Kreis Segeberg. Kreis wollte unabhängig über Eignung der Häuser für Solaranlagen und Gründach informieren. CDU, SPD und AfD waren dagegen.

Wenn sich Hauseigentümer Solaranlagen auf ihr Dach packen wollen, stehen zu Beginn viele Fragen: Macht das auf meinem Haus überhaupt Sinn? Geht das technisch und wenn ja wie? Liegt zu viel Schatten auf dem Dach?

Erste Antworten darauf liefern sogenannte Solarkataster, die in vielen Kreisen Schleswig-Holsteins angeboten werden – unabhängig von kostenlos. Mit ein paar Klicks kann jeder Hausbesitzer ermitteln, was auf seiner Dachfläche geht und was nicht. Übrigens auch für den Fall einer geplanten Begrünung der Fläche, etwa um Niederschlag zu speichern, das Haus zu dämmen oder es vor Hitze zu schützen.

Energiewende: Kreis wollte ein unabhängiges und kostenfreies Portal anbieten

Vor dem Hintergrund, dass der Kreis Segeberg bei der Installation von Photovoltaik-Anlagen im bundesweiten Vergleich aller 294 Landkreise auf Rang 176 steht, könnte ein Solar- und Gründachkataster für die Städte und Kommunen im Kreis die Entwicklung beschleunigen – dachte Heiko Birnbaum, Klimaschutzbeauftragter des Kreises und schlug der Kreispolitik das 25.000 Euro teure Projekt vor – für das bereits 2022 Mittel im Haushalt geparkt worden waren.

Die Basisdaten für das Kataster liefern das Land. Städte und Gemeinden werden regelmäßig mit Infrarotkameras überflogen. Mit Hilfe einer speziellen Software können Gauben, Dachvorsprünge und zum Beispiel Schornsteine bis auf 20 Zentimeter genau erfasst werden.

Daten des Landes zu Hausdächern: Bis auf 20 Zentimeter genau

Im Kreis Segeberg sollte dann jeder Hausbesitzer online seine Adresse eingeben und sein Haus auf einer Karte auswählen können. Nach Angaben zu Personen im Haushalt, der Nutzung von Elektroautos, des Stromverbrauchs und des gezahlten Preise, hätte sich jeder Nutzer entscheiden können, ob er möglichst viel Strom verkaufen, möglichst viel Geld sparen oder möglichst viel Kohlendioxid einsparen wolle. Nach diesen Angaben würde dann die Größe der Solaranlage errechnet. Daten, mit denen man sich dann an geeignete Handwerksbetriebe hätte wenden können.

Doch CDU, SPD und AfD verweigerten dem Projekt im Hauptausschuss die Zustimmung. Das Kataster käme zu spät, andere Kreise seien da viel weiter, es gebe genügend kommerzielle Anbieter mit Expertise, die so etwas anböten, außerdem spielten Dachneigung und Ausrichtung bei modernen Solarmodulen kaum mehr eine Rolle – so die Argumente der Kritiker in den Reihen der Parteien. Sehr zum Frust der Befürworter von Grünen, FDP und Freien Wähler. Und einiger Kommunen, die laut Kreisverwaltung bereits Bedarf für das Kataster angemeldet hatten.

Viele Kreise bieten die Kataster erfolgreich an

Das Ziel des Kreises, ein unabhängiges und kostenfreies Portal anzubieten, wurde verfehlt. In den Kreisen Ostholstein, Rendsburg-Eckernförde, Plön, Nordfriesland, in Lübeck, Kiel, Hamburg und in einigen Hamburger Randkreisen in Niedersachsen gibt es das Kataster bereits. In den Kreisen Dithmarschen, Schleswig-Flensburg und Pinneberg ist es beschlossene Sache, die Ausschreibungen werden dort vorbereitet. Im Kreis Stormarn wird noch diskutiert.

Es gibt ähnliche Angebote im Internet – allerdings bei Unternehmen, die entweder mit Strom oder mit Solaranlagen handeln und ein Interesse an den Daten der Immobilieneigentümer haben. Für Interessierte aus dem Kreis Segeberg bietet sich ein Angebot der Schleswig-Holstein Netz (SH Netz) in Quickborn an. Sie bietet den „EE-Netznavi“ an.

Schleswig-Holstein Netz: Kostenlose Berechnung von Solaranlagen

Unter ee-netznavi.sh-netz.com können die zukünftigen Betreiber von Stromerzeugungsanlagen schon im Vorfeld kostenlos und unverbindlich ihr Projekt mit wenigen Eingaben konkret durchspielen. Sie erfahren dann in innerhalb von Sekunden, welche technischen Rahmenbedingungen notwendig und ob Anlagetyp und Leistung am gewünschten Standort möglich sind.

„Damit beschleunigen wir den Anschlussprozess erheblich und helfen den Einspeisern bei ihrer Entscheidung“, sagt Christian Glismann, Koordinator Netzentwicklung Mittelspannung und Niederspannung bei SH Netz. Nach seinen Angaben hat sich die Zahl der Anfragen auf Einspeisung in den letzten Monaten mehr als verzehnfacht. SH Netz rechne mit einer weiteren Steigerung.

Wie groß das Interesse ist, zeigt diese Zahl: Bereits über 80.000 Anfragen seien über das EE-Netznavi bearbeitet worden, teilt Christian Glismann mit. Nach der Prüfung der Anschlussmöglichkeiten durch das EE-Netznavi, bietet SH-Netz seit Ende letzten Jahres außerdem ein Online-Portal zur Anmeldung der Erzeugungsanlage an.