Hartenholm. Bei Logopak in Hartenholm muss weniger gearbeitet werden – bei vollem Lohnausgleich. Mit welchen Folgen, ist offen.
Der Kampf um die Verkürzung der Wochenarbeitszeit ist seit Jahrzehnten ein großes Anliegen von Gewerkschaften. Wochenlange Streiks in den 1980er-Jahren, insbesondere in der Metallindustrie und in der Druckindustrie, haben Deutschland verändert. Schrittweise erfolgten dann tariflich vereinbarte Schritte – bis hin zur Realisierung der 35-Stunden-Woche Mitte der 1990er-Jahre. Jetzt, fast 30 Jahre später, wird es genau diese Umstellung bei einem Unternehmen im Kreis Segeberg geben: bei Logopak in Hartenholm. Und wie damals ist auch diesmal die IG Metall als Akteur maßgeblich beteiligt gewesen.
Die bisherige Wochenarbeitszeit von 39 Stunden wird nun schrittweise reduziert. „Die Kolleginnen und Kollegen haben der Geschäftsführung in verschiedenen Aktionen gezeigt, dass sie nicht weiter bereit sind, unentgeltlich länger zu arbeiten“, so Steffen Kreisl, Gewerkschaftssekretär für Kiel-Neumünster und zugleich Verhandlungsführer.
35-Stunden-Woche: Eine Firma im Kreis Segeberg stellt um
„Wir haben in den letzten Jahren bei Logopak viele Verhandlungen mit der Geschäftsführung geführt. Unser Ziel war immer, einen zukunftsfähigen Betrieb mit vielen Arbeitsplätzen und fairen Bedingungen nach Tarif zu sichern. Diesen Meilenstein haben wir als IG Metall erfolgreich gemeistert. Das war nur mit der breiten Unterstützung unserer Mitglieder möglich.“
Logopak, das 1978 gegründet wurde und seit 2011 zur Lübecker Possehl-Gruppe gehört, entwickelt, produziert und vertreibt Etikettiersysteme für eine weltweite Kundschaft. In Hartenholm ist das Unternehmen mit rund 190 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der größte Arbeitgeber. Im Betrieb gilt seit 2016 ein IG-Metall-Tarifvertrag, allerdings seien Jahre mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten gefolgt, so die Gewerkschaft.
Hartenholm: IG Metall erhofft sich eine Signalwirkung
„Mit der Arbeitszeitverkürzung trägt unser Tarifvertrag entscheidend zur Attraktivität der Logopak Systeme als Arbeitgeberin bei. Das hilft auch bei der Gewinnung von neuen Fachkräften vor Ort. Wir haben mit diesem Tarifvertrag einmal mehr bewiesen, dass wir als IG Metall die Zukunft in den Betrieben gestalten. Das ist ein Tarifergebnis mit Signalwirkung für andere Betriebe“, so Stephanie Schmoliner, Bevollmächtigte der IG Metall.
Auf der Arbeitgeberseite ist die Einschätzung eine andere. Dietrich Barsch ist seit 2011 Geschäftsführer von Logopak. „Wir haben jetzt weniger Arbeitszeit zur Verfügung. Das müssen wir durch Effizienzsteigerung an verschiedenen Orten kompensieren“, sagt er. Nicht vorgesehen sei, mehr Personal einzustellen – das habe finanzielle Gründe, aber auch der Mangel an Fachkräften spiele eine Rolle.
Geschäftsführer: „Hartes Stück Arbeit für die nächsten Jahre“
„Ich glaube immer noch, dass es ein guter Kompromiss ist.“ Denn eine andere Möglichkeit wäre die sofortige Umstellung gewesen. Aber, so Barsch, auch mit dem jetzt beschlossenen Modell „haben wir ein hartes Stück Arbeit für die nächsten Jahre“. Die Herausforderungen würden höher. „Die IG Metall hat von Ballungsgebieten bis nach Hartenholm den gleichen Tarifvertrag. Die Lebenshaltungskosten sind in Ballungsgebieten andere, den Vorsprung verspielen wir aber schnell.“ Logopak ist sehr eng mit dem Dorf verbunden. „Viele Mitarbeiter kommen aus der Fahrraddistanz“, sagt der Geschäftsführer.
Aus Sicht der Possehl-Gruppe ist die Entwicklung bei Logopak eher ein Sonderfall. „Es gibt bei der Possehl-Gruppe auch aufgrund der sehr unterschiedlichen Geschäftstätigkeiten keine einheitliche Vorgehensweise. Was in Hartenholm geschehen ist, war das Ergebnis von langen, hartnäckigen Verhandlungen. Es ist ein Kompromiss“, sagt Unternehmenssprecher Lutz Nehls.
Unternehmensgruppe: Kapazitäten reduzieren „führt zu Lasten der Profitabilität“
Und diesen sieht man in Lübeck mit Skepsis. „Bei all diesen wünschenswerten Forderungen stellt sich die Frage: Wer soll das bezahlen? In einer Zeit, in der es sowieso schwer ist, qualifiziertes Personal zu finden, die Kapazitäten herunterzufahren, wird zu Lasten der Profitabilität des Unternehmens führen. Und das kann langfristig auch zu Lasten der Beschäftigung gehen.“
Nehls präzisiert: „Wir haben einen hohen Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften. Aber langfristig wird sich die Frage stellen, was wir in Deutschland zu wettbewerbsfähigen Preisen fertigen und was nicht mehr.“ Gegenüber der Annahme seitens der IG Metall, die 35-Stunden-Woche würde die Attraktivität von Logopak als Arbeitgeber fördern, „vertreten wir eine andere Sichtweise“.
Hierbei zieht die Unternehmensgruppe einen Unterschied zu anderen Modellen. „Bei Teilzeit sollten Arbeitgeber flexibel sein, das gehört zur Attraktivität eines Unternehmens dazu.“
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35-Stunden-Woche: Betriebsrat ist stolz auf das erreichte Ziel
Dennoch: „Wir sind im internationalen Wettbewerb. Wir stellen in Hartenholm Systeme zur Wiedererkennung von Produkten her, die Anlagen, Labels und die Software. Wir haben internationale Kunden und internationale Wettbewerber. Die IG Metall hat einen sehr lokalen Blick. Die Sichtweise, die von den Gewerkschaften vertreten wird, ist der Vollbeschäftigung und der Inflation geschuldet. Aber ich bin eher skeptisch, ob das langfristig gut geht.“
Die Umstellung vor Ort hat nun begonnen. „Die erste Stufe der Arbeitszeitverkürzung greift schon jetzt, danach folgen drei weitere Schritte. In gut zwei Jahren haben wir dann endlich die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Darauf sind wir mächtig stolz“, sagt Uwe Terlinden, Vorsitzender des Betriebsrates und Mitglied der Verhandlungskommission. Die Details sollen, so die Geschäftsführung, Bestandteil einer neuen Betriebsvereinbarung sein.