Bad Bramstedt. Ver.di befürchtet Zahlungsunfähigkeit. Warum die Geschäftsführer und der Betriebsrat bis Donnerstag schweigen wollen.
Muss das Klinikum Bad Bramstedt Insolvenz anmelden? Dieses Gerücht kursiert seit Tagen in der Stadt. Jetzt hat die Gewerkschaft Ver.di konkrete Hinweise auf eine bevorstehende Pleite: Sie geht davon aus, dass die Gesellschafterversammlung einen Insolvenzantrag stellen könnte.
Ver.di leitet diese Möglichkeit von den Wirtschaftszahlen des Fachkrankenhauses ab, die der Gewerkschaft vorliegen. Offenbar sind die Zahlen so schlecht, dass die Zahlungsunfähigkeit unvermeidbar ist. Was die Pleite für die 1000 Mitarbeiter und die jährlich 17.000 Patienten bedeuten würde, ist noch völlig offen.
Klinikum vor der Insolvenz? Sorge um 1000 Arbeitsplätze
Für den Wirtschaftsstandort Bad Bramstedt könnte damit die zweite schlechte Nachricht binnen weniger Tage folgen. Erst vor kurzem hatte der Fleischkonzern Vion angekündigt, den Schlachthof mit seinen 250 Mitarbeitern zum 31. Juli zu schließen.
Geschäftsführer Jens Ritter und der Betriebsrat wollen sich bislang zu den Anfragen des Abendblatts nicht äußern. Sie haben zu einer Mitarbeiterversammlung zu Donnerstag eingeladen und wollen danach die Öffentlichkeit informieren. Die Mitarbeiter sollten vorab nicht aus den Medien erfahren, wie die Gesellschafter entschieden haben, sagte Ritter.
Wegen der wirtschaftlichen Situation hat Ver.di einen Tarifabschluss für die Beschäftigten des Klinikums akzeptiert, den sie unter anderen Umständen abgelehnt hätte. Noch am 22. hatten die Arbeitnehmer die Übernahme des Abschlusses für den öffentlichen Dienst gefordert, der einen Inflationsausgleich von 3000 Euro, einen Sockelbetrag von 200 Euro plus 5,5 Prozent Gehaltssteigerung für 2023 und 2024 vorsieht.
Wegen wirtschaftlicher Krise: Ver.di akzeptiert niedrigen Haustarif
„Die Beschäftigten haben erwartet, dass dieser Abschluss in derselben Höhe nachvollzogen wird“, sagte Imke Wriedt, Fachbereichssekretärin bei Ver.di. Das hat die Gesellschaftversammlung jedoch abgelehnt. Die möglicherweise drohende Insolvenz habe die Tarifkommission schließlich dazu bewogen, eine Bezahlung zu akzeptieren, die zehn Prozent unter dem Tarif im öffentlichen Dienst liegt.
Die Gewerkschaft bezeichnete es als skandalös, dass die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Nord als Hauptgesellschafter in den eigenen Häusern nach Tarif zahlt, im Klinikum jedoch zehn Prozent darunter bleibt. Das Bramstedter Krankenhaus gehört zu den größten Fachkliniken für Erkrankungen des Bewegungsapparats und gibt aus der einstigen Rheumaklinik hervor.
Dass das Klinikum in einer wirtschaftliche schwierigen Situation steckt, wurde bereits im April deutlich. Damals wurde bekannt, dass die Verhandlungen mit dem städtischen Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster über einen Verkauf der Anteile der DRV Nord gescheitert sind. Der Versicherer hält 71 Prozent der Anteile.
Zwar sei das Angebot des Krankenhauses das beste von allen gewesen, sagte Klinikchef Ritter damals. Doch wegen der hohen Verbindlichkeiten des Bramstedter Klinikums Höhe von 18 Millionen Euro könne die DRV Nord nur mit Verlust verkaufen. Doch das ist nach den Regularien nicht zulässig.
- Bad Bramstedt: 1000 Beschäftigte des Fachklinikums bangen um ihre Jobs
- Fachkräftemangel: Klinikmanager lockt Pflegekräfte mit 10.000-Euro-Bonus
- Ein Medizin-Park für Bad Bramstedt
Eine neue Variante sieht vor, die am Hamburger Uni-Klinikum Eppendorf (UKE) ansässige Reha-Tochter des Klinikums gesondert mit ihren 150 Beschäftigten zu verkaufen und für das Klinikum am Standort Bad Bramstedt die Verhandlungen mit dem Krankenhaus in Neumünster fortzusetzen. Der Plan: Mit dem Verkauf der Reha in Hamburg könnte die Liquidität des Unternehmens gesichert werden.
Der Sanierungsstau im Klinikum liegt nach Angaben von Ritter bei etwa 60 Millionen Euro. Die Corona-Pandemie und der lange Lockdown hätten die Klinik in die Schieflage gebracht, erklärt der Geschäftsführer. Ritter hatte eine Grundsanierung favorisiert und einen kompletten Umbau mit einem strategischen Partner geplant. Die Kosten hatte er auf zunächst 90 Millionen Euro geschätzt.