Henstedt-Ulzburg. In 111 Minuten möglichst viele Runden schaffen: Doch nicht alle hielten durch. Viele Fahrer stürzten. So war die Schlammschlacht.
Motoren heulen auf. Qualm hängt in der feuchten Luft. Überall riecht es nach Benzin. Dann starten die 22 Fahrerinnen und Fahrer der zwölften Auflage des Mofarennens „111 Minuten von Götzberg“. Eine Mischung aus Matsch und Getreidestoppeln wirbelt auf. Schon nach kurzer Zeit sind die Maschinen und ihre Besitzer voller Schlamm.
Bei leichtem Nieselregen ist der Acker zwischen Wakendorf II und dem Henstedt-Ulzburger Ortsteil Götzberg am Sonnabendabend völlig durchgeweicht. „Bei den Bodenverhältnissen ist das Rennen eine absolut körperliche Herausforderung“, sagt Mitorganisator Max Brandt vom Verein Alstermotoren Wakendorf II. Immer wieder springen Ketten aus den Fahrzeugen. Einige Fahrer stürzen.
Schlammschlacht: 111 Minuten dauert Mofarennen von Götzberg
Ziel des Rennens ist es, in knapp zwei Stunden so viele Runden wie möglich zu schaffen. „Wir sind alle ehrgeizig“, sagt Oliver Clausen, „aber der Spaß steht im Vordergrund.“ Der 47-Jährige aus Kisdorf ist Teil des Organisationsteams. Als Mofaliebhaber fährt er aber auch selbst beim Rennen mit.
Bis vor Kurzem befürchtete er noch, die Veranstaltung absagen zu müssen. Das Feld, das ihnen ein Landwirt zur Verfügung stellen wollte, war noch voller Getreide. Es konnte nicht geerntet werden. Zu regnerisch war das Wetter in den vergangenen Wochen. Wenn das Getreide zu feucht ist, kann es nicht gedroschen werden, da die Qualität erheblich leiden würde. Genau eine Woche vor dem Rennen konnten Clausen und sein Team den Landwirt dann doch überzeugen, seinen Acker zu räumen. Der Mähdrescher rückte an. Als Dank beteiligen sich die Mofafreunde an den Trocknungskosten.
Nur ein einziges Frauen-Team ist dabei – es tritt auf Mofa „Susi“ an
Lea Steinfels (25) und Finja Maschmann (26) sind die einzigen Frauen, die am Rennen teilnehmen. Sie sind zum fünften Mal dabei. „Freunde von uns sind hier mitgefahren und wir haben zugeguckt. Irgendwann haben wir uns gedacht: Das können wir auch“, berichtet Steinfels. Die beiden Frauen bilden ein Team. Sie dürfen sich abwechseln und die 111 Minuten ebenso untereinander aufteilen wie Fahrer, die älter als 50 Jahre alt sind.
Die Fahrerinnen tragen ein pinkes T-Shirt. Auch ihre Mofa „Susi“, die von einem Freund hergerichtet wurde, ist in einem leuchtenden Pink lackiert. „Eine Sonderbehandlung bekommen wir nicht“, sagt Steinfels, „aber es fahren alle rücksichtsvoll. Wenn jemand stürzt, wird ihm geholfen. Man braucht also keine Angst zu haben.“
Im vergangenen Jahr schaffte das Mädels-Team 90 Runden. Diesmal gibt ihre „Susi“ nach 45 Minuten auf. Zu viel Matsch. Der Kolbenfresser geht kaputt. „Wir hatten Pech. Aber bei der Party sind wir vorne mit dabei“, sagt Finja Maschmann und lacht. Sie hält zum Trost genau wie ihre Teamkollegin bereits einen Becher Aperol Spritz in der Hand.
An die 500 Zuschauerinnen und Zuschauer kommen zum Mofaklassiker
Rund um den Parcours sind Stände mit Getränken, Essen und Musik aufgebaut. An die 500 Zuschauerinnen und Zuschauer sind in Gummistiefeln und Regenjacken gekommen, um das Spektakel zu beobachten. „Da kommen Jugenderinnerungen hoch“, sagt Detlef Scheel aus Itzstedt. Der frühere Wakendorfer hat den Mofaklassiker schon öfter besucht und kennt einige Teilnehmer. „Früher mit 15, 16 Jahren sind wir auch Mofa gefahren“, sagt er. Natürlich waren die Zweiräder damals „frisiert“ und fuhren schneller als erlaubt. „Wenn die Polizei gekommen ist, ging der Puls hoch“, erinnert sich Scheel.
Tobias Brügmann und Daniel Buttler aus Tangstedt haben zum ersten Mal die Traditionsveranstaltung in Götzberg besucht – und sofort Blut geleckt. „Nächstes Jahr wollen wir auch mitfahren“, sagt Brügmann. Der 33-Jährige ist kürzlich Vater geworden. Auf das Motorradfahren will er künftig verzichten. Als Familienvater ist ihm das zu gefährlich. Aber ein Mofa hält er für eine gute Alternative. „Es ist wichtig, dass es solche Dorffeste gibt. Mofas, der Geruch von Benzin – das ist einfach schön.“
Wegen einer Wette wurde Rennen ins Leben gerufen
Ursprünglich ist eine Wette verantwortlich dafür, dass es das Mofarennen überhaupt gibt. Hauke Pump und Michael Hoffmann wollten sich duellieren und herausfinden, wer das schnellere und bessere Mofa von ihnen besitzt. „Ich habe keine Ahnung, wer gewonnen hat. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die beiden es selbst wissen“, sagt Oliver Clausen.
Dem Zwist jedenfalls ist es zu verdanken, dass die Veranstaltung in ihrer heutigen Form existiert. „Wir haben die Rennen zunächst privat für uns veranstaltet. Irgendwann sind immer mehr Zuschauer dazugekommen und waren total begeistert“, berichtet Clausen. Die Mofafreunde gründeten den Verein Alstermotoren Wakendorf II, um die Wettkämpfe offiziell veranstalten zu können. Mitmachen kann jeder ab 15 Jahren.
Ole Pagels gewinnt Mofarennen von Götzberg mit 101 Runden
Bis zum Ende des Abends halten nicht alle Maschinen durch. Immer wieder muss im Fahrerlager an ihnen geschraubt und gearbeitet werden. „Überall klebt Lehm. Die Motoren sind zu heiß geworden“, sagt Clausen, der mit 81 Runden den dritten Platz belegt. „Es war so anstrengend, aber es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht“, sagt er anschließend.
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Nur etwa die Hälfte der 22 Fahrerinnen und Fahrer schafft es bis zum Schluss. Gewonnen hat Ole Pagels mit 101 Runden. Bruder Tim Pagels folgt mit 89 Runden auf Platz zwei.
Für Oliver Clausen steht schon jetzt fest: „Das machen wir nächstes Jahr wieder.“ Dann aber wünscht er sich etwas weniger Matsch.