Norderstedt. Das Gebäudeenergiegesetz steht – die Verunsicherung bleibt. Wenigstens stellt Norderstedt bald seine Wärmeplanung vor.

Zwar braucht in diesen Tagen wahrlich niemand eine Heizung – trotzdem ist die Frage, wie man zukünftig sein Haus oder seine Wohnung heizen wird, in aller Munde. Muss die alte Gas- oder Ölheizung rausgerissen werden? Soll ich in eine Wärmepumpe investieren? Was sind Alternativen? Und wer, um Himmels Willen, baut mir die ein?

Das „Heizungsgesetz“, oder Gebäudeenergiegesetz, ist beschlossene Sache – und die Verunsicherung der Menschen ist groß. „Wichtig ist, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern, Energieversorgern und Kommunen verlässliche Leitplanken an die Hand geben“, sagt der Bundestagsabgeordnete für den Kreis Segeberg Bengt Bergt (SPD). Und da sieht Bergt die Kommunen in der Pflicht.

Heizung: Fernwärme oder Wärmepumpe – Wie heizt Norderstedt zukünftig?

Die Kommunale Wärmeplanung und die Vorgaben für den Einbau neuer, klimafreundlicher Heizungen in Wohngebäuden müssten eng miteinander gekoppelt werden, betont Bergt. „Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer sollten wissen, ob sie in den nächsten Jahren an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden können – das würde den Einbau etwa einer Wärmepumpe erübrigen.“

Die Stadt Norderstedt hat die Vorstellung seines Kommunalen Wärmeplanes für die kommende Woche angekündigt. Die Stadt baut seit Jahren an ihrem Fernwärmenetz. Es besteht derzeit aus über 70 Kilometern an Leitungen und 13 Blockheizkraftwerken. Diese werden derzeit aber noch mit Gas betrieben, sollen langfristig dekarbonisiert werden. Das heißt weg vom Erdgas, hin zu einem vielschichtigen System, das industrielle Abwärme nutzt, sich außerdem auf Solarthermie, Geothermie und Luftwärmepumpen stützt.

Wärmeplanung der Stadt Norderstedt wird am 22. Juni präsentiert

Wie genau der Wärmeplan für Norderstedt aussehen wird, den die Verwaltung gemeinsam mit den Stadtwerken erarbeitet hat, das wollen Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder, Baudezernent Christoph Magazowski, Stadtwerkeleiter Nico Schellmann und Birgit Farnsteiner von der Stabsstelle Nachhaltiges Norderstedt am Donnerstag, 22. Juni, präsentieren. Das Ziel, so heißt es: Norderstedt soll klimaneutral mit Wärme versorgt werden.

Die kommunale Wärmeplanung ist für Norderstedt und die 77 anderen größten Kommunen Schleswig-Holsteins verpflichtend geregelt. Die Landesregierung hat in ihrem Energiewende- und Klimaschutzgesetz vorgegeben, dass sie je nach Größe bereits im Zeitraum zwischen 2024 und 2027 eigene Konzepte zur klimaneutralen Wärmeversorgung erarbeiten. Der Plan muss ein Konzept beinhalten, wie bis 2045 eine treibhausgasneutrale Wärme- und Kälteversorgung erreicht werden kann.

Umweltminister kritisiert „Ambitionsniveau“ bei der Wärmeplanung

Umweltminister Tobias Goldschmidt kritisierte am Mittwoch das „Ambitionsniveau“ für die kommunale Wärmeplanung im Bund. „Besonders die Zielvorgaben für größere Kommunen sind im Gesetzesentwurf viel zu spät angesetzt.“ Die Art und Weise, wie die Diskussion über das Gebäudeenergiegesetz in den letzten Wochen und Monaten geführt worden sei, habe zu viel Verdruss und Verunsicherung geführt, sagte Goldschmidt.

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Immerhin sei nun klar, dass ein Gebäudeenergiegesetz überhaupt komme. „Schleswig-Holstein wird sich auf dem Weg zum ersten klimaneutralen Industrieland vom Berliner Ampel-Hickhack nicht beirren lassen.“ Ein Bürgschaftsprogramm im Umfang von zwei Milliarden Euro für den Aufbau kommunaler Wärmenetze durch Stadtwerke sei in Arbeit.

Heizung: Wohnungsunternehmen fordern mehr landesweite Vorgaben

Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), kritisiert hingegen Goldschmidt. Zwar sei die kommunale Wärmeplanung in Schleswig-Holstein seit Jahren verpflichtend geregelt. „Aber statt landesweit einen Rahmen vorzugeben, hat das Kieler Umweltministerium das Thema Wärmeplanung ohne Vorgaben auf die kommunale Ebene delegiert.“

Da in Schleswig-Holstein jegliche Leitplanken fehlen würden, mache jeder „das, was er will – und kann“. Eine übergeordnete Linie oder eine landesweite Strategie fehle, sagte Breitner. „Damit droht Stückwerk, das letzten Endes nicht zu regionalen Planungen passt. Das Land entzieht sich seiner Verantwortung.“

Eine treibhausneutrale Wärmeversorgung setze erhebliche Investitionen voraus, die man nicht mal eben aus dem Ärmel schütteln könne. „Unsere Unternehmen brauchen Zeit und Planungssicherheit. Ihre Planungen korrespondieren bestenfalls mit denen der Kommune. Wenn aber jeder etwas Eigenes macht, führt das zu Fehlentwicklungen“, warnt Breitner.