Norderstedt. Gelungene Hommage an Norderstedts großen Textdichter im Festsaal am Falkenberg. Für die Revue heute Abend gibt es noch Karten.
Der neue Norderstedter Musikschulleiter Gabriele Angelo Mele begrüßte das Publikum schon an der Eingangstür, hinter der Bühne brodelte es vor Aufregung, und im Saal suchten die Zuschauerinnen und Zuschauer zwischen den sehr eng platzierten Tischen und Stühlen nach ihren Plätzen – Premieren-Fieber im Festsaal am Falkenberg.
Auf dem Programm stand eine besondere Revue der Musiktheater-Akademie, die zur Musikschule gehört. Diese Revue, mit der Norderstedts großer Textdichter Ernst Bader (1914-1999) geehrt wird, sollte schon zum 50. Geburtstag der Stadt Norderstedt aufgeführt werden. Das war vor drei Jahren. Dazwischen – Corona und andere Kalamitäten.
Norderstedt: Große Begeisterung für Ernst Bader und seine Lieder
„Seit 2019 proben wir die Revue, und nun endlich konnten wir Premiere feiern“, sagte Simone Voicu-Pohl. Die Leiterin der Musiktheater-Akademie hatte die Idee zur Revue, hat sie zusammengestellt und führte auch Regie. Wer ihre sonst zumeist farbenfrohen Musicals und Revuen kennt, war von der eher zurückhaltenden Ausstattung verblüfft.
„Ich wollte mit Kostümen und Bühnenbild bewusst dezent bleiben und nur Ernst Bader, seine Schlagertexte und seine Musik wirken lassen“, sagte Simone Voicu-Pohl. Das Ensemble trat durchweg in schwarzen Kleidern, Hosen und Hemden auf. Nur beim Schlager „Das Toto-Lied“, mit viel Witz und Tempo auf die Bühne gebracht, legten die Sängerinnen und Sänger Fanschals diverser Fußballclubs um, bei „Am Tag, als der Regen kam“ schwenkten sie bunte Regenschirme, und beim Freddy-Quinn-Evergreen „Heimweh“ mit der Liedzeile „Brennend heißer Wüstensand“ legten die Sängerinnen den Sängern eine Kefiye um, die traditionelle Kopfbedeckung arabischer Männer.
Die meisten Schlager, Lieder und Chansons sang das gesamte Ensemble
Wer das als kulturelle Anmaßung empfand, war in der ganzen Hommage an Ernst Bader falsch, schließlich spiegelte sie die satte 1950er-Jahre-Kultur wider. Auch die Zigeuner durften mitfeiern, denn Ernst Bader schrieb den deutschen Text für Charles Aznavour, mit dem ihn eine tiefe Freundschaft verband. Im Programm indes stand prompt die deutsche Übersetzung des französischen Titels „Les deux guitares“. Christina Battistan interpretierte das Lied mit viel Verve und Hingabe.
Die meisten Schlager, Lieder und Chansons sang das gesamte Ensemble, und das Publikum fing stets sofort die Freude der Sängerinnen und Sänger auf, ihren „Spirit“ und ihre Begeisterung für die teils inhaltsreichen, nachdenklichen, teils aber auch albernen und fröhlichen Texte Ernst Baders. Mit großem Können unterstützte Benjamin Fenker den Solisten-Chor am Klavier. Fast immer gab es begeisterten Szenen-Applaus. Das begann gleich mit dem ersten Lied „Wiedehopf im Mai“ über „Tulpen aus Amsterdam“, „Der Mond von Wanne Eickel“ bis zum Titel-Schlager „Die Welt ist schön, Milord“.
Revue: Wolfgang Pein las aus den Erinnerungen Ernst Baders
Durchs Programm führte Wolfgang Pein als Erzähler, der aus den Erinnerungen Ernst Baders las, über seine Karriere plauderte, darüber, wie er in Norderstedt am Binsenstieg ein Grundstück kaufte und sich Stein für Stein ein Haus darauf baute. Den Anekdoten über das Entstehen der Liedtexte und über Wegbegleiter hörte das Publikum gespannt zu. Doch Wolfgang Pein erzählte auch von Ernst Baders sozialer Einstellung und seinem Glauben an Gott, beispielsweise „Gott gibt nur denen viel, die Menschen in Not helfen“. Begleitet wurden diese Erzählungen von Film-Ausschnitten über Ernst Baders Leben.
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Anrührend und vor allem auch sicher in der Höhe gelang Isa Scholz das Lied „Blue Bayou“, nach dem Wolfgang Pein mit „Perpetuum Mobile“ ein starkes Gedicht von Ernst Bader rezitierte, in dem er 1943 die menschenverachtende Gesinnung des NS-Regimes und ihrer heutigen Nachahmer anprangerte. Das Ensemble folgte mit dem aufrüttelnden Anti-Kriegslied „Hundert Mann und ein Befehl“ von Ernst Bader. Eindrucksvoll sang das Ehepaar Sabine und Gerald Wehder das Bader-Chanson „Du lässt dich gehn“, bevor Wolfgang Pein das Solo „Jugend“ rezitierte.
Norderstedt: Der Schluss-Applaus galt nur einem – Ernst Bader
Nach dem Finale mit „Die Welt ist schön, Milord!“ und einer Zugabe feierte das Publikum das gesamte Ensemble. Doch der Schluss-Applaus galt nur einem – Ernst Bader.
„Diese Revue hat mich an meine gute Zeit mit Ernst Bader erinnert, das war wunderbar“, schwärmte Christa Heise-Batt, die mit Ernst Bader jahrzehntelang befreundet war. „Ich fühle mich wieder frisch wie in meiner Jugend“, sagte eine ältere Dame, schwang sich auf ihr Fahrrad und fuhr selig summend nach Hause.
Ernst-Bader-Revue: Für heute Abend gibt es noch Karten
Ernst-Bader-Revue „Die Welt ist schön, Milord!“, So 11.06., 20.00, Festsaal am Falkenberg, Langenharmer Weg 90. Eintritt 16/9 Euro.