Henstedt-Ulzburg. Kreuzkirche und Erlöserkirche gehen ab 2024 getrennte Wege. Warum dieser Schritt für viele längst überfällig war.

In vielen Orten werden Kirchengemeinden zusammengelegt, in Henstedt-Ulzburg passiert das Gegenteil: Denn die Kirchengemeinden in Henstedt und Ulzburg gehen von 2024 an getrennte Wege. Die bisherige Gemeinschaft, die Kirchengemeinde Henstedt-Ulzburg, wird aufgelöst. Die beschlossene Kirchentrennung wird vom Landeskirchenamt in Kiel ausgeführt.

Die Trennung der Pfarrbezirke Kreuzkirche (Ulzburg) und Erlöserkirche (Henstedt) wird bereits seit über einem Jahr vorbereitet. Der Beschluss des noch gemeinsam agierenden Kirchengemeinderats wird nicht überall vorbehaltlos akzeptiert. Weil eine solche Entscheidung praktisch aus der Zeit fällt. Überall fusionieren Gemeinden, um die geringer werdenden Ressourcen zusammenzulegen – hier geschieht das Gegenteil.

Glaube: Henstedt und Ulzburg – Zwei Kirchen lassen sich scheiden

So mussten beim Kirchenkreisrat Bedenken ausgeräumt werden. Dieses Gremium schickte den Propst nach Henstedt-Ulzburg, der vor einer Entscheidung des Gremiums die Stimmung vor Ort ausloten sollte. Trotz intensiver Gebetsunterstützung – die Gemeindemitglieder trafen sich dafür in den jeweiligen Kirchen – wurde auch im zweiten Anlauf keine Entscheidung getroffen. Zu schwerwiegend erschienen den Kirchenoberen die Vorgänge in Henstedt-Ulzburg.

Im dritten Anlauf klappte es: Am 29. Juni entschied der Kirchenkreisrat im Sinne der Kreuzkirche und der Erlöserkirche. Beide Gemeinden können auseinandergehen, sobald das Landeskirchenamt in Kiel die verwaltungstechnischen Voraussetzungen getroffen hat.

Trennungswunsch der Kirchen stieß auf Widerstand im Kirchenkreisrat

Die Erlöserkirche ist oft Schauplatz von Veranstaltungen in Henstedt. Am beliebtesten ist der alljährliche Weihnachtsmarkt.
Die Erlöserkirche ist oft Schauplatz von Veranstaltungen in Henstedt. Am beliebtesten ist der alljährliche Weihnachtsmarkt. © Heike Benkmann

Voraussichtlich vom 1. Januar 2024 an gibt es zwei eigenständige Gemeinden: Die Kirchengemeinde Kreuzkirche (Ulzburg und Ulzburg Süd) und die Kirchengemeinde Erlöserkirche (Henstedt, Götzberg und Wakendorf II). Die Rhener Gemeinde St. Petrus ist davon nicht betroffen.

Die Leitungen beider Pfarrbezirke haben sich die Entscheidungen offenbar nicht leicht gemacht. Tatsächlich aber lag eine Trennung der Kreuz- und der Erlöserkirche schon lange in der Luft. Und Kircheninsider wundern sich, dass diese Entscheidung nicht schon längst getroffen wurde.

Eine Trennung der beiden Kirchen lag schon lange in der Luft

Die Inhalte beider Kirchen unterscheiden sich nicht: Hier wie dort wird an den Heiligen Geist und die Auferstehung geglaubt. Die Form aber ist nicht deckungsgleich: Die Kreuzkirche ist seit jeher konservativ ausgerichtet.

Die Erlöserkirche pflegt einen moderneren Stil, der sich an den der evangelischen Freikirchen anlehnt. In der Kreuzkirche gibt es Bibelarbeit, in der Erlöserkirche offene Gesprächskreise, in die sich jeder einbringen kann.

Durch überregionale Aktionen sorgte die Kreuzkirche für bundesweites Aufsehen

Das hat schon in der Vergangenheit heftige Kontroversen ausgelöst. Vor allem die früheren Pastoren pflegten einen strengen Stil, der einerseits viele Gläubige abschreckte, andererseits aber auch viele anzog. Die sonntäglichen Gottesdienste in der Kreuzkirche waren in der Regel überfüllt, wobei viele Besucher auch von außerhalb kamen, weil die Pastoren als charismatische Kirchenleute in bestimmten Kreisen einen guten Ruf genossen und als „Stars“ der Kirche betrachtet wurden.

Vor allem Pastor Andreas Rüß erhielt durch seine TV-Auftritte und überregional beachteten Aktionen große Aufmerksamkeit. Seine Kreuzzüge, etwa gegen die Ausübung von Yoga oder gegen das Bordell auf der anderen Straßenseite, sorgten für viel Wirbel – und das oft bundesweit. Sein Schwager, der amerikanische Pastor William Siegmund, galt ebenfalls als konservativer Geistlicher, der die Aktionen unterstützend begleitete.

Die großen Unterschiede in der Henstedt-Ulzburger Kirchenlandschaft

Gottesdienste in der Kreuzkirche sind immer gut besucht.
Gottesdienste in der Kreuzkirche sind immer gut besucht. © Kreuzkirche

In der Erlöserkirche wurde ein anderer Stil gepflegt. Diese Gemeinde zeichnet sich durch eine breit angelegte Jugendarbeit aus, die Kirchenmusik hat einen modernen Lobpreis-Charakter. Kantaten in der Kreuzkirche, „Kirchenpop“ in der Erlöserkirche – die Kirchenlandschaft in Ulzburg und Henstedt kann unterschiedlicher kaum sein.

„Natürlich ist die Trennung der beiden Kirchen gegen den allgemeinen Trend“, sagt Kreuzkirchen-Pastor Mathias Krüger, gleichzeitig Vorsitzender des gemeinsamen Kirchengemeinderats. „Es war deshalb nicht leicht, den Kirchenkreisrat davon zu überzeugen.“ Die Organisation der Trennung erfolge in „guter Zusammenarbeit“, es gebe keine Streitereien.

Die Pastoren sehen Vorteile für die künftige Arbeit der einzelnen Gemeinden

Krüger und sein Ulzburger Pastoren-Kollege Jürgen Schacht sehen Vorteile für die künftige Arbeit. Sie erwarten einen besseren Überblick über die Finanzen und gleichzeitig ein bewussteres Umgehen mit den Geld. „Für unsere Gemeinde ist das kein großer Einschnitt“, sagt Mathias Krüger. „Hier passiert eine Angleichung an das reale Leben in den Gemeinden.“

So sieht es auch sein Kollege Andreas Spingler von der Henstedter Erlöserkirche: „Wir Pastoren kommen gut miteinander klar.“ Immerhin vertreten sie sich gegenseitig und werden es wahrscheinlich auch in Zukunft so halten. Spingler geht auch davon aus, dass es weiterhin gemeinsame Projekte der Kirchengemeinden geben wird.

Für die Mitglieder der Gemeindeleitungen wird die Arbeit künftig leichter

Er sieht einen Vorteil für die Arbeit der ehrenamtlichen Kirchengemeinderatsmitglieder. „Jedes Mitglied musste sich bisher zerreißen, weil es einerseits die Verantwortung im Kirchengemeinderat für die Gesamtgemeinde gibt, andererseits die Verantwortung für die eigene Gemeinde in den Pfarrbezirksausschüssen.“

Der Pfarrbezirk der Kreuzkirche hat rund 4.500 Mitglieder, der Pfarrbezirk der Erlöserkirche rund 2.500 Mitglieder. Die sonntäglichen Gottesdienste sind nach Angaben der Pastoren etwa gleich gut besucht: 80 bis 100 Besucher in der Erlöserkirche, 60 bis 80 Besucher in der Kreuzkirche. In der Kreuzkirche gibt es zwei vollwertige Pfarrstellen, in der Erlöserkirche eine volle und eine Viertelstelle.