Kreis Segeberg. Seit Wochen kein Regen, die Pflanzen leiden, die Waldbrandgefahr steigt. Was das für die Wasserversorgung bedeutet.

Noch sprudelt die Alsterquelle bei Henstedt-Ulzburg. Der Bereich rund um die mit einer Feldsteinmauer eingefasste Quelle führt zurzeit noch ausreichend Wasser. Die Quelle ist ein prominenter Gradmesser für die Trockenheit im Kreis Segeberg.

Wenn es mit der Wetterlage so weitergeht, dann ist es wohl nur eine Frage der Zeit bis die Quelle wieder versiegt – so wie zuletzt im August 2022. Die letzten nennenswerten Niederschläge hat es im Kreis Segeberg am 22. Mai gegeben – und auch in den nächsten Tagen und Wochen ist nicht damit zu rechnen. Die Gefahr von Waldbränden steigt.

Die Wasserversorgung ist noch nicht gefährdet, aber die Landwirte machen sich Sorgen. Sie haben Angst, dass sich wegen der anhaltenden Schönwetterlage die Dürrekatastrophe des Sommers 2018 wiederholen könnte. Schon jetzt sind bis zu 30 Prozent Ertragsverlust bei der Wintergerste zu verzeichnen.

Kreis Segeberg„Ungewöhnlich trocken“: Natur braucht dringend Regenwasser

Landwirte, die ihre Felder bewässern, müssen dafür eine Genehmigung beantragen und eine Wasserabgabe zahlen.
Landwirte, die ihre Felder bewässern, müssen dafür eine Genehmigung beantragen und eine Wasserabgabe zahlen. © dpa | Julian Stratenschulte

Durch den Klimawandel sind Dürren in Europa deutlich wahrscheinlicher und auch intensiver geworden«, stellt das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung fest. Es sei schlicht wärmer geworden – in Deutschland im Durchschnitt um zwei Grad – und dadurch die Winter kürzer, in denen sich Grundwasser, Seen und Böden wieder auffüllen könnten. Außerdem gebe es zunehmend lang anhaltende Wetterlagen – etwa Hochdruckgebiete ohne Regenfälle.

Im Kreis Segeberg seien die Böden „ungewöhnlich trocken bis 1,8 Meter Tiefe“, so zeigt es der laufend aktualisierte Dürremonitor des Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung an. Für Schleswig-Holstein und die meisten anderen Länder in Deutschland ist das der aktuelle Spitzenwert. Anderswo ist es schlimmer: In Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und in Teilen Niedersachsens herrscht Dürre-Warnstufe 5 und somit eine „außergewöhnliche Dürre“.

Kreis Segeberg: Nirgendwo sind die Böden trockener in Schleswig-Holstein

Eine Wassernotlage gibt es im Kreis Segeberg zurzeit noch nicht. Die Stadtwerke Norderstedt gehen davon aus, dass es dazu zumindest im Stadtgebiet Norderstedt auch bei langanhaltender Trockenheit nicht kommen wird. „Wir haben in Norderstedt drei Wasserwerke, die das Wasser aus 50 bis 150 Meter Tiefe fördern“, sagt Oliver Weiss, Sprecher der Stadtwerke. „Die Pegel haben sich nicht spürbar abgesenkt., wir beobachten das sehr genau.“

Nach seinen Erkenntnissen wird sich eine regenarme Zeit auch kaum bemerkbar machen, weil Regenwasser bis zu 50 Jahre benötige, um im in der Tiefe anzukommen. „Auch im trockenen Sommer 2018 hat es bei uns keinerlei Engpässe gegeben.“

Norderstedt: Betriebsamt wässert Straßenbäume

In Norderstedt sind Mitarbeiter des Betriebsamts zurzeit unterwegs, um die Straßenbäume mit ausreichend Wasser zu versorgen. Die Einwohner hingegen werden noch nicht aufgefordert, die Bäume entlang ihrer Wohnstraßen zu wässern. „Wenn es mit der Trockenheit so weitergeht, werden wird die Stadt allerdings darum bitten“, sagt Fabian Schindler, Sprecher der Stadt Norderstedt.

Das Wasserwerk Bornhöved, das auch Teile des Kreises Plön mit Wasser versorgt, hat am vergangenen Wochenende einen so hohen Wasserverbrauch registriert, dass über eine speziell geschaltete Warn-App zum Wassersparen aufgerufen wurde. Das aber war offenbar auf ein Leck in einer Leitung zurückzuführen. Andere Wasserwerke im Kreis Segeberg haben keine akuten Probleme.

In Bornhöved wurde per Warn-App zum Wassersparen aufgerufen

Reinhard Rode, Vorsitzender der Wasserversorgungsgenossenschaft Leezen-Budörp, hat festgestellt, dass der Wasserverbrauch täglich etwa ab 18 Uhr spürbar ansteigt – aus nachvollziehbarem Grund: „Dann kommen die Leute von der Arbeit und Wässern ihre Gärten.“ Zu diesen Zeiten könne der Wasserdruck leicht schwanken.

Normal sei ein Wasserverbrauch von 800 Kubikmetern am Tag, zurzeit sei er auf 1000 bis 1200 Kubikmeter angestiegen. „Unsere drei Brunnen liefern ausreichend Wasser, da gibt es keine Probleme.“ Engpässe könne es höchstens in den Aufbereitungsanlagen geben, wo Mangan und Eisen beigemischt würden.

Im Kreis Segeberg herrscht bei den Feuerwehren Alarmbereitschaft. Für Waldbrandgefahr gilt Stufe drei bis vier.
Im Kreis Segeberg herrscht bei den Feuerwehren Alarmbereitschaft. Für Waldbrandgefahr gilt Stufe drei bis vier. © HA

Die Feuerwehren sind in Alarmbereitschaft, die Waldbrandgefahr wurde hochgestuft

Die Feuerwehren im Kreis Segeberg stehen unter erhöhter Alarmbereitschaft: Es herrscht Waldbrandstufe drei bis vier. „Passiert ist bisher noch nichts“, sagt Pressesprecher Dennis Schubring. „Aber wir sind erhöht wachsam“. Jede Ortswehr sei bestens mit Wasserbehältern und ausreichend Schlauchmaterial versorgt und somit auf Ernstfälle vorbereitet. Er fordert die Bevölkerung auf, das Rauchen in Wäldern und Feldern zu unterlassen, um Funkenflug auszuschließen.

Unter dieser Dürre leiden zahlreiche Pflanzenarten, die ihr Wasser teilweise aus tieferen Bodenschichten ziehen, denn dort fehlt zurzeit die Feuchtigkeit. Dazu zählen unter anderem Laubbäume wie Eichen und Linden. „Der Mais und das Sommergetreide benötigen dringend Wasser, der Raps ist okay“, sagt Daniela Rixen, Sprecherin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Die allgemeine Lage in Schleswig-Holstein schätzt sie so ein: „Wir sind verhalten besorgt.“

Der Ertrag des Wintergetreides ist um 30 Prozent eingebrochen

Der Norderstedter Landwirt Michael Drube erinnert sich noch mit Schrecken an den Sommer 2018, der sich mit unterdurchschnittlichen Regenmengen, überdurchschnittlichen Temperaturen und überdurchschnittlich vielen Sonnenstunden, insbesondere im nördlichen und mittleren Teil Europas in den Frühjahrs- und Sommermonaten, verheerend auswirkte. „Das war ein prägendes Jahr für mich“, sagt er. „Etwas Ähnliches hatte ich bis dahin noch nicht erlebt.“

Die Dürre 2018 bis 2020 war die extremste seit 250 Jahren. Die Folge: Deutschlands Böden sind immer noch zu trocken. Das hat Auswirkungen bis heute. Die heftigen Niederschläge des vergangenen Frühjahrs waren nicht nachhaltig genug, um den Wassermangel im Boden für längere Zeit auszugleichen. Bei Michael Drube wirkt sich das so aus: Der Ertrag des Wintergetreides ist um 30 Prozent eingebrochen, Die Grünlandflächen sind nach dem ersten Schnitt gelb.

„Wie es mit dem Sommergetreide wird, ist jetzt noch nicht einzuschätzen“, sagt der Landwirt. „Wenn es in den nächsten zehn Tagen regnet, wäre es noch zu retten.“ Landwirte, die ihre Felder bewässern wollen, benötigen dafür eine Genehmigung, egal, ob dafür Grundwasser oder Oberflächengewässern entnommen wird.

Land- und Forstwirte müssen für die Bewässerung von Feldern und Wäldern zahlen

Und sie müssen dafür zahlen. „Die Höhe wird im Wasserabgabengesetzes des Landes geregelt“, sagt Matthias Kissing, Sprecher des Ministeriums für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur. „Diese Regelung besteht in Schleswig-Holstein schon seit mehreren Jahrzehnten.“

Um perspektivisch den sorgsamen und nachhaltigen Umgang mit Grund- und Oberflächenwasser nicht nur für Bewässerungszwecke, sondern generell für die Brauch- und Trinkwassernutzung auch in Zeiten des Klimawandels sicherzustellen, sei die Entwicklung und Umsetzung einer Wassermanagementstrategie für Schleswig-Holstein geplant.

Das gelte nicht nur für Landwirte, sondern auch für die Forstwirtschaft. „Die müssen zahlen, wenn sie eine zulassungspflichtige Wasserentnahme durchführen und die Abgabe für das Veranlagungsjahr mehr als 200 Euro beträgt“, teilt das Ministerium mit.

Die Alsterquelle sprudelt noch, der Moorsee aber ist ausgetrocknet

Auf die Alsterquelle in Henstedt-Ulzburg hat sich die Trockenheit bisher noch nicht ausgewirkt. Im vergangenen Jahr und im Jahr 2018 war die Quelle für etliche Wochen versiegt – auf den Wasserstand der Binnen- und Außenalster hatte das allerdings keine spürbaren Auswirkungen.

Deutliche Spuren der Trockenheit sind hingegen im Henstedter Moor zu erkennen: Der große Moorsee ist zum Teil bereits ausgetrocknet und verlandet. Das war auch im vergangenen Jahr der Fall, damals allerdings erst im Spätsommer. Der Regen in den vergangenen Monaten hat nicht ausgereicht, um denn See zu füllen. Regenmangel hat auch dazu geführt, dass die Wege im Moor bereits jetzt rissig geworden sind.