Norderstedt/Kreis Segeberg. Kriminalitäts-Report 2023: Während Einbrecher inaktiver werden, nehmen andere Straftaten im Kreis Segeberg dramatisch zu.
Einbrecher mögen den Kreis Segeberg. In kaum einer anderen Region des Landes Schleswig-Holstein tummeln sich die Kriminellen so gerne, um in Häusern und Wohnungen Beute zu machen. Entsprechend intensiv bekämpft die Polizeidirektion Segeberg die Einbruchskriminalität. Und das zeigt jetzt angeblich Wirkung: In ihrem Kriminalitäts-Report 2023 verzeichnet die Kriminalpolizei 200 Wohnungseinbrüche im Kreis Segeberg. Das sei der niedrigste Stand seit Jahrzehnten – wobei man allerdings das Corona-Lockdown-Jahr 2021 mit 167 Fällen herausnehmen müsse.
Im Vergleich zum Jahr 2015 sind damit die Wohnungseinbruchsdiebstähle um 75 Prozent zurückgegangen. Jeder neunte Einbruch konnte aufgeklärt werden. Auch die Zahl der Einbrüche in Firmen und Gewerbebetrieben liegt mit 194 Fällen etwa um die Hälfte unter dem Wert von 2015.
Andreas Görs, Polizeidirektor im Kreis Segeberg, macht die gute Arbeit des Sachgebietes 4 der Kriminalpolizei Pinneberg (Sonderkommission Wohnung) hauptverantwortlich für den Rückgang. Das Sachgebiet 4 in der Polizeidirektion bearbeitet seit 2017 alle Einbrüche in den Kreise Segeberg und Pinneberg als Schwerpunkt. Zudem hat sie die Aufklärungsarbeit zum Einbruchsschutz in der Bevölkerung weiter intensiviert.
Ladendiebstahl: Innerhalb von zehn Jahren verdoppelt
In anderen Bereichen der Kriminalität gibt es keine so guten Nachrichten. Die Polizei hatte mehr zu tun als noch 2022. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Straftaten um 1882 auf 16.136 Fälle. Das entspricht einer Steigerung um 13,2 Prozent. Vor allem Raub und Körperverletzungen sind um 327 Fälle auf 2633 Straftaten gestiegen. Auch die Zahl der Ladendiebstähle hat mit 1362 Taten (plus 392 Taten) einen neuen Höchststand erreicht und sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt.
Der volkswirtschaftliche Gesamtschaden aller Straftaten wird von der Polizei mit 22,2 Millionen Euro angegeben. Dafür konnte die Polizei im Kreis Segeberg die Aufklärungsquote im Vergleich zum Vorjahr um 2,8 Prozentpunkte auf 52,8 Prozent verbessern.
Autoaufbrüche: Fallzahl hat sich halbiert
Aufbrüche von Kraftfahrzeuge lohnen sich offenbar für Diebe nicht mehr so, wie noch vor wenigen Jahren. Diese Delikte haben sich im Vergleich zu 2015 halbiert. Die Aufklärungsquote ist aber mit 4,6 Prozent ziemlich gering. 79 Fahrzeuge wurden gestohlen, zehn mehr als 2022, aber 42 weniger im Vergleich zu 2016. Auch bei den Fahrrädern ein Rückgang: Mit 791 Diebstählen blieb dieser Deliktbereich zum zweiten Mal nach 2021 unter der Zahl von 800 Fällen. 2015 sind noch 1200 Fahrräder verschwunden.
Landesweit sind die Straftaten um knapp 25.000 Fälle oder elf Prozent gesunken. So macht Polizeidirektor Görs auch „in erster Linie einzelne umfangreiche Strukturverfahren aus dem Vorjahr“ für den relativ hohen Anstieg der Straftaten im Kreis Segeberg verantwortlich. Das sind Fälle, die gleich mehrere Delikte ergeben und erst über einen längeren Zeitraum aufgeklärt werden konnten.
Keine Hochburgen der Kriminalität
So liegt der Kreis Segeberg im landesweiten Vergleich im Mittelfeld. Mit 5662 Straftaten je 100.000 Einwohner – sogenannte Häufigkeitszahl – liegt er unter dem Landesdurchschnitt von 6446 und weit unter den Werten der Kriminalitätshochburgen der kreisfreien Städte (10.322 in Lübeck bis 18.118 in Neumünster). Und von den Flächenkreisen lebt es sich in den Kreisen Pinneberg (6236), Ostholstein (5891) und Steinburg (5763) gefährlicher als hier. Im Kreis Plön ist es mit 3991 Taten je 100.000 Einwohner am sichersten.
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Es gibt auch keine besonderen Hochburgen der Kriminalität im Kreis Segeberg. Bad Segeberg liegt mit einer Häufigkeitszahl von 9961 zwar an der Spitze. Doch dafür müsste die Einwohnerzahl der Kreisstadt schon sechsmal so groß sein. Kaltenkirchen (6466), Norderstedt (5981), Bad Bramstedt (5544) und Henstedt-Ulzburg (5063) folgen dahinter. Bis auf Bad Bramstedt haben sich diese Werte allerdings im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Nur Bad Segeberg und Kaltenkirchen liegen dabei über dem Landesdurchschnitt.
Messerangriffe: Zahl der Fälle verdoppelt
Für die 9123 im Kreis Segeberg aufgeklärten Straftaten konnte die Polizei 7476 Tatverdächtige ermitteln. 2022 waren es noch 6144 Tatverdächtige. Drei Viertel von ihnen waren männlich und handelten allein. Jeder vierte ist vorher schon mal polizeilich in Erscheinung getreten. Etwa jeder dritte ermittelte Verdächtige hatte keine deutsche Staatsbürgerschaft. Jeder neunte Tatverdächtige ist nach Deutschland zugewandert. 267 der 1362 Ladendiebstähle und 334 der 2633 Roheitsdelikte gingen auf das Konto der Zuwanderer.
1697 Tatverdächtige, mehr als jeder fünfte, war unter 21 Jahre alt. Damit ist die Jugendkriminalität im Kreis Segeberg im Vergleich zum Vorjahr um 261 Tatverdächtige angewachsen.
Bei den Roheitsdelikten sind es vor allem die einfachen (1202) und schweren Körperverletzungen (372) und Raubtaten (121), die angestiegen sind. Auch die Zahl sogenannter Messerangriffe hat sich mit 111 Taten im Vergleich zum Vorjahr beinahe verdoppelt. Die Polizei, deren Beamte im Einsatz 58-mal tätlich (Vorjahr: 41) angegriffen wurden, zeigt aber mit einer Aufklärungsquote von 87,2 Prozent bei allen Roheitsdelikten, dass sie auf diesem Gebiet hellwach ist.
Fälle der Häuslichen Gewalt steigen an
In sieben Fällen musste die Polizei wegen Straftaten gegen das Leben ermitteln. Dabei handelte es sich um vier Verfahren wegen versuchten Mordes, darunter war ein Steinwurf von einer Brücke auf ein darunter fahrendes Fahrzeug. Die drei anderen Fälle betrafen einen Mord, einen Totschlag und eine fahrlässige Tötung. Sie konnten allesamt aufgeklärt werden.
Bei der Häuslichen Gewalt wurden im Kreis Segeberg 423 Fälle angezeigt (plus 29 im Vergleich zu 2022). Darunter waren 255 einfache und 43 gefährliche Körperverletzungen sowie 60 Bedrohungen und 29 Nachstellungen. Von den 432 Opfern dieser Partnerschaftsgewalt, wovon weit überwiegend Frauen betroffen waren, lebte die Hälfte (224) mit dem Täter in einem Haushalt. Für zwei von ihnen ging es dabei um Leib und Leben, 26 wurden gefährlich verletzt, in acht Fällen wurden Schutzbefohlene misshandelt und 14 Fälle betrafen den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen.
Insgesamt wurden 3644 Menschen im Kreis Segeberg (plus 544 Fälle) Opfer einer Straftat. Diese waren zu 60 Prozent männlich. Etwa jedes fünfte Opfer war ein Jugendlicher oder Heranwachsender und jedes zwölfte ein Kind beziehungsweise ein Senior über 60 Jahre.
Cannabis-Freigabe erleichtert Arbeit der Polizei
Bei den 629 Rauschgiftdelikten, die zu 82,5 Prozent aufgeklärt werden konnten, machten die mit Cannabiskonsum (436) mehr als zwei Drittel aus. Durch die zum 1. April dieses Jahres geltende Straffreiheit von Cannabiskonsum und –besitz bis zu 50 Gramm dürfte sich die Arbeit für die Polizei in diesem Bereich erheblich erleichtern.
Weitere Straftaten: Es gab im Kreis Segeberg 71 Brandstiftungen, von denen die Hälfte aufgeklärt werden konnte. Vermögens- und Fälschungsdelikte sind um knapp 100 auf 2384 Fälle im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Hier liegt die Aufklärungsquote bei 53 Prozent. Den größten Anteil machen dabei die 1627 Betrugsfälle aus, die um 150 Fälle gesunken sind und zur Hälfte aufgeklärt wurden. 1138-mal sind die Opfer über das Internet finanziell geschädigt oder betrogen worden. Zudem musste die Polizei sich mit 1578 Fällen von Sachbeschädigung und mit 725 Beleidigungen beschäftigen.