Henstedt-Ulzburg. Wetter- und Klimaforschung: So kam das Alstergymnasium zu dem spektakulären Projekt. Die Sonde wird durch die Feuerwehr geborgen.
Auf dem Sportplatz des Alstergymnasiums in Henstedt-Ulzburg macht sich große Aufregung breit. Nach und nach strömen Schülerinnen und Schüler herbei, bilden einen Kreis um eine Gruppe, die konzentriert ihrer Arbeit nachgeht. Ein weißer Ballon wächst an Volumen, während an einem Tisch vorsichtig das technische Herzstück des Fluggefährtes zusammengesteckt wird. Alle werden Zeuge eines spektakulären Projektes. Denn die Schule ist eine von bundesweit 20 – und die einzige in Schleswig-Holstein –, die an diesem Tag nahezu simultan Ballons bis in die Stratosphäre steigen lassen.
Und zwar im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und unter der Regie von dessen „School Lab“ in Oberpfaffenhofen. Die finanziell durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützte Aktion ist ein Beitrag zum Wissenschaftsjahr 2023, steht unter dem Motto „Mein Universum“. Es geht also um den Blick von oben auf die Erde.
Spektakulär: Ballon fliegt von Henstedt-Ulzburg in die Stratosphäre – und platzt über Winnetou
Naheliegend ist: In Henstedt-Ulzburg ist das Physikprofil Q1B federführend, die Mission ist Kern eines Profilseminars. Zwei Lehrerinnen und zwei Lehrer gehören zum Team – Hartmut Gerig, Tanja Kuhn, Nicole Wilsen und Dmitrij Fomin. Die Firma Stratoflights stellt den Ballon. Dieser kommt quasi als Baukasten. Enthalten ist unter anderem ein GPS-Sender, dazu ein Speichermedium, das alle Daten aufzeichnet, „zu Lichtverhältnissen, Höhe, Temperatur“, sagt Klassensprecher Maxwell Matthis. Neben ihm sind zwei Schülerinnen und acht Schüler dabei,
Zwischen Ballon und der Sonde ist ein Fallschirm. Denn in ungefähr 35 Kilometern Höhe, das lässt sich recht exakt sagen, wird sich der Ballon so sehr – von vier auf 40 bis 50 Kubikmeter – ausgedehnt haben, dass er nach etwa zwei Stunden platzt. „Dann geht der Fallschirm auf, landet hoffentlich etwas weicher, und nicht im Wasser.“ Die Physikklasse sieht das live, denn eine Kamera fliegt mit, überträgt das Bild. „Achtung! Ungefährliches Wetterexperiment zur Förderung des Physikunterrichts“, steht auf einem Infoschild an der Styroporhülle. Wer weiß schon, bei wem das Objekt im Garten landet.
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt wählte Alstergymnasium aus
Je nach Wetterlage könnte das in bis zu 300 Kilometern Entfernung sein. Das ist aber hier und heute nicht der Fall. „Es ist nicht genug Wind dafür.“ Warum ausgerechnet die Henstedt-Ulzburger mitmachen? Lehrer Hartmut Gertig kennt das DLR, hat sich also für seine Schule stark gemacht. „Im Vergleich zu anderen Profilseminaren ist das schon ein sehr cooles Projekt.“
Die Daten sollen natürlich verwendet werden. „Und die Idee ist, dass die Schulen ihre eigenen Experimente machen. Wir haben an dem Ballon auch einen Holzstab, wollen gucken, wie weit der expandiert“, sagt Maxwell Matthis. Auch eine Solarzelle ist montiert, um die Intensität der Strahlung zu messen.
Ballonprojekt ermöglicht Forschung zum Wetter und zum Klimawandel
„Letztendlich werden wir Daten haben, wie schnell er gestiegen und geflogen ist, also typisch für einen Wetterballon. Die Luftströmung messen. Und es ist mit Blick auf die Ozonschicht und Treibhausgase interessant, wie viel Sonne wirklich noch durchschlägt.“ Es geht also auch um Forschung zum Klimawandel.
Es gab eine Genehmigung für 14 Tage, man legte sich dann auf den Freitagmittag fest. „Wir haben schon mit dem Flughafen telefoniert, die haben uns gesagt, dass 12.30 Uhr ist okay, um den Ballon starten zu lassen.“
Spektakuläres Projekt: Physikklasse findet die Sonde im Ricklinger Forst
Für das Alstergymnasium ist es ein außergewöhnlicher Tag. „Wir sind echt gespannt, weil wir die Ergebnisse ja nicht nur für Physik, sondern auch für mein Fach, die Geografie, verwenden können“, sagt der stellvertretende Schulleiter Christian Schwiers. „Die Schüler haben viel Engagement reingesteckt. Wir haben Physik mit fünf Stunden und das Seminarfach mit drei Stunden, es ist also viel Zeit, um solche Sachen zu machen. Und es geht nicht, wenn sich Lehrer nicht zusätzlich dafür einsetzen.“
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Für die Physikklasse und die Lehrkräfte begann nach dem Start das Warten. Dann sahen sie: Der Ballon war erst nach Osten geflogen, dann geplatzt, in die Atmosphäre eingetreten, ehe der Sinkflug am Fallschirm einsetzte – in westlicher Richtung. Die Endstation: „Die Sonde landete im Ricklinger Forst, in 20 Meter Höhe in einem Baum“, berichtet Lehrer Christian Kubitza, der das Projekt dokumentiert. „Wir mussten zur Bergung die Freiwillige Feuerwehr Trappenkamp kommen lassen.“ Per Drehleiter wurde das Objekt sicher von einem Ast geholt – die Messgeräte sind unbeschadet geblieben. „Der Tag war ein voller Erfolg.“