankunft in Norddeutschland gewalttätig, wo das nach afghanischem Recht verheiratete Paar im Mai 2022 in der Landesunterkunft Bad Segeberg unterkam. Die Frau, die zwei Kinder aus einer früheren Beziehung hat, beantragte zunächst nur die räumliche Trennung und konnte im Juni 2022 in eine eigene Wohnung ziehen.
Niedergeschlagen, getreten, eingesperrt
Trotz ihrer Erfahrungen mit dem mutmaßlich aggressiven und eifersüchtigen Angeklagten besuchte sie ihn im August 2022 erstmals in seiner neuen Wohnung in der Unterkunft in Wahlstedt. Weil sie sich seiner Nachbarin als Ehefrau vorgestellt hatte, soll er sie mit der Faust niedergeschlagen, zu Boden gerissen und mit Füßen getreten haben. In der Folge litt sie „wochenlang unter Schmerzen“. Nach obszönen Beleidigungen soll der Angeklagte sie eingeschlossen haben, bevor er für Stunden die Wohnung verließ.
Als der Mann nachts zurückkehrte, soll er Geschlechtsverkehr gefordert haben. Als die Zeugin ablehnte, entkleidete und vergewaltigte er sie, so der Vorwurf. „Vergeblich versuchte sie ihn wegzudrücken. Die Folge waren vaginal starke Schmerzen.“ Danach soll der Angeklagte sie als „Nutte“ beschimpft und geschlagen haben.
Angeklagter drohte, sie umzubringen
Am 24. September soll der Angeklagte der Ehefrau „befohlen“ haben, ihn erneut in seiner Wohnung aufzusuchen. Dort soll er in Wut geraten sein, nachdem er ihr Smartphone kontrolliert und festgestellt hatte, dass sie die Telefonnummer eines Verwandten auf dem Handy gespeichert hatte. „Er schlug ihr auf die Arme, trat gegen ihr Schienbein, würgte sie und drohte ‚Ich bringe dich um!‘“, heißt es in der Anklage.
Erneut soll er die Zeugin entkleidet und auf erniedrigende Weise unter Ohrfeigen und Morddrohungen vergewaltigt haben. Danach misshandelte er sie mindestens 30 Minuten lang, indem er ihr mit einem schmalen Brett auf ihre Beine und den Rücken einprügelte, so die Anklage. Offenbar warf er ihr Fremdgehen vor. Erst als die Frau am Boden lag und sich nicht mehr rührte, soll er von ihr abgelassen haben.
Für den Prozess wurden neun Prozesstage vor dem Landgericht angesetzt. Wir werden über den Fortgang berichten.