Norderstedt. Tarife: Änderungen für das vierte Quartal 2023 vorgestellt. So rechtfertigen die Stadtwerke Norderstedt ihre Preispolitik.

Es ist die nächste Veränderung bei den Energiepreisen in der Stadt. Zum 1. Oktober, also für das letzte Quartal 2023, werden für die Grundversorgung mit Erdgas und mit Strom neue Preise gelten, wie die Stadtwerke Norderstedt nun der Politik vorgestellt haben. Es gibt eine Senkung – und eine Erhöhung. Während der Arbeitspreis beim Strom nämlich um 2,13 Cent sinkt auf nun 46,87 Cent brutto, ist es beim Erdgas andersherum mit plus 1,66 Cent pro Kilowattstunde auf nunmehr 16,06 Cent.

Diese Maßnahme ist amtlich, auch wenn es noch einige Wochen dauern könnte, bis alle Haushalte in Norderstedt die entsprechenden Briefe erhalten. Auch die Sondertarife (FairWatt und TuWatt) werden hiervon betroffen sein, diese müssen aber nicht durch die politischen Gremien abgesegnet sein.

Stadtwerke Norderstedt: Strompreis runter – Gaspreis rauf

Warum die Energiekosten gleichzeitig sinken und steigen – das bedarf einer Erklärung. Das Abendblatt hat bei Stadtwerke-Sprecher Oliver Weiß nachgefragt. „Zum einen ist die Speicherumlage zum 1. Juli angepasst worden, das war eh klar. Und dann müssen wir uns angucken, wie sich der Beschaffungsmarkt entwickelt. Wir sehen, dass der Spot-Preis gesunken ist im Laufe dieses Jahres.“

Also der kurzfristige Kurs. „Aber gleichzeitig müssen wir berücksichtigen: Wie beschaffen wir als Stadtwerke, als Grundversorger, Energie? Alles, was wir 2022 und 2023 an Energie liefern, haben wir zwei Jahre im Voraus eingekauft, also 2020 und 2021.“ Das war noch vor dem Ukraine-Krieg. Daraus werde ersichtlich: „Die gefallenen Preise helfen uns im Augenblick gar nicht.“

Gas musste wieder verkauft werden – mit Verlust

Die Ausnahme: Planabweichungen innerhalb eines Jahres. So wurde für 2023 kalkuliert: Wie viele Kunden haben die Stadtwerke, wie viel Gas verbrauchen diese, was muss also eingekauft werden? Exakt lässt sich das aber nie prognostizieren – es muss nachjustiert werden, in beide Richtungen, „entweder man hat zu wenig Gas, oder man hat Überkapazitäten, muss Gas an den Markt abgeben.“ Die offensichtlichsten Gründe hierfür: Die Menschen sparen sehr viel Energie, oder es wandern Kunden ab.

Das ist nun der Fall. Das Gas wird aber zu niedrigeren Preisen verkauft, die Stadtwerke machen also einen Verlust, der wiederum durch die Erhöhung aufgefangen werden soll. Und das hin zu einem Arbeitspreis, der fast doppelt so hoch ist wie andere Anbieter, wie gängige Vergleichsportale zeigen.

Stadtwerke-Sprecher: „Unser Anspruch ist nicht die Preisführerschaft“

Weiß: „Unser Anspruch ist nicht die Preisführerschaft, das können wir als Grundversorger nicht machen.“ Alle Stadtwerke in der Region hätten eine ähnliche Beschaffungsstrategie. „Und alle liegen im Augenblick zwischen 13, 14 und 21 Cent pro Kilowattstunde Gas.“

Denn: „Grundversorgung heißt sichere Versorgung zu stabilen Preisen. Wir dürfen eines nicht vergessen – denn was ist denn im letzten Jahr passiert? Es gibt auch Anbieter am Markt, die betreiben keine eigenen Strom- und Gasnetze, die kaufen nur ein und verkaufen. Und die kaufen häufig eine ganz bestimmte Menge Gas, wissen genau, das reicht für so und so viele Kunden, und dann gehen sie preis-aggressiv an den Markt.“

Stadtwerke-Sprecher Oliver Weiß – im letzten Jahr hatte das Unternehmen umsonst Raumthermometer verteilt, um den Menschen beim Energiesparen zu helfen.
Stadtwerke-Sprecher Oliver Weiß – im letzten Jahr hatte das Unternehmen umsonst Raumthermometer verteilt, um den Menschen beim Energiesparen zu helfen. © Unbekannt | Christopher Mey

2022 sei der Preis am Spot-Markt extrem angestiegen. Die Niedrig-Anbieter konnten ihre Verträge nicht mehr einhalten, sie mussten teurer nachkaufen, kündigten Hunderttausenden Kunden. „Diese sind an die Grundversorger gefallen, waren aber gar nicht geplant. Und wir mussten nachkaufen zu den hohen Preisen.“ Und die Kunden mussten Tarife akzeptieren, die sie nicht gewohnt waren.

Stadtwerke weisen Vorwurf zurück, stets teurer als alle anderen Anbieter zu sein

Den Vorwurf, die Stadtwerke seien durchgehend teurer als andere Anbieter, lässt Oliver Weiß nicht stehen. Er verweist auf die Entwicklung seit Januar 2022: Im Vergleich zwischen dem Norderstedter Versorger und dem Preisindex des Portals Verivox (Durchschnitt aller gelisteten Versorger und Sondertarife) waren die Stadtwerke zeitweise sowohl beim Erdgas als auch beim Strom günstiger – insbesondere im Zeitraum von Juli bis Oktober 2022.

Heute, im Juni 2023, liegt der Strompreis der Stadtwerke deutlich über dem Verivox-Index, beim Erdgas zwar auch, aber der Unterschied ist gering. Aktuell gebe es einen gegenteiligen Effekt, da die Konkurrenz jetzt günstiger einkaufe. Beim Strom aber seien die Stadtwerke im Vorjahr beim Vergleichsportal sogar auf Platz eins gewesen. Erst seit Dezember ist die Differenz wieder eine andere.

Höhere Preise sind nicht gleich höhere Gewinne

Auffällig ist: Zum 1. April sank der Erdgaspreis bei den Stadtwerken. „Wir mussten bestimmte Risiken einkalkulieren, diese sind geringer als erwartet ausgefallen, wir haben Überschüsse erwirtschaftet, diese haben wir direkt weitergegeben an die Haushalte.“

Und der Preissprung beim Strom? „Dieser ist mit dem Gaspreis verbunden. Häufig wird Gas zur Stromproduktion eingesetzt. Und es setzte der Effekt ein, dass die gekündigten Kunden zu uns gekommen sind, wir mussten nachkaufen, und das mussten wir im Preis nachbilden. Nur weil unser Strompreis im Wettbewerbsvergleich deutlich höher ist, machen wir nicht deutlich höhere Gewinne. Das bildet die Beschaffungspreise ab.“

Stadtwerke Norderstedt: Keine Rückkehr auf Vorkriegs-Preisniveau

Oliver Weiß warnt: „Wir müssen uns davon verabschieden, zu sagen, dass wir auf das Vorkriegsniveau bei den Endverbraucherpreisen zurückkommen werden. Das werden wir nicht.“ Klar, deswegen sollen die Menschen ja auch sparen und wenn möglich das Eigenheim technisch umrüsten. „Die günstigste Energie ist jene, die ich nicht verbrauche.“ Aber dem seien auch Grenzen gesetzt. „Wir haben 28 Grad draußen, aber trotzdem habe ich einen Gasverbrauch, ich brauche ja Warmwasser. Oder eben Stromverbrauch, wenn ich eine Wärmepumpe habe.“

Zum Energiesparen animieren sollen die in diesem Frühjahr eingeführten, auf 80 Prozent gedeckelten Preisbremsen für Gas (12 Cent/Kilowattstunde) und Strom (40 Cent). „Ja“, die Verbräuche seien gesunken. „Energie ist zu etwas Wertvollem geworden, ist im Bewusstsein der Haushalte angekommen, die Menschen beschäftigen sich damit, effizienter zu werden. Und das ist nur hilfreich und gut. Und wir sehen einen anderen Effekt. Unsere Energiesparberater, die wir schon seit vielen Jahren haben, haben eine verstärkte Nachfrage. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Das Beste ist immer, die Verbräuche zu messen, um zu wissen, wo ich stehe.“

Übrigens ist das letzte Wort für das vierte Quartal 2023 noch nicht gesprochen. Rechtzeitig vor dem 1. Oktober könnte es noch weitere Anpassungen geben – je nach Welt- und Marktlage. „Wenn wir Mitte August sehen, dass es weitere Spielräume gibt, in welche Richtung auch immer, werden wir noch einmal einen Stadtwerkeausschuss einberufen.“