Bad Bramstedt. Urteil des Arbeitsgerichts: Zulagen für OP-Pflegerinnen nicht rechtens. Unterdessen steht Verkauf der Klinik kurz bevor.
Wichtiger Achtungserfolg für die Belegschaft des Klinikums Bad Bramstedt. Der Betriebsrat des insolventen Krankenhaus- und Reha-Unternehmens, das kurz vor dem Verkauf steht, konnte sich jetzt vor dem Arbeitsgericht Neumünster gegen die Geschäftsleitung durchsetzen. So entschied deren dritte Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Christian Wulff, dass die übertarifliche Zulage in Höhe von monatlich 450 Euro an OP-Pflegekräfte nicht rechtens war. Der Betriebsrat hätte in diese Entscheidung eingebunden werden müssen, führte der Vorsitzende Richter aus. „Das Mitbestimmungsrecht ist klar verletzt worden“, begründete er das Urteil nach zwei Verhandlungsterminen.
Diese übertarifliche Zulage war seit Jahresbeginn an 26 Beschäftigte in der OP-Pflege und Anästhesie gezahlt worden, die zu 80 Prozent weiblich sind. Mit dieser Zulage, mit der das Einkommen für die Begünstigten an den Tariflohn heranreichte, wollte Klinikchef Jens Ritter das Abwandern von Pflegekräften verhindern, was im Wesentlichen gelungen sei. „Wir hatten im letzten Jahr erhebliche Abgänge in der Pflege zu verzeichnen“, begründet er diese Zulage. „Diese Zulagen haben den Kündigungsstrom gestoppt“, sagte Rechtsanwalt Wilfried Krahl, der die Geschäftsleitung in dieser Sache vertrat.
„Betriebsfrieden ist gestört!“
Diese Zulage darf aber ab Januar ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht mehr ausgezahlt werden, sonst drohe pro Fall ein Ordnungsgeld von 10.000 Euro, erklärt Rechtsanwalt Mario Böttcher, der den Betriebsrat in dieser Sache vertreten hat. Dass der Betriebsrat dem zustimmen wird, ist eher unwahrscheinlich. „Es stört den Betriebsfrieden ungemein, wenn die Mitarbeitenden so ungleich behandelt werden“, sagt Vibekke Böhl, stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrats. „Wir können nichts dafür, wenn die Geschäftsführung das Mitbestimmungsrecht nicht ernst nimmt.“
Auch das Angebot von Geschäftsführer Ritter im Gerichtszahl, künftig auch die zehn Pflegekräfte des Intermediate Care (IMC)-Bereichs, also der Intensivüberwachungspflege vor und nach der Operation von Patienten, mit dieser Zulage zu beglücken, lehnte der Betriebsrat ab.
„Wenn Zulagen, dann für alle“
Wenn, dann müssten alle oder zumindest ein großer Teil der etwa 450 Mitarbeitenden im Klinik- und Pflegebereich eine Zulage erhalten, argumentiert der Betriebsrat. „Es haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Corona-Jahren extrem gelitten“, sagt Betriebsrats-Vize-Vorsitzende Böhl.
Nach einer Klausurtagung werde der Betriebsrat der Geschäftsleitung dazu noch vor Weihnachten einen Vorschlag unterbreiten, kündigt Anwalt Böttcher an. Denn das Mitbestimmungsrecht hat auch seine Grenzen, wie Richter Wulff ausführte. So muss die Belegschaft zwar vorher gefragt und eingebunden werden, ob überhaupt eine solche Zulage ausgezahlt werden soll. Welcher Personenkreis sie dann aber erhält, bestimmt die Geschäftsleitung ganz allein.
Andererseits sollte eine Einigung darüber auch im Interesse der Geschäftsleitung sein, um weitere Abgänge zu vermeiden, glaubt der Betriebsrat auch dafür gute Argumente zu haben. „Wir wollen das Budget anders verteilt wissen“, betont Anwalt Böttcher. Immerhin seien in diesem Jahr rund 140.000 Euro brutto zusätzlich an diese 26 Kollegen geflossen. Dieses Geld sollte künftig gerechter verteilt werden.
Neuer Arbeitgeber zahle ohnehin Tariflohn
Geschäftsführer Ritter glaubt, dass diese Zulage sich ohnehin bald erledigt haben werde. Das Friedrich-Ebert-Krankenhaus (FEK) in Neumünster, das heißer Bewerber um das Akut-Krankenhaus vom Klinikum in Bad Bramstedt ist, würde den Beschäftigten ohnehin Tariflohn zahlen, sagte Ritter.
Nicht beklagt und weiterhin auszahlbar ist dagegen die Willkommensprämie, die das Klinikum seit Mitte 2022 an neue Mitarbeitende in der Pflege ausschüttet. Das seien 25 Personen gewesen, die jeweils 10.000 Euro erhalten, wenn sie mindestens zwei Jahre beim Klinikum Bad Bramstedt bleiben, erklärt Ritter. „Das war sehr erfolgreich, um Leiharbeit zu vermeiden.“
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Mit großer Spannung warten die insgesamt etwa 1000 Beschäftigten des Klinikums in Medizin, Pflege, Service sowie Reha-Bereich, wer künftig ihr Arbeitgeber sein wird. Dies werde sich noch vor Weihnachten entscheiden, ist der Hamburger Rechtsanwalt Stefan Denkhaus überzeugt, den das Gericht zum Sachwalter dieses Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung eingesetzt hat. Wichtige Weichen dafür seien bereits gestellt. Der Gläubigerausschuss solle dazu bis kurz vor Weihnachten eine notarielle Beurkundung zustande bringen, welcher Bieter oder welche Investoren den Zuschlag erhalten.
Gläubiger müssen dem Verkauf im Januar zustimmen
Die Gläubigerversammlung – eine dreistellige Zahl an Gläubigern, die bis zu 90 Millionen Euro an Schulden angemeldet hat – muss dann voraussichtlich im Januar diesen Vereinbarungen noch zustimmen. Was aber eine Formalität sein dürfte, weil dieses Gremium den fünfköpfigen Gläubigerausschuss aus ihren Reihen gewählt hat, dem Kreditinstitute und die Betriebsratsvorsitzende angehören.
Es gebe weiterhin mehrere Investoren und Modelle für den Verkauf, erklärt Sachwalter Denkhaus, ohne ins Detail gehen zu wollen. Darüber sei mit den Kaufinteressenten Stillschweigen vereinbart worden. Bekannt ist aber, dass das kommunal geführte Friedrich-Ebert-Krankenhaus mit 660 Betten und 2400 Beschäftigten in Neumünster zu gerne die Akut-Klinik in Bad Bramstedt übernehmen möchte, allerdings wohl ohne den Reha-Bereich. Darüber muss auch noch am 19. Dezember die Ratsversammlung in Neumünster mitentscheiden. Der Krankenhausausschuss des Landes hat diesem möglichen Erwerb bereits vorab seine Zustimmung erteilt, ohne die eine solche Zusammenlegung der beiden Häuser nicht möglich wäre.
Die Reha-Abteilung und die Grundstücke in Bad Bramstedt könnten an andere Gesellschaften gehen. Es soll Bieter geben, die in Partnerschaft mit dem FEK antreten, und auch welche, die das Gesamtpaket für verschiedene Interessenten und Nutzungen erwerben möchten. Dabei sollen nach Aussagen von Insidern die gebotenen Kaufpreise zum Teil weit auseinander gehen. Von drei bis 13 Prozent der Schuldensumme ist da die Rede.