Norderstedt. Wie der neue Chef des Centers verlorene Kundschaft der Corona-Jahre zurückgewinnen will. Welche Läden demnächst einziehen.
Es ist seit Jahrzehnten die erste Einkaufsadresse für viele Norderstedter: das Herold Center am U-Bahnhof Garstedt. Rund 30.000 Menschen kaufen hier ein – pro Tag. Aber im Center spürt man auch die Folgen von Corona und Ukraine-Krieg, die dem Einzelhandel deutschlandweit zu Schaffen machen. Jetzt hat das Einkaufszentrum mit Carsten Gogol einen neuen Leiter, der es in die Zukunft führen will.
Gogol, 53 Jahre alt, ist seit Mitte Juni Chef der Abteilung Centermanagement, die zehn Mitarbeiter hat. Er übernahm den Posten von Agâh Schaumburg, der das Herold Center nur ein gutes Jahr lang leitete und mittlerweile Manager eines ECE-Einkaufszentrums in Thüringens Landeshauptstadt Erfurt ist.
Norderstedt: Herold Center – „Ein Ort, wo man noch echte Menschen trifft“
Gogol, geboren in Bielefeld, ist studierter Diplomkaufmann und lebt mit seiner Familie in Hamburg. In der Welt der Einkaufszentren ist er seit Jahrzehnten beruflich zu Hause. Zuletzt war er neun Jahre lang Centermanager der „Hamburger Meile“ in Hamburg-Barmbek, die – wie das Herold Center und auch das AEZ in Hamburg-Poppenbüttel – zur ECE Group gehört. Auch das AEZ leitete Gogol vor Jahren eine Weile, außerdem hat er in seinem Berufsleben Einkaufszentren in Bayern, NRW und anderen Bundesländern geführt.
Nun also das Herold Center. Wie es ihm hier gefällt, formuliert er so: „Ich war positiv überrascht. Das ist ein toller Standort. Ich bin innerhalb der ersten Wochen ein Fan geworden.“ Das Center sei schon etwas Besonderes, „es ist wirklich der Mittelpunkt von Norderstedt, was das Einkaufen angeht. Wir haben sehr viele Stammkunden.“
Und dann die gute Verkehrsanbindung mit U-Bahn und Bussen, sowie die Tatsache, dass das Center auch Nahversorger für die Mieter in den Wohntürmen ist, „das ist schon eine einzigartige Kombi“, sagt Gogol. Dass das Gebäude von 1971 etwas in die Jahre gekommen, eine „schon etwas ältere Lady“, sei, ist Gogol natürlich aufgefallen. Aber er betont, dass erst vor zwei Jahren eine siebenstellige Summe aufgewendet wurde, um das Center von innen „aufzufrischen“.
Herausforderungen: „Kaufzurückhaltung“ und Fachkräftemangel
Was sind aktuelle Herausforderungen für das Centermanagement? Carsten Gogol sagt: „Wir arbeiten noch daran, die Kunden nach den Corona-Jahren zurückzuholen. Die kommen zwar auch, aber wir sind zurzeit noch hinter dem Niveau von 2019.“
Dann Russlands Krieg gegen die Ukraine, mit den Folgen gestiegener Energiepreise und hoher Inflation: „Die Menschen sind vorsichtig unterwegs, halten sich beim Kaufen zurück. Und das merken wir natürlich auch.“ Auf der anderen Seite gibt es den Fachkräftemangel, den Gogol als „große Herausforderung“ bezeichnet. „Fast alle Mieter suchen Personal. Die Chancen für Arbeitssuchende sind im Moment ideal.“
Ist das Internet die große Konkurrenz für die Einkaufszentren – und damit eine existenzbedrohende Gefahr? Gogol formuliert es so: „Das Internet ist natürlich ein Thema. Aber 75 Prozent der Handelsumsätze in Deutschland sind immer noch stationär. Das heißt, das die Menschen das auch wollen. Und wir wollen mit dem Herold Center der Ort sein, wo man noch echte Menschen trifft und eine gute Zeit haben kann.“
Leerstand „unter fünf Prozent“ – aber Gerry Weber schließt Ende September
Die Leerstandsquote liegt im Herold Center aktuell bei „unter fünf Prozent“, so Gogol, und damit „unter dem bundesweiten ECE-Durchschnitt“, wie er sagt. Dennoch musste das Center in jüngster Zeit einige Abgänge verkraften. Nach der Insolvenz des Schuhhändlers Görtz schloss auch die Filiale im Herold Center.
Auch die „Gerry Weber“-Filiale muss schließen, wie viele Niederlassungen des Modeherstellers. Sie wird Ende September das Herold Center verlassen. Ein ganz ähnliches Schicksal traf bereits die Filiale der Schuhkette „Reno“, sie wurde – wie viele deutschlandweit – abgewickelt. „Party Fiesta“ im Herold Center strich ebenfalls die Segel.
Kette „Pepco“ eröffnet Ende August Filiale auf der ehemaligen „Reno“-Fläche
Die Nachvermietung sei aber in vollem Gange, versichert Carsten Gogol. „Ende August eröffnet Pepco auf der ehemaligen Reno-Fläche.“ Pepco, ein Unternehmen mit Sitz in London, bietet Kleidung, aber auch Home Accessoires an.
Gute Nachrichten kann Gogol auch für die ehemalige Fläche von „Party Fiesta“ verkünden: Man sei in Gesprächen, „die Nachvermietung wird kurzfristig erfolgen.“ Es sollen dann wieder Partyartikel an dem Ort erhältlich sein. Die ehemalige Görtz-Fläche hat schon Anfang des Jahres das Modegeschäft „Only“ übernommen. „Damit haben sie jetzt eine fast doppelt so große Fläche“, sagt Carsten Gogol.
Wie sieht er die Zukunft des Herold Centers, wie möchte er es aufstellen? Dazu sagt Carsten Gogol: „Wir sind einfach hier der Nahversorger und wollen das auch bleiben. Mir sind die lokalen Themen, die Verzahnung mit Norderstedt, ganz wichtig.“
Gogol will Zusammenarbeit mit Sportvereinen, Schulen, Kulturinstitutionen stärken
Konkret bedeutet das: Gogol möchte die Zusammenarbeit mit Sportvereinen, Schulen, Kulturinstitutionen intensivieren. „Wir sind da in vielen Gesprächen“, sagt er. Denkbar seien weitere Veranstaltungen wie die jährlichen „Schachtage“.
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Erst kürzlich hat im Herold Center, auf einer ehemaligen Gewerbefläche, eine Ausstellung zur Norderstedter Stadtgeschichte eröffnet, die „sehr gut angenommen wird“, wie Gogol sagt. Hier möchte er weitermachen. „Die Ausstellung läuft bis Ende September, wir können uns aber auch vorstellen, sie zu verlängern. Und wir wollen den Raum in Zukunft ähnlich nutzen, zum Beispiel könnten Norderstedter Künstler hier ihre Arbeiten zeigen.“
Zukunftsaussichten: E-Gaming und Co-Working im Herold Center?
Grundsätzlich solle das Center „der Ort sein, wo man sich trifft, wo man gerne hingeht“, sagt Carsten Gogol. Und deshalb denkt er mit seinem Team auch darüber nach, welche „Entertainment-Konzepte“ man noch realisieren könne. „Wir könnten uns da was im Bereich E-Gaming vorstellen“, sagt er.
Auch im Bereich Vermietung sei man keineswegs nur auf Geschäfte und Gastronomie festgelegt. „Das Thema Dienstleistung ist auch wichtig. Und im Bereich Co-Working sind wir auch ganz offen.“ Junge Freiberufler aus der Kreativ-Branche, die im Einkaufszentrum arbeiten – auch so ein Bild könnte das Herold Center in Zukunft prägen.