Hartenholm. 1988 verfolgten 200.000 Menschen das Rennen, 2018 und 2019 gab es Neuauflagen. Warum das Open-Air-Spektakel nicht mehr stattfindet.

200.000 Besucher feierten eine verrückte „Werner“-Party und hinterlassen ein Chaos in Hartenholm. Das war vor 35 Jahren. Neuauflagen des „Werner-Rennens“ gab es 2018 und 2019 – doch jetzt ist Schluss: Die Veranstalter ziehen sich zurück und planen keine weitere Riesenparty mehr im Kreis Segeberg.

Das legendäre Rennen zwischen dem aufgemotzten Horex-Motorrad des Comic-Zeichners Rötger „Brösel“ Feldmann und dem roten 911er-Porsche von Kumpel Holger „Holgi“ Henze war vor 35 Jahren ein Massenereignis. In einem Werner-Comic hatte das Rennen schon stattgefunden, jetzt wurde es Realität. Das Rennen Motorrad gegen Porsche war zwar der offizielle Anlass für die Veranstaltung, doch in Wahrheit war es Nebensache: Drei Tage Spaß mit Live-Konzerten (BAP, Roger Chapman, Torfrock) und viel, viel Bier lockten Besucher aus ganz Norddeutschland in den Kreis Segeberg.

Über Hasenmoor und Hartenholm brach das Chaos herein

Über die Dörfer Hartenholm und Hasenmoor brach das Chaos herein. Menschenmassen ergossen sich durch die Straßen, Vorgärten wurden als Toiletten missbraucht. Das Fazit nach der Veranstaltung: 1500 Kubikmeter Müll, ungebändigte Rocker, abgebrochene und verfeuerte Gartenzäune, beschädigte Häuser, Einwohner am Rande des Nervenzusammenbruchs. Die Besucher allerdings hatten ihren Spaß.

Mit 100.000 Menschen war nach Abschluss des Vorverkaufs gerechnet worden., doch tatsächlich reisten über 200. 000 Besucher mit Autos und Motorrädern an. Das Chaos auf der Bundesstraße 206 wurde noch durch ein anderes Großereignis im Kreis Segeberg verstärkt: Peter Maffay gab an jenem Wochenende mehrere ausverkaufte Konzerte in der Kalkberg-Arena in Bad Segeberg.

Autos und Strohballen gingen in Flammen auf

Autos und Strohballen gingen in Flammen auf, Holzzäune wurden herausgerissen und verbrannt, Menschen campierten in Straßengräben und Gärten. Kurt Böge, damals Bürgermeister von Hasenmoor, zog dieses drastische Fazit: „Die Veranstalter ziehen ab – und unser Dorf bleibt beschissen zurück.“

Rötger Feldmann alias Comiczeichner „Brösel“, war der Initiator des ersten „Werner-Rennens“. Das Rennen hatte er bereits 1985 in seinem Comic „Werner – beinhart“ aufgezeichnet.
Rötger Feldmann alias Comiczeichner „Brösel“, war der Initiator des ersten „Werner-Rennens“. Das Rennen hatte er bereits 1985 in seinem Comic „Werner – beinhart“ aufgezeichnet. © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Axel Heimken

Immer wieder war von einer Neuauflage des legendären Festivals die Rede – für die meisten Bewohner der Ortschaften glichen die immer wieder aufkommenden Gerüchte wie eine Drohung. Fast alle wollten eine solche Veranstaltung nie wieder in ihren Gemeinden erleben. 2018 kam es dann doch zu einer Neuauflage. Und dahinter steckten Veranstaltungsprofis, die schon so manchen Sturm erlebt hatten und genau wussten, wie ein solches Festival organsiert werden muss: Die WOA Festival GmbH, die mit ihrem Metal-Festival Wacken Open Air seit 1990 die Massen anzogen.

Das Werner-Rennen sollte zu einem zweiten Standbein neben Wacken werden

Alles lief wie geplant: Etwa 45.000 Besucher kamen auf das Flugplatz-Gelände, campierten dort friedlich und genossen eine Motorsportveranstaltung mit zahlreichen prominenten Musikern. Auf vier Bühnen spielten unter vielen anderen BAP, Torfrock, Otto Waalkes und seine Friesenjungs und Doro Pesch. Ein Jahr später, 2019, dann die nächste Neuauflage: Immerhin noch 30.000 Besucher hatten ihren Spaß an Motorradrennen und Live-Musik. Zu den Stars dieses Festivals gehörte Kim Wilde.

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Eigentlich hatte die WOA Festival GmbH geplant, das Werner-Rennen zu einer festen und immer wiederkehrenden Institution zu machen. In Hasenmoor und Hartenholm sollte neben dem Wackener Metal-Festival ein zweites Standbein etabliert werden. Doch es kam anders: Corona und die Folgen machten den Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung. Das Interesse ging bei ihnen verloren.

Die WOA Festival GmbH richtet ihren Fokus auf das Metalfestival

„Wir richten jetzt unseren Fokus auf das Wacken Open Air, teilt eine Sprecherin der Festival GmbH mit. Und das heißt: „2024 und 2025 wird es in Hartenholm kein Werner-Rennen geben.“ Und darüber hinaus? „Eher nicht.“ Eine Aussage, mit der die Kommunalpolitiker leben und kalkulieren können.

Als Partygelände ist der Flugplatz Hartenholm und dem Gelände der Gemeinde Hasenmoor allerdings immer noch gut im Geschäft. Auf der „Olé-Party“ wurden im August dieses Jahres die angesagtesten Ballermann-Hits gespielt. Zwar waren die Besuchermassen überschaubar, aber mit 5000 zahlenden Gästen waren die Veranstalter durchaus zufrieden. Eine Mallorca-Party mit Stars wie Schütze („Layla“) und Mia Julia fand dort auch im Jahre 2022 statt. 2021 gab es auf dem Gelände während der Pandemie eine Reihe von Strandkorbkonzerten, bei denen unter anderen Johannes Oerding und Jan Delay vor jeweils 1700 Besuchern auftraten.