Norderstedt. Stadtvertretung stimmt für Umstellung und kommt einem Wunsch des Betriebsamtes nach. Welche Vorteile ein Bringsystem haben soll.
Die Entscheidung war hauchdünn. In der letzten Sitzung vor der Weihnachtspause hat die Stadtvertretung in Norderstedt einen Beschluss gefasst, der direkten Einfluss haben wird auf viele Privathaushalte. Es geht um ein Thema, das in jedem Herbst allgegenwärtig ist: die Entsorgung von Strauchgut, das im eigenen Garten oder auf dem eigenen Grundstück angefallen ist. Bisher galt: Die Abfälle können entweder in die von der Stadt bereitgestellten Biotonnen gesteckt werden, in Wertstoffsäcke, die jeweils zu festen, im Abfallkalender vermerkten Zeiten abgeholt werden. Oder: Bürgerinnen und Bürger können dieses auf dem Wertstoffhof an der Friedrich-Ebert-Straße abliefern, und zwar monatlich pro Haushalt einmal in einer Größenordnung von maximal zwei Kubikmetern.
Bislang gibt es noch eine vierte Variante, die nicht wenige Menschen möglicherweise als die praktischste betrachten werden. Denn zweimal im Jahr gab es das Angebot einer kostenlosen Straßensammlung. Nur: Damit ist es künftig vorbei. Ab 1. Januar 2024 gilt eine veränderte Abfallwirtschaftssatzung, die mit 26 zu 25 Stimmen verabschiedet wurde – dafür waren SPD, Grüne und FDP, dagegen CDU, WiN-Freie Wähler und AfD, dazu gab es je eine Enthaltung bei Union und Sozialdemokraten.
Änderung bei Entsorgung: Strauchgut in Norderstedt wird nicht mehr gratis abgeholt
Demnach wird das Strauchgut eben nicht mehr zweimal im Jahr umsonst durch Teams des Betriebsamtes entlang der Straßen eingesammelt. Das ist nur noch nach vorheriger Terminabsprache gegen Gebühr möglich. Stattdessen soll es einmal jährlich eine „dezentrale Sammelstelle“ geben, die zeitlich und örtlich mit der Laubsammlung koordiniert wird. Alternativ können die Gartenabfälle natürlich weiterhin wie gehabt auf dem Wertstoffhof abgegeben werden, und das so oft, wie man es benötigt, denn das Monatslimit fällt weg. Wer aber mehr als die erlaubten zwei Kubikmeter an der Friedrich-Ebert-Straße abliefern will, muss dies im Einzelfall vorher abklären. Generell dürfen die Bündel nur einen Durchmesser von 0,5 Metern, eine Länge von 1,5 Metern und ein Gewicht von höchstens 30 Kilogramm (bisher: 70 Kilogramm) haben.
Das Betriebsamt hatte Anfang November im Umweltausschuss erklärt, warum es eine Änderung wünscht. Denn das aktuelle „Holsystem“ habe eine Reihe von Nachteilen, hieß es. Insbesondere sei es zu „missbräuchlichen Nutzungen“ gekommen. Sprich: Die Vorgaben bei Gewicht und Größe der Bündel wurden teilweise deutlich überschritten, dazu kam es zu „anonymen Ablagen“. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern blieb nichts anderes übrig, als den Abfall trotzdem mitzunehmen. Denn eine Weigerung war gemäß Satzung nicht umsetzbar, da häufig die Verursacher nicht ermittelt werden können.
Strauchgut: Missbrauch, Unkenntnis, rechtliche Zweifel an bisherigem Finanzierungsmodell
Das trifft auf sowieso schon enge Personalkapazitäten. Und: Die Finanzierung über die Restabfallgebühr sei „gebührenrechtlich angreifbar“ durch die Unterschiede zwischen Eigenheimen und mehrgeschossigen Wohnhäusern, also zwischen privaten Grundstückbesitzern und (meistens) Mietern. Ebenso fehlt es hier und da offenbar an nötiger Kenntnis bei der Bevölkerung: Was ist ein Strauch, was bereits ein Baum? Und was darf abgeholt werden? Dornensträucher sind nicht erlaubt. Bis zu welchem Durchmesser würde verholztes Strauchwerk noch mitgenommen, und was ist mit dünneren Zweigen und Ästen von Bäumen?
Dieses Durcheinander soll es, so hofft das Betriebsamt, bei einem Bringsystem nicht mehr geben. Dieses würde den Missbrauch deutlich eindämmen, da das Strauchgut bei der Annahme kontrolliert werde. Eine Anlieferung zu den Öffnungszeiten des Wertstoffhofes sei „kundenorientiert und je nach individuellem Bedarf möglich“.
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Betriebsamt: Schon jetzt wird deutlich mehr angeliefert als eingesammelt
Aber das vielleicht gewichtigste Argument ist ein anderes: In den letzten Jahren haben bereits zunehmend Haushalte die Möglichkeit genutzt, das Strauchgut selbst zu bringen. „Die angelieferten Mengen übersteigen deutlich die Mengen aus der Straßensammlung“, teilte das Betriebsamt mit. Und zwar „durchschnittlich um den Faktor fünf bis sechs, in den letzten Jahren sogar um den Faktor neun bis zehn“.
Die Entwicklung in Zahlen: 2010, damals noch auf dem WZV-Recyclinghof an der Oststraße, wurden 4943 Kubikmeter von den Bürgern selbst vorbeigebracht. 2020 waren es dann bereits 6769 Kubikmeter, 2021 stieg die Menge auf 7134, ehe sie 2022 auf 6272 Kubikmeter sank. Im Vergleich dazu: Die Menge, die über die Gratis-Straßensammlungen zusammenkam, ist von 2010 auf 2022 um mehr als die Hälfte gesunken, und zwar von 356 auf 156 Kubikmeter.