Norderstedt. OB-Wahl am Sonntag: Katrin Schmieder und Robert Hille sparten beim Auftritt in der TriBühne nicht an gegenseitiger Kritik.

Der Ton wird rauer zwischen den Kontrahenten im Endspurt bei der Oberbürgermeisterwahl in Norderstedt. Wenige Tage vor der Stichwahl an diesem Sonntag griff CDU-Kandidat Robert Hille aus Hamburg seine Mitbewerberin Katrin Schmieder aus Norderstedt bei einer öffentlichen Diskussionsrunde in der TriBühne im Rathaus scharf an. Und auch er geriet ein ums andere Mal reichlich in die Defensive. Noa4-Moderator Michael Eggert und Kollege Volker Puchalla führten eineinhalb Stunden durch die Live-Sendung über das TV-Netz von wilhelm.tel.

Zunächst ging Robert Hille seine Gegenspielerin wegen deren Parteizugehörigkeit an. Schmieder sei zwar als unabhängige Kandidatin angetreten, verhehle dabei aber ihr grünes Parteibuch. „Dann soll sie bei den Grünen austreten“, forderte Hille vor den etwa 250 Zuschauerinnen und Zuschauern, die trotz TV-Übertragung in der Tribühne erschienen waren.

Hille kritisierte die Grüne Schmieder – und erntete Buh-Rufe

Und Hilles Breitseite kam bei einigen der Gäste nicht ganz so gut an: Sie buhten Hille aus. Schmieder, die von FDP und Grünen unterstützt wird, konterte: Sie trete auf Geheiß von 500 Norderstedter Bürgerinnen und Bürger an, die alle ihre Unterschrift für ihre Kandidatur geleistet hätten – und das völlig unabhängig von Parteizugehörigkeiten.

Dafür musste sich Robert Hille sich nun von Moderator Eggert fragen lassen, was er denn der SPD versprochen hätte, weil deren Vorstand sich nach dem Ausscheiden von Amtsinhaberin Elke Christina Roeder (SPD) überraschend für den CDU-Mann ausgesprochen hat. Ein Zuschauer vermute gar, es könnte nach der Wahl „böse Überraschungen“ für die Norderstedter Wähler geben, zitierte Eggert. „Ich möchte nur das Beste für die Stadt Norderstedt erreichen“, antwortete Hille. Und da sei es für ihn selbstverständlich gewesen, auf die SPD zuzugehen.

Wahlkampffinanzierung: Parteispenden vs. Erbe des Vaters

Etwa 250 Zuschauerinnen und Zuschauer waren zur Diskussion in die TriBühne gekommen, die vom lokalen TV-Sender NOA4 übertragen wurde.
Etwa 250 Zuschauerinnen und Zuschauer waren zur Diskussion in die TriBühne gekommen, die vom lokalen TV-Sender NOA4 übertragen wurde. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Nur die Zusammenarbeit habe die CDU der SPD zugesagt, sagte am Rande Parteichef Thorsten Borchers. „Aber das haben wir auch den anderen Fraktionen angeboten.“ Apropos CDU-Ortsverband: Hille geriet bei der Frage, wer seinen aufwendigen Wahlkampf finanziere, ins Schlingern. Die Wahlkampfkosten trage überwiegend der CDU-Ortsverband mit einigen Spenden, sagte er vage, ohne Zahlen zu nennen. „Das können Sie nächstes Jahr im Rechenschaftsbericht nachlesen“, sagte Hille, dessen Konterfei praktisch auf allen großen und einigen Hundert kleineren Plakaten in der Stadt zu sehen ist.

Katrin Schmieder dagegen bekannte offen, dass sie es bei den sonst üblichen Hundert Plakaten belassen habe. Sie habe 30.000 Euro in den Wahlkampf gesteckt, sagte sie. Davon 20.000 Euro aus einem Erbe ihres Vaters, der Ende vorigen Jahres gestorben sei und ihr gesagt habe: „Mach etwas Gutes für die Stadt Norderstedt daraus.“

Hille stellt den Neubau des Schulzentrum Süd infrage

Zu ihrer Verwaltungserfahrung sagte Hille, dass er diese vor 20 Jahren bei seinem Berufseinstieg kennenlernte, dann aber in die Privatwirtschaft ging und als Kulturmanager in Hamburg jetzt 200 Mitarbeiter verantworte. Schmieder leitet seit 22 Monaten das Sozialdezernat im Norderstedter Rathaus mit 450 Beschäftigten und einem Jahresbudget von 160 Millionen Euro und einem geplanten Bauvolumen von 600 Millionen Euro.

Doch das möchte Hille ihr nach einer gewonnenen OB-Wahl streitig machen, kündigte er an. Die 160 Millionen Euro für den geplanten Neubau des Schulzentrums Süd würde er als OB noch mal auf den Prüfstand stellen, ob eine Sanierung nicht günstiger als ein Neubau wäre. Das würde die Planungen um drei bis fünf Jahre zurückwerfen, entgegnete Schmieder, und die dortige Schulgemeinschaft brüskieren, die sich bereits auf einen Baubeginn in einem Jahr freue. Zwei Expertenprüfungen hätten ergeben, dass ein Neubau zumindest nicht teurer als die Sanierung wäre und die gesamte Stadtvertretung hätte einmütig zugestimmt – auch die CDU und SPD.

Schmieder will den Stillstand in der Stadt beseitigen

Noa4-Moderator Michael Eggert und Kollege Volker Puchalla führten eineinhalb Stunden durch die Live-Sendung über das TV-Netz von wilhelm.tel. 
Noa4-Moderator Michael Eggert und Kollege Volker Puchalla führten eineinhalb Stunden durch die Live-Sendung über das TV-Netz von wilhelm.tel.  © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Zu ihrem Amtsverständnis sagte Schmieder, sie möchte den jahrelangen Stillstand in der Stadt beseitigen und mit allen politischen Fraktionen eng zusammenarbeiten. Sie wolle nicht in die Belange der Stadtvertretung eingreifen und auch die Bevölkerung wieder stärker in die Entscheidungen einbinden als es die jetzige Amtsinhaberin getan habe. „Ich möchte Ideen zu einem politischen Konsens zusammenführen.“

Hille hob die Wichtigkeit der Wirtschaftsförderung hervor, die unter der Ägide Roeders grob vernachlässigt worden sei. Es lägen Gewerbeflächen brach, während bauwillige Investoren unter den bürokratischen Regularien im Norderstedter Bauamt „ächzten und stöhnten“, kritisierte Hille. „Diese umständlichen Genehmigungsverfahren müssen verschlankt werden. Das hält kein Investor aus.“

Beide Kandidaten lehnen Erhöhung der Grundsteuer ab

Beide Kandidaten beteuerten auf Nachfrage des Haus-und-Grund-Vereinschefs Sven Wojtkowiak, der nach seinen Worten 2000 Grundbesitzer in Norderstedt vertritt, dass sie nicht vorhätten, die Einnahmen aus der Grundsteuer zu erhöhen, wenn demnächst alle aktualisierten Grundsteuerbewertungen vorlägen. Auch die Erhebung der Zweitwohnungssteuer lehnten beide wegen des enormen Bürokratieaufwandes ab.

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Es könnte aber sein, dass es wegen finanzieller Engpässe in der Zukunft zu einem „Wettbewerb“ käme, ob eher die Abfallgebühren, Kita-Entgelte oder andere Steuern erhöht werden müssten, um den Haushalt auszugleichen, warnte Schmieder. Das müsse dann eine politische Mehrheit entscheiden. Für Hille stehen da in erster Linie die freiwilligen Leistungen der Kommune, also die Fördergelder und Zuschüsse an Vereine und Verbände, zur Disposition. „Diese freiwilligen Leistungen werden wir uns nicht mehr leisten können.“

Hille lobt Schmieders Management bei den Flüchtlingen

Es gab auch versöhnliche Töne an diesem Donnerstagabend, als Hille das Management Schmieders bei der Unterbringung der 1600 überwiegend aus der Ukraine geflüchteten Menschen in Norderstedt lobte. Da habe sie „ein gutes Handling gezeigt“, sagte Hille. Deshalb wolle er Schmieder auch gerne als Sozialdezernentin behalten, wenn er Oberbürgermeister sei, sagte er.

Und Schmieder hatte zum Schluss noch eine gute Nachricht auf die Frage eines Bürgers aus dem Publikum parat. Der Rechtsstreit um das Strandbad im Stadtpark sei zugunsten der Stadt ausgegangen. „Das Strandhaus wird zurzeit geräumt. Ab Mai können wir dort alle wieder auf der Terrasse sitzen.“ Was auch Hille begrüßte: „Das hat ohnehin keiner verstanden, dass das Strandhaus hier seit Jahren so brachlag und die Rathausführung das nicht angepackt hat.“