Kreis Segeberg. Viel weniger Übernachtungen als Nachbarkreise: Warum Gäste zwischen Norderstedt, Bad Bramstedt und Bad Segeberg nicht länger verweilen.

Karl-May-Spiele in Bad Segeberg, Segeberger See, Wildpark Eekholt und HolstenTherme in Kaltenkirchen – im Kreis Segeberg gibt es viele Möglichkeiten, seinen Urlaub zu verbringen. Trotzdem zeigen Erkenntnisse einer Studie der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Kreises Segeberg (WKS) für das Jahr 2022, dass ungefähr zwei Drittel der Umsätze im Bereich Tourismus im Kreis Segeberg von Tagesgästen ausgehen. Mehr als neun Millionen Tagesreisen waren es 2022 in den Kreis Segeberg, dem gegenüber stehen nur etwa 1,2 Millionen Aufenthaltstage mit Übernachtung.

Das Hamburger Abendblatt geht den Ursachen auf den Grund. Wie kann man den Kreis attraktiver für Gäste machen, damit diese auch länger bleiben? Können prominente Namen wie Uwe Seeler oder Karl Lagerfeld helfen, um Touristinnen und Touristen in den Kreis zu locken?

Tourismus im Kreis Segeberg: Die meisten Besucher bleiben nur einen Tag – warum?

Die Macher der Studie haben dabei den Kreis mit der Holsteinischen Schweiz im Jahr 2018 verglichen. Auffällig ist, dass sich die Urlauberinnen und Urlauber in der Holsteinischen Schweiz im Durchschnitt länger aufhalten als im Kreis Segeberg. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der Holsteinischen Schweiz betrug im Jahr 2018 4,1 Tage, im Kreis Segeberg im Jahr 2022 hingegen nur 2,7 Tage. Woran liegt das?

Marit Burmeister, Tourismusmanagerin der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Kreises Segeberg, begründet diesen Unterschied damit, dass es im Kreis an der Zahl weniger Übernachtungsbetriebe gebe. In der Hauptsaison seien diese auch extrem ausgelastet. Gut 30 Prozent der Übernachtungen entfallen auf Hotels, weitere knapp 30 Prozent auf den Campingbereich. Hinzu kommen Klinikbesucher und Privatvermietung.

Derzeit entwickelt die WKS eine Tourismusstrategie, um die touristischen Angebote im Kreis langfristig auszubauen und den Kreis attraktiver für Touristinnen und Touristen zu machen. Mit 350 Millionen Euro Gesamtumsatz im touristischen Bereich habe man „Lust auf mehr“, erklärt Burmeister weiter.

Hotel-Mangel: Experte fordert mehr private Investitionen

Doch wo liegt überhaupt die Problematik? Professor für Tourismus- und Destinationsmanagement Heinz-Dieter Quack der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften zufolge müsse es in einer Region ein oder mehrere Besuchsgründe, darüber hinaus auch Bleibegründe, geben, damit sie für längere Urlaube attraktiv sei. In Bad Segeberg selbst gebe es nicht viele Hotels, erklärt der Tourismusexperte. Wenn man zudem die Region betrachte, sei die Entfernung zum Naturpark Holsteinische Schweiz gering, der mehr Beherbergungsangebote biete.

Für ein besseres Beherbergungsangebot sei die Privatwirtschaft zuständig, öffentliche Investitionen können keine Hotellerie schaffen, erläutert der Tourismusexperte. Allerdings könne die öffentliche Hand in Freizeit- und Kulturangebote investieren, damit die Region für privatwirtschaftliche Investitionen in die Hotellerie attraktiver werde.

Beliebt für Wanderungen: Das Henstedter Moor in Henstedt-Ulzburg ist seit 2017 ein Naturschutzgebiet.
Beliebt für Wanderungen: Das Henstedter Moor in Henstedt-Ulzburg ist seit 2017 ein Naturschutzgebiet. © Christopher Mey | Christopher Mey

Den Kreis Segeberg zeichnet vor allem die Natur aus: Erleben kann man diese beispielsweise im ErlebnisWald Trappenkamp oder der Kleinen Arche Wahlstedt. Für Urlauberinnen und Urlauber, die gerne wandern oder Fahrrad fahren, ist der Kreis sehr attraktiv.

Um den Bereich Natur stärker hervorzuheben, könne man ihn laut Quack „touristisch aufwerten und inszenieren“. Insbesondere die Seen und Seenlandschaften in der Region könne man touristisch nutzen, etwa dem Beispiel der Mecklenburgischen Seenplatte folgend. Aufgabe der Naturparks sei es auch, sowohl Umweltbildung als auch Freizeitangebote zu schaffen, erklärt der Experte.

Promi-Faktor: Auf den Spuren von Uwe Seeler und Karl Lagerfeld

Da man aber natürliche Begebenheiten nicht verändern kann, fragt sich das Hamburger Abendblatt: Was kann man machen, um die Region rund um die Kreisstadt Bad Segeberg attraktiver für Touristinnen und Touristen zu gestalten? Der erste Gedanke dabei ist natürlich – Prominenz! Denn es gibt große Namen, die eng mit dem Kreis verbunden sind.

Uwe Seeler beispielsweise. Die HSV-Vereinslegende ist weltweit bekannt und lebte jahrzehntelang in Norderstedt. Warum hat die Stadt dem ehemaligen Nationalmannschaftskapitän noch kein Denkmal gesetzt? Zugegebenermaßen muss es kein Uwe-Seeler-Fuß in 20-facher Größe sein wie vor dem Volksparkstadion in Hamburg. Allerdings sind jegliche Ideen und Diskussion nach seinem Tod im Jahr 2022, wie man dem „größten HSVer aller Zeiten“ gebührend gedenken könne, verebbt. Bis heute gibt es kein Museum, noch nicht einmal eine nach ihm benannte Straße in Norderstedt.

Neben Norderstedt hat allerdings auch Bad Bramstedt eine Geschichte mit einem verstorbenen Weltstar: Modeikone Karl Lagerfeld verbrachte dort 14 Jahre seiner Kindheit und Jugend. Heute erinnert lediglich ein gemaltes Konterfei auf einem Trafokasten an Lagerfeld. Er lebte in Bad Bramstedt auf dem Gut Bissenmoor, das Gebäude riss die Stadt später ab. Auf dem Gelände sind allerdings noch einige Überreste des Gutes zu sehen. Konkrete Pläne, wie man dem Modeschöpfer in Bad Bramstedt gedenken oder die gemeinsame Vergangenheit touristisch nutzen könnte, gibt es keine.

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Die „reine Botschaft reicht nicht“, erklärt der Professor für Tourismusmanagement. Es „muss etwas Sichtbares“ sein, etwas, dass man erleben könne – nur dann wecken prominente Namen Interesse bei den Menschen, erläutert Quack weiter. Allerdings weist er in diesem Zuge darauf hin, dass solche Attraktionen meist nur für am Thema interessierte Menschen attraktiv sind.

Bei Museen sei stets die „Art und Weise, wie die Inhalte vermittelt werden“, entscheidend dafür, wie es angenommen wird, erklärt Quack. Beim Beispiel Karl Lagerfeld könnte beispielsweise eine Inszenierung mit persönlichem Werdegang, dem Thema Mode und seinem Einfluss auf den Lifestyle eine Möglichkeit sein, führt der Experte aus. Uwe Seeler sei hingegen eng mit Hamburg verbunden, was die touristische Nutzung für Norderstedt erschwere.