Norderstedt. Ob Luxusprodukte, Zigaretten oder Medikamente: Im Herold-Center wird das schmutzige Geschäft mit dem Ideenklau beleuchtet.
Dass Produktpiraterie auch lebensgefährlich sein kann, zeigt ein Plakat der Wanderausstellung im Herold-CenterNorderstedt „Schöner Schein. Dunkler Schatten“ eindringlich. „Das Potenzmittel war gefälscht. Echt waren nur die Nebenwirkungen“, steht da, dazu sieht man das Foto zweier nackter Füße, die unter einem Tuch hervorragen. Am linken Fuß hängt ein Zettel, der die Todesursache als unbekannt angibt.
Inmitten von Fachgeschäften im Herold-Center, mit Auslagen und Regalen voller Original-Produkte, möchte der Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM) zwischen dem 2. und dem 12. Oktober auf die Folgen aufmerksam machen, die der vermeintlich harmlose Kauf eines gefälschten Produkts für den Verbraucher und die Wirtschaft haben kann.
Produktpiraterie: „Kein Kavaliersdelikt!“
„Gefälschte Produkte halten nicht, was sie versprechen, denn ihre Qualität kann mit dem Original im Regelfall nicht mithalten. Viele Fälschungen entsprechen nicht einmal den gesetzlichen Mindestanforderungen an die Sicherheit und die gesundheitliche Unbedenklichkeit für den Verbraucher“, warnt Volker Bartels, Vorstandsvorsitzender des APM. „Gefährliche Inhaltsstoffe, fehlende Schutzvorrichtungen oder mangelnde Haltbarkeit sind Eigenschaften von Fälschungen, die im besten Fall ärgerlich und teuer und im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sind. “
Die Ausstellung vergleicht Originalprodukte mit deren Kopien, die mittlerweile täuschend echt erscheinen. Das Piratenprodukt profitiert dabei vom guten Ruf des Originalherstellers. „Der Preis eines Originalprodukts beinhaltet auch erhebliche Entwicklungskosten, die investiert werden müssen, um die Qualität und die Verwendungssicherheit der Produkte zu gewährleisten“, sagt Bartels. „Den Fälschern kommt es hingegen auf den ersten äußeren Schein an. Sollte sich ihr Produkt später als mangelhaft erweisen, sind sie längst nicht mehr für den Käufer greifbar.“
Schaden von 50 Milliarden Euro jährlich in Deutschland
Betroffen sind dabei längst nicht mehr nur Luxusuhren oder Handtaschen, sondern auch Medikamente, Genussmittel und technische Geräte. Für den APM ist die Aufklärung des Verbrauchers ein wichtiger Teil des Kampfes gegen die Produkt- und Markenpiraterie – denn bislang seien Produktfälschungen in Deutschland gesellschaftsfähig und würden von den Verbrauchern als Kavaliersdelikt angesehen, kritisiert der Arbeitskreis.
„Es ist unser Anliegen, den Verbraucher auf die Hintergründe der Produkt- und Markenpiraterie aufmerksam zu machen und so vom Kauf einer Fälschung abzubringen“, sagt Bartels. „Nur so kann der Markt für die Fälscher eingedämmt werden.“ Die Wirtschaft leide erheblich unter den gefälschten Produkten. Das Bundeswirtschaftsministerium schätzt den hierdurch entstehenden Schaden auf bis zu 50 Milliarden Euro jährlich – allein in Deutschland.
Internethandel öffnet Produktpiraten Tür und Tor
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt das Handelsvolumen mit Fälschungen weltweit auf mehr als 412 Milliarden Dollar. Produkt- und Markenpiraterie betrifft auch die Arbeitnehmer. Die zunehmenden Aktivitäten der Piraten gefährden langfristig die bestehenden Arbeitsplätze.
Gefälschte Markenprodukte sind im stationären Einzelhandel des Herold-Centers natürlich nicht zu finden – der Einzelhandel leidet eher unter dem Schaden, den der illegale Internethandel hinterlässt. Laut der Studie „Produktpiraterie“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) aus dem Jahr 2022, hat sich der Markt für gefälschte Produkte – vor allem gefälschte Uhren, Trikots und Kopfhörer – im Internet seit 2015 mehr als verdoppelt.
Jeder Dritte in Deutschland kaufte schon mal Plagiate
Mehr als jeder dritte Konsument in Deutschland (38 Prozent) habe danach schon einmal bei Plagiaten von Schmuck, Bekleidung oder Technik zugegriffen, knapp die Hälfte sei sich dabei bewusst gewesen, eine Fälschung zu erwerben. Männer kauften laut EY deutlich häufiger gefälschte Produkte: 44 Prozent sagten, dass sie schon mindestens einmal eine Kopie gekauft haben – bei den Frauen sind es dagegen nur 32 Prozent. Befragt wurde etwa 1000 Konsumenten.
Der Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM) setzt sich seit 1997 als branchenübergreifender Verband für den Schutz geistigen Eigentums ein. APM ist eine Gemeinschaftsinitiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und des Markenverbandes. „Im APM engagieren sich namhafte Unternehmen aus verschiedensten Branchen für ein Umfeld, in dem sich erfinderische Tätigkeit entfalten und auf einen effektiven Schutz bauen kann“, teilt der Verein mit.