Kaltenkirchen. Nach dem Sieg von Stefan Bohlen als neuer Bürgermeister fragen sich Politiker, warum die Wahlbeteiligung deutlich zurückging
Aufregung und Müdigkeit vom Sonntagabend sind Stefan Bohlen immer noch anzumerken. „Megahappy, aber auch erschöpft“ – so beschreibt der 40 Jahre alte Hamburger seine Stimmungslage nach dem überraschenden Wahlsieg als künftiger Bürgermeister in Kaltenkirchen. Jetzt beginnen die Gespräche mit der Stadtverwaltung, wann er in der Stadtvertretung vereidigt wird.
Fest steht, dass dafür noch in diesem Jahr ein Termin angesetzt wird, sodass Bohlen pünktlich am 1. Januar 2024 um 0 Uhr sein Amt antreten kann. Außerdem soll geregelt werden, wie die Übergabe der Arbeit von Amtsinhaber Hanno Krause auf Bohlen von statten gehen soll.
Frust bei den Wahlen: Fühlen sich die Bürger veräppelt?
Bohlen hatte am Sonntag die Wahl mit einer überraschend klaren Mehrheit mit 54,5 Prozent gewonnen. Da er damit die absolute Mehrheit der Stimmen errang, wird es zu keiner Stichwahl mit den beiden unterlegenen Kandidaten kommen. Frank Günter von der Wählergemeinschaft Pro-Kaki konnte 29,7 Prozent auf sich vereinigen, Kolja Olef von der SPD 15,9.
Für Gesprächsstoff sorgte bereits am Wahlabend die Wahlbeteiligung von nur 37,4 Prozent. Die Erwartungen hatten bei allen Beteiligten deutlich höher gelegen, weil in diesem Jahr drei Kandidaten zur Wahl standen und damit die Entscheidung Spannung versprach. Bei der zweiten Wahl von Amtsinhaber Hanno Krause im Jahr 2017 war er ohne Gegenkandidat angetreten; die Wahlbeteiligung lag dennoch bei 50,8 Prozent.
Bohlen: Junge Menschen wünschen sich eine App
Bohlen kündigte an, die Bürger künftig stärker an der Politik zu beteiligen und damit mehr Interesse an Wahlen zu wecken. Die geringe Wahlbeteiligung führt er unter anderem auf den Frust über die Bundespolitik zurück. „Viele Menschen fühlen sich im veräppelt und im Stich gelassen“, sagte Bohlen.
Dagegen könne mehr Partizipation helfen, meint der neue Bürgermeister und bringt erneut seine Wahlkampfidee von einer Bürgerinformations-App ins Spiel. „Das wünschen sich besonders die jungen Menschen“, sagte Bohlen, der außerdem dafür plädiert, Sitzungen der politischen Gremien live zu übertragen. Dafür müsse der Gesetzgeber in Kiel die rechtlichen Voraussetzungen schaffen.
Kaltenkirchen: Kandidat von Pro-Kaki ist enttäuscht
Frank Günter sagte über die Wahlbeteiligung: „Ich betrachte das mit großem Unverständnis und Enttäuschung.“ Viele Bürger hätten das Angebot nicht angenommen, sich an einer demokratischen Entscheidung zu beteiligen. Dabei habe Pro-Kaki mit seiner Aufstellung als Bürgermeisterkandidat gehofft, mehr Kaltenkirchener für die Wahl zu interessieren. Seine Kandidatur als Bürger der Stadt für das Amt sei als Beitrag für einen interessanteren Wahlkampf und mehr Demokratie gedacht gewesen.
„Die gemeinsame Enttäuschung ist da“, sagte Günter über seine Gespräche am Wahlabend mit Bohlen und Olef über die Wahlbeteiligung. Erklären könne er sich das Phänomen angesichts eines intensiven und fairen Wahlkampfs nicht.
SPD-Kandidat Olef fordert „anfassbare“ Politik
Auch Kolja Olef hat bei den Wählern Frustration ausgemacht. „Das mache ich auch an meinem Wahlergebnis fest“, sagte der Sozialdemokrat. Mit seinen Unterstützern habe er einen guten Wahlkampf gemacht. Gleichzeitig habe er jedoch gegen den Bundestrend und die Kritik an der SPD-geführten Ampelregierung in Berlin kämpfen müssen. Dass er auf lediglich 15,9 Prozent der Stimmen kam, führt Olef auch auf den Hinweis „SPD“ auf den Wahlzetteln neben seinem Namen zurück.
Die Wahlbeteiligung in Kaltenkirchen sei deutlich zu gering und enttäuschend. Olef warnte jedoch davor, das abnehmende Interesse an Wahlen und anderen politischen Entscheidungen hinzunehmen. „Das kann nicht im Sinne der Demokratie sein“, sagte Olef. Politik müsse „anfassbarer“ werden. Außerdem mahnte er Politiker, ihre Versprechungen aus Wahlkämpfen einzuhalten. Daran werde sich auch der neue Bürgermeister messen lassen müssen.
Stadtvertretung wächst um ein Mandat auf 33 Mitglieder
Lange nach dem vorläufigen Ergebnis der Bürgermeisterwahl stand das Ergebnis der Wiederholung der Kommunalwahl im Wahlbezirk 3 (Lakwegschule) fest. Dort setzte sich erneut die CDU durch. Der Fraktionsvize der Christdemokraten in der Stadtverwaltung, Thomas Volkland, gewann mit 32,8 Prozent. Jubel löste die Nachwahl bei der FDP aus. Ihre Kandidatin Barbara Büttner-Bohn errang 11,5 Prozent und zieht in die Stadtvertretung ein. Dort verfügen die Liberalen jetzt über drei statt bisher zwei Sitze und erhalten damit Fraktionsstatus. Die Stadtvertretung wächst damit um ein Mandat auf 33.
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Die Nachwahl war notwendig geworden, weil es bei der Kommunalwahl im Mai zu Fehlern bei der Auszählung gekommen war. Dass das Ergebnis diesmal erst nach Stunden feststand, lag an Unstimmigkeiten zwischen dem Wählerverzeichnis und den abgegebenen Stimmen. Diese mussten mehrfach ausgezählt werden.