Kreis Segeberg. In den Tierparks werden Tiere oft zu Tode geliebt. Warum der Wildpark Eekholt Personal zum Aufpassen abstellen muss.
Übertriebene Tierliebe kann tödliche Folgen haben. In den Tierparks im Kreis Segeberg ist das eine bittere Realität: Besucherinnen und Besucher, die es eigentlich gut meinen, füttern Tiere zu Tode. Ungekochte Nudeln, altes Brot – im Wildpark Eekholt und in der Arche Wahlstedt ist das ein Problem. Und auch in offenen Parks gefährden die Menschen Wildvögel mit falschem Futter.
Im Wildpark Eekholt gibt es jedes Jahr Todesfälle in den Gehegen, weil die Fütterungsverbotsschilder missachtet und für die Tiere lebensgefährliche Lebensmittel verfüttert werden. In diesem Jahr hat es eine Heidschnucke getroffen. Sie ist qualvoll verendet und hinterließ zwei Lämmer, die von den Tierpflegern des Parks aufgezogen werden mussten.
Manche Tiere werden von den Besuchern buchstäblich zu Tode geliebt
„Die Schafe leiden am meisten“, sagt Cheftierpfleger André Rose. „Andere Wildarten verteilen sich in den Gehegen, die Schafe aber nicht.“ Das von Besuchern angebotene Futter nehmen nehmen sie dankbar entgegen. Das ist kein Problem, wenn es sich um Futter handelt, dass aus den aufgestellten Futterautomaten gegen eine geringe Gebühr gezogen werden kann.
Der Cheftierpfleger weist darauf hin, dass diese Automaten nicht der Gewinnmaximierung dienen, sondern dem Schutz der Tiere, die artgerechtes Futter bekommen sollen. „Wer den Tieren Spaghetti anbietet, kann auch gleich Rattengift nehmen“, sagt André Rose, der festgestellt hat, das vor allem Feiertage wegen des Besucherandrangs für die Tiere gefährlich sein können.
Tierpfleger müssen jederzeit mit unbelehrbaren Besuchern rechnen
Deshalb agieren die Tierpfleger weitsichtig: Die Ziegen zum Beispiel werden an solchen Tagen schon im Vorwege mit Zweigen versorgt, damit sie sich einen „Puffer“ im Pansen anfressen können. Zudem wird Personal zum Aufpassen abgestellt. Diese Mitarbeiter aber können bei großen Andrang ihre Augen nicht überall haben - außerdem müssen sie auch mit unbelehrbaren Menschen rechnen. „Einige wollen sich nichts sagen lassen und beharren darauf, das Mitgebrachte zu verfüttern“, sagt André Rose. „Die meisten aber beenden das Füttern, wenn sie darauf hingewiesen werden.“
Die Kleine Arche Wahlstedt hat in diesem Jahr bereits drei tote Tiere zu beklagen, weil sie von Besuchern unsachgemäß gefüttert wurden. Eine weitere Ziege konnte von einem Tierarzt gerade noch gerettet werden. Das ist für die Parkbetreiber, Hans-Uwe und Bärbel Schwarz, bitter. Denn bei der Kleinen Arche handelt es sich um einen 3,5 Hektar großen Zoo, in dem 20 alte Haustierrassen aus 13 Arten leben. „Wenn ein Tier stirbt, ist es für uns sehr schwer, ein neues Exemplar dieser Rasse zu bekommen“, sagt Hans-Uwe Schwarz.
In der Kleinen Arche Wahlstedt sind in diesem Jahr schon drei Tiere verendet
Er weist darauf hin, dass Brot im Verdauungstrakt der Wiederkäuer, dazu gehören auch Ziegen, verklebt, was wieder große Schmerzen verursacht und schnell auch zum Tod führen kann. Deshalb ist das Füttern in der Kleinen Arche auch untersagt - es sei denn, es wird im Park angebotenes Futter verwendet. „Das können die Tiere verdauen“, sagt der Arche-Chef und fügt hinzu: „Pferde dürfen überhaupt nicht gefüttert werden.“
Familie Schwarz weiß, dass kein Besucher die Tiere absichtlich quälen. Tatsächlich folgten viele Menschen aber offenbar einem inneren Zwang: „Die Menschen wollen den Tieren etwas Gutes tun, sie wollen helfen, weil ihnen die Tiere leid tun. Aber diese Einstellung kann verheerende Folgen haben.“ Da die Tiere nicht sofort leiden, verstehen die Besucher die Fütterungsverbote oft auch nicht, haben die Betreiber des kleinen Tierparks. „Wenn die Schmerzen beginnen, sind die Menschen längst weg.“
Viele Menschen wollen den Tieren Gutes tun
Was für die Wildparks und Zoos besorgniserregend ist, gilt auch für die Tiere in der freien Natur. Besonders Kinder und ältere Menschen finden es toll, wenn sie mit der Tüte rascheln und zahlreiche Enten, Blässhühner oder auch Schwäne auf sie zulaufen. Aber sie tun weder den Wasservögeln, noch dem Gewässer einen Gefallen damit: Obwohl Enten in Parks eigentlich genug zu fressen finden, ist es für sie allemal bequemer, angebotene Brotreste zu schnappen und zu verschlingen.
Der World Wide Fund For Nature (WWF) Deutschland warnt ausdrücklich davor, Enten und andere gefiederte Freunde falsch zu füttern: „Brot oder Gebäck ist für die Enten ungesund. Es lässt den Magen aufquellen und enthält zu viel Salz oder Zucker. Zudem verlieren sie auch durch die Fütterung die Scheu vor Menschen. Das kann für die Tiere schnell gefährlich werden, sie können durch Unfälle auf der Straße oder durch Hunde getötet werden.“
Durch falsches Füttern in öffentlichen Parks wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt
Überhaupt wird durch unsachgemäße Fütterung eine Kettenreaktion in Gang gesetzt: Die Wasserqualität leidet unter der Fütterung, Brotbrocken und Entenkot führen dazu, dass das Wasser mit zusätzlichen Nährstoffen angereichert wird. Es entstehen immer mehr freischwimmende Algen, die das Vordringen der Sonnenstrahlen in tiefere Uferbereiche verhinder. Ganze Gewässer können dadurch umkippen und buchstäblich absterben. Wer trotzdem füttern will, sollte Wasservogelfutter in den Zoohandlungen kaufen, empfiehlt der WWF.
Tiere müssen längere Strecken zurücklegen, um etwas zum Trinken zu finden
Leiden die Wildtiere unter der Trockenheit? Diese Frage stellen sich in diesem Sommer viele Menschen, die befürchten, dass es nicht mehr genügend Wasserquellen und nicht ausrechend Futter gibt. Der Kreisjagdverband stellt klar: Die Tiere finden immer etwas. Vor allem nach Regenfällen sei genügend Feuchtigkeit vorhanden“, sagt Marcel Zickermann, stellvertretender Vorsitzender der Jägerschaft. „Dadurch wird die Not gelindert.“
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In Zeiten großer Trockenheit müssten die Tiere weiter laufen, um Wasser aufzunehmen, aber bisher seien offenbar noch keine Wildtiere an Nahrungs- oder Wassermangel eingegangen. „In freier Natur kann den Tieren natürlich schlecht geholfen werden“, sagt Marcel Zickermann.
Wer Rehe und Wildschweine im Wald füttert, muss hohes Bußgeld zahlen
Privatpersonen ist es in der Regel nicht gestattet, Wildschweine oder Rehe zu füttern. Lediglich Jäger und Förster dürfen dies in Notzeiten übernehmen. Das ist per Landesjagdgesetz geregelt. Wer sich nicht an diese Vorschriften hält, muss ein Bußgeld zahlen. Die bundesweit geltende Bußgeldregelung sieht vor, dass Behörden in Schleswig-Holstein und Hamburg bis zu 5000 Euro verlangen können, wenn Personen beim Füttern von Wildtieren erwischt werden. In Hessen und Niedersachsen drohen sogar bis zu 25.000 Euro Bußgeld.
Um möglichst vielen Wildtieren bei Hitze zu helfen, können mehrere Trinkmöglichkeiten im Garten aufgebaut werden: erhöhte Wasserstellen für Vögel, Wasserschalen auf dem Boden für Igel, Eichhörnchen und Co. und mit Steinen bestückte für Insekten. Das empfiehlt der Deutsche Tierschutzbund. Die Tierrechtsorganisation Peta rät, das Wasser täglich zu wechseln. Denn je länger das Wasser in den Schalen steht, desto mehr verschmutzt es. Es können sich Krankheitserreger wie Bakterien anreichern, die die Tiere krank machen.