Bad Segeberg. Warum die Wirtschaft die A20 unbedingt will und was Segebergs Bürgermeister und die Karl-May-Spiele damit zu tun haben.
Kurz war sie bundesweit Thema, die Verlängerung der Küstenautobahn A20 und die ersehnte Umgehung der Kreisstadt Bad Segeberg, als das Projekt von der Liste der Bundesregierung mit den prioritären Ausbauprojekten im Land flog. In Bad Segeberg erhob sich der Volks- und Parteienzorn, Landesverkehrsminister Claus Ruhe Madsen drohte in einer Spontandemo auf dem Segeberger Marktplatz damit, sich einen Bagger kaufen zu wollen und einfach loszulegen.
Doch spätestens als der SPD-Bundestagsabgeordnete Bengt Bergt – der zuvor heftig für den Bau der A20 getrommelt hatte – eingestehen musste, dass sein Unterfangen, den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nach Bad Segeberg zu holen, damit der den Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort stehen könne, letztlich gescheitert war und Wissing absagte – da begann an den Rändern des Themas schon wieder das Gras zu wachsen, das sich bald darüber legen könnte.
Autobahnbau A20: IHK fordern Ausbau – und Segeberg droht mit Kriegsbeil
Vielleicht war es da ganz gut, dass Segebergs Bürgermeister bei der Premiere der Karl-May-Spiele am vergangenen Sonnabend in der Kalkbergarena als gut bewaffneter Westmann in Boots und Weste auftrat und martialisch an die Bundes- und Landespolitik gerichtet versprach, Segeberg würde bald das Kriegsbeil ausgraben, wenn die Umgehung Segebergs nichts bald gebaut werde.
Ganz offenbar spüren auch die Industrie und Handelskammern entlang der vorgesehen Küstenautobahn A20, dass die Erregung über das nicht mehr als von „überragendem öffentlichen Interesse“ angesehene Autobahn-Projekt abebbt. Weswegen sie am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung die Bundesregierung aufforderten, die Planung und den Bau der wichtigsten Ost-West-Verbindung in Norddeutschland erheblich zu beschleunigen.
Bürgermeister Toni Köppen nutzte die Premiere der Karl-May-Spiele für den Protest
„Die A20 ist aus Sicht der Wirtschaft das zentrale Straßeninfrastrukturprojekt, um die weiträumigen nord- und nordosteuropäischen Verkehrsströme leistungsstark und mit verkürzten Fahrzeiten aufzunehmen und die wirtschaftsgeographische Lage weiter Teile Norddeutschlands maßgeblich zu verbessern“, teilen die Handelskammern Bremen und Bremerhaven, Hamburg, Oldenburg, Schleswig-Holstein, Schwerin und Stade mit.
„Konsequente Unterstützung“ im Engagement für die A20 erhalte man von der Ministerpräsidentin und den vier Ministerpräsidenten sowie den Unternehmensverbänden der norddeutschen Bundesländer. Bereits Anfang Mai hatten sich die Partner mit einem gemeinsamen Aufruf zum zügigen Weiterbau der A20 an den Bundeskanzler und die Bundesregierung gewandt. Das parlamentarische Beratungsverfahren für das Beschleunigungsgesetz der 144 wichtigsten Projekte im Land sei noch nicht abgeschlossen.
A20 soll wieder in das beschleunigte Verfahren kommen
Wenn die A20 als internationale Verkehrsachse von Stettin in Polen über Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein bis in den Nordwesten Niedersachsens stehe, würden sich zahlreiche Fahrzeiten und -wege erheblich verkürzen. „Die A20 wäre in ihrer vollständigen Länge eine leistungsfähige und das übrige Fernverkehrsnetz stark entlastende Transportachse, die die Industriebetriebe und Hafenstandorte sowie den Küstentourismus eines Wirtschaftsraums näher zusammenbringt, der sich von den Niederlanden bis zum Baltikum erstreckt.“
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Um vielen norddeutschen Regionen auch zukünftig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu sichern, sei es von enormer Bedeutung, den Bau der A20 entschlossen voranzutreiben und ohne weitere Verzögerungen umzusetzen.
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Verkehrsminister Volker Wissing machte in seiner Absage an den SPD-Bundestagsabgeordneten Bengt Bergt unmissverständlich klar, dass er dazu auch gewillt ist. Der Ausbau der A20 genieße „höchste Priorität“, teilte Wissing mit und er wisse um die „Notwendigkeit und Dringlichkeit eines Neubaus der A20“. Das Land, so SPD-Mann Bergt, würde die Planfeststellung demnächst abschließen. Dann könne mit dem Bau 2024 begonnen werden. Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen hält eine Realisierung bis 2030 für machbar.
So weit die Worte – bleibt abzuwarten, ob Taten folgen oder ob Toni Köppen und die Bad Segeberger doch noch das Kriegsbeil ausgraben müssen.