Kreis Segeberg. Land verpflichtet Behörden, Waffenbesitzer häufiger zu prüfen. Doch der Kreis Segeberg ist mit dieser Aufgabe bisher überfordert.

Das Land Schleswig-Holstein hat sein Waffengesetz deutlich verschärft und fordert von den zuständigen Kreisverwaltungen seit diesem Jahr deutlich mehr Kontrollen bei Waffenbesitzern als in den Vorjahren. Die regelmäßigen „Aufbewahrungskontrollen“ sollen jedes Jahr bei zehn Prozent aller Waffenbesitzer im Land erfolgen.

Das Problem: Viele Waffen- und Jagdbehörden können die gesetzliche Vorgabe nicht erfüllen. Der Kreis Segeberg etwa bekam im Dezember 2023 vom Kreistag zwar zwei weitere Vollzeitstellen für die Waffen-Kontrollen genehmigt. Aber bis jetzt sind die neuen Arbeitsplätze nicht besetzt. Und Kontrollen in den Waffenschränken zwischen Bad Segeberg und Norderstedt hat es kaum gegeben.

Für Kontrollen stellt der Kreis Segeberg extra zwei Mitarbeiter ein

Kontrollen ohne konkreten Anlass bei Waffenbesitzern sollen einen Beitrag zur öffentlichen Sicherheit leisten. Man will sicherstellen, dass Gewehre, Pistolen und Co sicher verwahrt sind und Unbefugte nicht an sie herankommen. Die Zehn-Prozent-Regel bedeutet für die Waffenbesitzer theoretisch, dass sie mindestens alle zehn Jahre damit rechnen müssen, einen Mitarbeiter der Kreisverwaltung vor der Tür stehen zu haben.

Doch die Waffenbehörde des Kreis Segeberg winkt ab. Es fehle an Personal. Es gebe 3428 Menschen im Kreis Segeberg, die im Besitz von 18.199 registrierten Waffen seien (Stand 2023). Das hieße: 350 Kontrollen pro Jahr – das ist nach Angaben der Kreisverwaltung mit dem jetzigen Personalbestand nicht zu schaffen. Die Experten gehen noch dazu davon aus, dass viele illegale Pistolen und Gewehre im Umlauf sind.

Hohe Hürden beim Erwerb von Waffen

Dem Innenministerium muss der Kreis aber jährlich eine Aufstellung der durchgeführten Aufbewahrungskontrollen übermitteln. Vor diesem Hintergrund beschlossen die Kreispolitiker die Personalaufstockung in der Jagd- und Waffenbehörde – und zwar einstimmig. Trotzdem müssen Waffenbesitzer in der nächsten Zeit nicht mit Kontrollen rechnen. „Die Stellen sind ausgeschrieben, aber noch nicht besetzt“, sagt Robert Tschuschke, Sprecher des Kreises Segeberg.

Waffen lassen sich legal nicht so einfach erwerben. Wer eine Waffe besitzen will, muss das 18. Lebensjahr vollendet haben und die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung nachweisen. Zudem muss die notwendige Sachkunde und das Bedürfnis für den Umgang mit Waffen – zum Beispiel als Jägerin oder Sportschütze – nachgewiesen werden. Laut Waffenbehörde müssen junge Erwachsene unter 25 Jahren ein fachpsychologisches Zeugnis über ihre geistige Eignung vorlegen, um eine Waffe erwerben zu dürfen. Die Waffen müssen nach Angaben der Kreisverwaltung in Schränken oder Tresoren aufbewahrt werden, die einen hohen Widerstandsgrad aufweisen.

Gewehre müssen in Stahlschränken aufbewahrt werden

Seine 38 Handfeuerwaffen hat Bernd Milkorb ebenfalls vorschriftsmäßig in Stahlschränken untergebracht.
Seine 38 Handfeuerwaffen hat Bernd Milkorb ebenfalls vorschriftsmäßig in Stahlschränken untergebracht. © Frank Knittermeier | Frank Knittermeier

Wer das alles erfüllen will, muss investieren. Bernd Milkorb aus Henstedt-Ulzburg ist kein Waffennarr, aber als ehemaliger Leistungssportler hat er sich im Laufe seines 80-jährigen Lebens eine größere Anzahl Schusswaffen zugelegt. Heute ist er kein aktiver Schütze mehr, weil in seinem Alter Kraft, Konzentration und Kondition schwinden. Aber er ist weiterhin zweiter Vorsitzender im Itzehoer Schützenverein und führt dort regelmäßig Aufsicht, wenn andere Clubmitglieder auf dem Schießstand stehen.

Waffenbesitzer Milkorb ist seit Jahrzehnten unkontrolliert

In seinem Haus bewahrt er zwölf Lang- und 38 Kurzwaffen mit der dazugehörenden Munition auf. Kurz und Langwaffen sind getrennt in Tresoren untergebracht. Die Munition liegt ebenfalls in Tresoren, die allerdings in anderen Räumen stehen. „Jede meiner Waffen ist bei der Waffenbehörde des Kreises Segeberg angemeldet“, sagt Bernd Milkorb. Eine Kontrolle hat er innerhalb von mehreren Jahrzehnten jedoch noch nie erlebt. „Die Kontrolleure können jederzeit zu mir kommen“, sagt er. „Damit hätte ich kein Problem.“

Wie viele tausend Euro der Henstedt-Ulzburger im Laufe der Jahre in seine Waffen und in die Waffentresore investiert hat, weiß er heute nicht mehr. Eine Kleinigkeit wird es nicht gewesen sein: Feuerfeste Tresore oder Wertschutzschränke kosten heute im Fachhandel je nach Größe bis zu 1400 Euro.

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Auch in anderen schleswig-holsteinischen Landkreisen wird die Vorgabe des Innenministeriums selten erfüllt. Aber es gibt auch Wafffenbehörden, die vorbildlich arbeiten: Nordfriesland hat 14 Prozent der dortigen Waffenbesitzer kontrolliert. Auch die Kreise Rendsburg-Eckernförde und Pinneberg haben die Vorgaben erfüllt. Die Stadt Kiel hat 2023 einen Mitarbeiter eingestellt, der sich nahezu ausschließlich um die Kontrollen vor Ort kümmert. Auch die Kreise Plön und Stormarn haben ihr Personal aufgestockt.

Hunderte illegal gelagerte Gewehre in Husum

Nach übereinstimmenden Angaben aus den Kreis- und Rathäusern stünden die meisten Waffenbesitzer den Kontrollen grundsätzlich positiv gegenüber, da sie sich der Gefahren von Schusswaffen bewusst seien. Die meisten Kontrollen im Land verlaufen den Angaben zufolge unauffällig. Dennoch komme es immer wieder zu Beanstandungen: oft seien es aber eher Kleinigkeiten, wie ein nicht richtig verankerter oder zu leichter Waffenschrank.

Ein besonderer Fall beschäftige im vergangenen Monat den Innen- und Rechtsausschuss des Landtages. Bei einem Waffennarren aus Husum waren Hunderte von Gewehren sichergestellt worden. Der Mann beschwerte sich über die Waffenkontrolle: Sie sei nicht korrekt verlaufen.

Im Kreis Rendsburg-Eckernförde hatte ein älterer Waffenbesitzer seine Waffe auf dem Waffenschrank gelagert. Im gesicherten Inneren des Schranks lag hingegen nur eine Bibel. Dem Mann wurde die Erlaubnis, Waffen zu besitzen, entzogen. In Flensburg fanden Kontrolleure geladene Waffen in einem Nachttischchen.