Norderstedt. Spieler, Manager, Platzwart– und die Wäsche macht er auch: Michael Ulbricht lebt beim HSV in Norderstedt seine Fußballromanze.
Die Sache mit der Anzeigetafel – die war Michael Ulbricht pur. Ein Heimspiel des HSV III in der Hinrunde der Landesliga in Norderstedt. Die Rothosen, Spitzenreiter der Liga, erzielen einen Treffer. Doch – was ist das? Der Treffer erscheint nicht auf der digitalen Anzeigetafel auf der Paul-Hauenschild-Anlage. Manche Zuschauer zucken nur mit den Achseln.
Da gellt ein energischer Ruf über den Platz zur HSV-III-Bank. Abwehrspieler Ulbricht fordert die korrekte Anzeige. Was sofort geschieht. „Ich bin im Spiel total fokussiert auf meine Aufgabe auf dem Feld – aber ich habe meine Augen trotzdem noch rechts und links, um andere Sachen mitzubekommen“, sagt Ulbricht. Er gibt eben in jeder Situation stets mehr als 100 Prozent für seinen HSV.
Spieler, Manager, Platzwart – und die Wäsche macht er auch
„Sehr viele Stunden“ engagiert sich Ulbricht für Hamburgs größten Fußballverein. „Ich will es so und empfinde alle meine Tätigkeiten als sinnvoll“, sagt er. Für seine Stelle als stellvertretender Anlagenleiter der Paul-Hauenschild-Anlage mit Schwerpunkt Fußball wird Ulbricht bezahlt. Darüber hinaus ist er ehrenamtlich für seinen HSV aktiv. Er kickt nicht nur beim HSV III, sondern ist Sportlicher Leiter des Teams. Transfers, Vertragsverlängerungen, die komplette Kaderplanung liegt in seinen Händen.
Was Ulbricht aber noch lange nicht reicht. Er empfängt bei Spielen zusätzlich die Schiedsrichter und betreut sie, wäscht und trocknet Wäsche für sein Team, legt in der Kabine die Trikots für die Spieler aus. Ulbricht half beim Bemalen des Umkleidehauses mit HSV-Motiven („Das sah vorher zu steril aus!“), bildete sich 2023 als Platzwart weiter, um ab und zu selbst Hand am grünen Rasen anlegen zu können.
Inspiration beim Greenkeeper des FC Bayern München
Kürzlich besuchte er Greenkeeper Klaus Peter Sauer vom großen FC Bayern München, vor dem Bundesligaspiel der Bayern gegen Union Berlin, um in den Arbeitsalltag des mehrfachen „Pitch oft the year“-Titelträgers („Platz des Jahres“) hineinzuschnuppern.
Und selbstredend kümmert er sich auch um den Kontakt zu den Leuten, die genauso ticken wie er. Zu Ulbrichts Greenkeeper-Team zählt ein Mitglied der aktiven HSV-III-Fanszene, die bei jedem Heimspiel der Jungs dabei ist. Der HSV-Spieler-Manager-Platzwart Ulbricht steht also im ständigen Austausch mit dem 12. Mann. Und er lässt es sich auch nicht nehmen, die Mannschaftsabende zu organisieren und gemeinsam mit dem Verein die Sponsorensuche für den HSV III voranzutreiben.
Ulbricht ist bekennender Fußballromantiker
Michael Ulbricht ist der Mr. Überall beim HSV in Norderstedt. „Selbst wenn ich daheim bin, setze ich mich oft noch an den Laptop, um etwas für meinen Verein zu klären. Könnte er reden, würde mein Hund sich wohl noch deutlicher bei mir beschweren“, sagt Ulbricht und lacht. Noch nicht mal im Urlaub kann Ulbricht auf den Kontakt zur Raute verzichten: Dann fährt er schnell mal eben zur Hauenschild-Anlage, nur um nachzusehen, ob auch wirklich alles in Ordnung ist.
Jeder Verein braucht Menschen wie Michael Ulbricht. Aber was treibt ihn an? Die Antwort ist so einfach, wie schön: Ulbricht ist Fußballromantiker. Dem Old-School-Fußballgedanken steht er nahe, liebt den im Amateurfußball sehr unmittelbaren Kontakt zu den Fans und deren stimmungsvoller Unterstützung. Der überdrehte Profi-Fußball mit seinen Ablösesummen jenseits der 100-Millionen-Euro-Grenze – darüber kann Ulbricht hingegen nur mit dem Kopf schütteln.
Einst wollte er selbst Profi werden, legte sein Leben komplett darauf aus. Doch der Traum platzte, er verpasste den Sprung nach ganz oben, wenn auch nur ganz knapp. Aber Ulbricht machte unbeirrt weiter und spielt bis heute immerhin im gehobenen Amateurbereich. 2015 wechselte der gebürtige Plauener aus der Hessenliga vom FC Bayern Alzenau zum HSV III.
„Ich war schon immer perfektionistisch veranlagt!“
„Meine Identifikation mit dem HSV wuchs schnell und von Tag zu Tag. Der Club hat eine ungeheure Strahlkraft. Dazu kam, dass ich schon immer etwas perfektionistisch veranlagt war und auch im Amateurfußball stets ordentliche Bedingungen für alle ganz cool fand“, sagt Ulbricht.
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So blieb er beim HSV III, an einen Wechsel zu einem anderen Verein verschwendet er keinen Gedanken. „Ich schaffe durch mein berufliches und durch mein privates Engagement die Voraussetzungen, damit sich andere Menschen auf der Paul-Hauenschild-Anlage und im Team des HSV III wohlfühlen. Das motiviert mich sehr“, sagt Ulbricht.
Knorpelschaden im Knie: Endet die Kicker-Karriere?
Über die Fortsetzung seiner Karriere als Spieler im Sommer hat er noch nicht entschieden. Sein vor einigen Jahren erlittener Knorpelschaden im linken Knie schränkt ihn nicht ein. Doch auch ein Karriereende mit der Rückkehr als Aufsteiger in die Oberliga Hamburg hätte ja was.
„Wir starten mit vier Punkten Vorsprung ins neue Jahr. Natürlich wollen wir Meister werden und aufsteigen. Und ich bin optimistisch, dass wir das schaffen“, sagt Ulbricht. An Ideen für die große Feier wird es ihm sicher nicht mangeln.