Kreis Segeberg. Obwohl es seit 2018 regelmäßig Dürreperioden gibt, fällt der Grundwasserspiegel nicht. Warum der Dauerregen auch den Wäldern guttut.

Dürre im Sommer, wochenlanger Regen im Herbst und Winter: Die Katastrophenmeldungen reißen nicht ab. Aber Tatsache ist: 2023 war ein gutes Jahr für den Grundwasserspiegel – vor allem in Schleswig-Holstein. In den tiefen Erdschichten ist reichlich Wasser vorhanden. Diese Bilanz zieht des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ).

Im Juni sah es im Kreis Segeberg so aus: seit Wochen kein Regen, leidende Pflanzen, steigende Waldbrandgefahr. Die Landwirte machen sich Sorgen um ihre Ernten, die Feuerwehren stehen unter Alarmbereitschaft, die Alsterquelle droht erneut zu versiegen. Das Wasserwerk Bornhöved registriert einen so hohen Wasserverbrauch, dass über eine speziell geschaltete Warn-App zum Wassersparen aufgerufen wird.

Dauerregen – die Grundwasserspeicher füllen sich

Im Kreis Segeberg waren die Böden bis 1,8 Meter Tiefe „ungewöhnlich trocken“. So zeigte es der laufend aktualisierte Dürremonitor des Leipziger Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung im Sommer 2023 an. Für Schleswig-Holstein und die meisten anderen Länder in Deutschland war das der aktuelle Spitzenwert. Im Mai hatte das Recherchenetzwerk „Correctiv“ Alarm geschlagen: Das Grundwasser sei an vielen Orten in Deutschland auf das tiefste Niveau seit mehr als 30 Jahren gefallen.

Jetzt sieht die Welt völlig anders aus. Eine Meldung des Leipziger Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung sorgt derzeit für Aufmerksamkeit: Die Grundwasserstände steigen in ganz Deutschland deutlich an. Entwarnung also für einen Notstand, den es in Schleswig-Holstein nie gab. In vielen Regionen in der Welt ist Wasser knapp, in Schleswig-Holstein nicht. Darauf weist das schleswig-holsteinische Umweltministerium hin.

In Dürrezeiten herrscht Ausnahmezustand in der Natur

Danach sei der Pegelstand des Grundwassers stabil und drohe auch bei längeren Trockenperioden nicht auffällig abzusinken. Warum es in trockenen Sommern seit einigen Jahren dennoch zu Katastrophenmeldungen über den Zustand der Natur kommt, erklärt Florian Schmidt, Wasserexperte beim BUND Schleswig-Holstein. Die Sommermonate in den vergangenen fünf Jahren seien deutlich zu trocken gewesen, sodass es regelmäßig zu einer ausgeprägten oberflächlichen Dürre komme. „Dann herrscht ein Ausnahmezustand für Natur und Landwirtschaft.“

Insgesamt gebe es aber keinen Grund zur Panik; denn ausreichend Trinkwasser ist in Schleswig-Holstein immer vorhanden. „Schleswig-Holstein lebt vom tiefen Grundwasser“, sagt der BUND-Mitarbeiter.

Regenwasser sinkt 50 Jahre lang in tiefe Bodenschichten

In der Praxis bedeutet das: Das jetzt auf den Feldern stehende Wasser sinkt langsam ab, durchläuft die verschiedenen Bodenschichten von Sand und Lehm und landet schließlich mehrere Hundert Meter tief im unterirdischen Wasserspeicher. „Das kann bis zu 50 Jahre oder auch länger dauern“, sagt Florian Schmidt.

Nach den Berechnungen des Umweltministeriums werden einem Jahr rund 2,3 Milliarden Kubikmeter Grundwasser neu gebildet. Davon werden im Schnitt nur zehn Prozent für die öffentliche Trinkwasserversorgung genutzt. Der Rest fließt unterirdisch in Nord- und Ostsee, verdunstet und regnet an Land wieder ab.

Norderstedter bekommen Trinkwasser aus 100 Metern Tiefe

Dass in Schleswig-Holstein mehr Grundwasser gespeichert werden kann, als in anderen Regionen Deutschlands, liegt auch an der letzten Eiszeit. Als die Gletscher vor etwa 10 000 Jahren schmolzen, hinterließen sie in der norddeutschen Tiefebene den Sand, in dem heute unser Grundwasser gespeichert ist. Dieses Grundwasser wird von den Wasserwerken aus der Erde geholt, gereinigt und als Trinkwasser in die Haushalte gepumpt. Die tiefsten Brunnen reichen bis zu 250 Meter in das Erdreich, in der Regel aber wird das Grundwasser aus eine Tiefe von 70 bis 100 Metern hochgepumpt.

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In Norderstedt gibt es drei Wasserwerke, die das Wasser aus 50 bis 150 Meter Tiefe fördern. „Die Pegel haben sich nicht spürbar abgesenkt., wir beobachten das sehr genau“, sagt Oliver Weiss, Sprecher der Stadtwerke Norderstedt.

Wasserspeicher unter den Wäldern werden aufgefüllt

Auch die Wälder im Kreis Segeberg profitieren vom Dauerregen: Die bis zu 1,50 Meter tiefen Wasserspeicher werden aufgefüllt und können die Bäume auch durch eine mögliche Dürreperiode im kommenden Frühjahr retten. „Lehmige Böden können das Wasser bis zum kommenden Juni speichern“, sagt Jens-Birger Bosse, Leiter der Abteilung für biologische Produktion der Landesforsten Schleswig-Holstein. „Auf sandigen Böden versickert das Wasser allerdings schneller.“ Durch den aufgeweichten Boden sei die Gefahr des Umkippens von Bäumen bei stärkerem Wind allerdings größer.