Henstedt-Ulzburg. Das 218 Hektar große Areal, das größtenteils zu Henstedt-Ulzburg gehört, soll Naherholungsgebiet für die Menschen in der Region sein.
Angelika Bretschneider vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein kennt das Henstedter Moor besser als die meisten Einheimischen: Schon vor 35 Jahren hatte sie es als mögliches Naturschutzgebiet im Blick. 1990 wurden die ersten Weichen gestellt, aber erst 2008 ist das Verfahren richtig in Gang gekommen. Jetzt freut sich die Mitarbeiterin vom Dezernat Biodiversität des Landesamtes über den Abschluss des von ihr vorangetriebenen Verfahrens. Mit Beginn des Frühjahrs 2017 steht das Henstedter Moor unter Naturschutz. Das 218 Hektar große Gebiet liegt überwiegend in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg, aber auch auf Teilgebieten der Stadt Norderstedt und der Gemeinde Tangstedt.
Das etwa 10.000 Jahre alte Moor wird sich verändern. Nicht von heute auf morgen, aber schon bald werden die ersten Auswirkungen zu erkennen sein. Im Laufe des kommenden Jahres, so schätzt Angelika Brettschneider, rücken die ersten Bagger an, um zunächst auf der Westseite des Moores Gräben abzuflachen oder zu verfüllen. Langfristiges Ziel ist die Wiedervernässung des Moorkernbereichs, um eine Renaturierung des Moores zu erreichen. Angelika Brettschneider denkt in Jahrzehnten: „In 20 bis 30 Jahren wird das Moor möglicherweise wieder intakt sein“, sagt die Moorexpertin, die der Gemeinde Henstedt-Ulzburg ein großes Lob ausspricht: „Es kommt nicht oft vor, das eine Kommune sich nicht nur gegen die Ausweisung eines Naturschutzgebietes sträubt, sondern es sogar einfordert und alle damit verbundenen Maßnahmen unterstützt.“
Durch Torfabbau, Kultivierung und teilweise Besiedlung sind nur noch Restmoore übriggeblieben. Der Charakter des Moor-Heide-Gebiets hat sich im Laufe der Jahrhunderte dermaßen verändert, dass die natürlichen Voraussetzungen für eine Hochmoorregeneration fehlen. „Unser Ziel ist es deshalb, die möglichst ungestörte Entwicklung des Wasserhaushaltes der Moorflächen und ihrer Randbereiche sowie die Erhaltung und Förderung von Heideflächen zu erreichen“, sagt Angelika Brettschneider.
Flächen werden nur noch extensiv bewirtschaftet
Mit ersten Renaturierungsarbeiten war bereits vor zwei Jahren begonnen worden: Auf einer ehemaligen Heidefläche wurde die Grasoberfläche mit Maschinen „abgeplaggt“. Bei einem Rundgang mit Vertretern der Gemeinde sowie der Kreisverwaltungen Segeberg und Stormarn konnte die Fachfrau für Moore auf erste zarte Erfolge hinweisen: Aus der kargen sandigen Oberfläche sprießen hier und da Heidepflanzen, die von Laien erst bei näherer Betrachtung als solche zu erkennen sind. „Die Samen überleben viele Jahre in der Erde“, sagt Johannes Engelbrecht, Naturschutzbeauftragter der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. Auch die zarten Pflänzchen sind schon so robust, dass menschliche Stiefel oder Hufe von Tieren ihnen nichts ausmachen. In den nächsten Jahren wird hier wieder Heide wachsen.
Nicht alle Henstedt-Ulzburger freuen sich über die Ausweisung als Naturschutzgebiet. Viele Landwirte mussten sich in den vergangenen Jahren von ihren Ländereien, die jetzt nur noch extensiv bewirtschaftet werden dürfen, trennen. Für sie wurden Ersatzländereien zur Verfügung gestellt. Spaziergänger und Hundehalter müssen sich darauf einstellen, dass sie demnächst nicht mehr alle Trampelpfade quer durch das Gelände nützen können: Die Wiedervernässung ganzer Moorbereiche machen Fußmärsche dann unmöglich.
Es soll Holzbohlenpfade und Informationstafeln geben
Da das Henstedter Moor auch weiter ein Naherholungsgebiet bleiben soll, werden vorhandene Wanderwege, aber teilweise auch im Laufe von Jahrzehnten entstandene Trampelpfade genutzt, um Rundwege zu schaffen. Auch an Holzbohlenpfade, einer Beobachtungsplattform und Besucherinformationstafeln wird gedacht. Seit einigen Tagen weist am Rande des Wanderweges zwischen Wilstedter Straße und dem Togenkamp ein Schild mit Eule auf die Veränderung des bisherigen Landschaftsschutzgebietes zu einem Naturschutzgebiet hin. Für Hundehalter hat das Konsequenzen: Hier müssen die Tiere an der Leine geführt werden.
Zertifizierte Natur- und Landschaftsführer wie Monika Weber aus Kaltenkirchen werden ein Auge auf dieses Gebiet haben und Hundehalter freundlich auf die Anleinpflicht hinweisen. „Wir hoffen auf die Einsicht der Hundehalter“, sagt Bürgermeister Stefan Bauer, der auch an der Exkursion durch das neue Naturschutzgebiet teilnahm. Das neue Naturschutzgebiet grenzt direkt an das seit 2004 bestehende und 907 Hektar große Naturschutzgebiet Oberalsterniederung. Die Moor- und Heideflächen, Nasswiesen, Sümpfe, naturnahe Laubwälder, Grünland und Knicks bietet Lebensraum für seltene und teilweise europaweit gefährdeter Tier- und Pflanzenarten.
Die Gesamtfläche aller 16 Naturschutzgebiete im Kreis Segeberg vergrößert sich damit auf 2611 Hektar. Der Kreis Stormarn verfügt über 18 Naturschutzgebiete (3734 Hektar).