Henstedt-Ulzburg. Infotag am 1. Juni: Unternehmer berichtet über schwierige Suche nach einem Firmennachfolger. Handwerkskammer und IHK geben Tipps.
Es war eine der schwierigsten Entscheidungen, die Mathias Herrde jemals beruflich treffen musste. „Wem vertraue ich mein Lebenswerk an?“, diese Frage stellte sich der Unternehmer aus Henstedt-Ulzburg vor einigen Jahren. Mit seiner Firma „mth“ war es ihm gelungen, sich als Sondermaschinenbauer und Systemlieferant für Ultraschall-Schweißgeräte in der Branche zu etablieren. 1991 gegründet, hatte Herrde den Sitz 1999 an den Tiedenkamp in der Großgemeinde verlagert.
Doch er wurde eben nicht jünger. „Ich habe immer gern gearbeitet, mit Leidenschaft die Technik weiterentwickelt, auch mal in ganz andere Richtungen gedacht und würde mich selbst als Workaholic bezeichnen“, sagt der 64-Jährige. „Aber als ich 59 Jahre alt war, habe ich eines Tages in den Spiegel geschaut und gedacht: Du wirst alt – und den Entschluss gefasst, meine Firma zu verkaufen.“
Firmennachfolge: Schwierige Entscheidung – Workaholic verkauft Lebenswerk
Aber an wen? Was muss hierbei beachtet werden? Es wurde eine komplexe Angelegenheit. Herrde spricht von „sieben Phasen“, die er durchlaufen habe. Beginnend damit, den Gedanken festzusetzen, und letztlich mit einer Vertragsunterzeichnung zum Abschluss. Das Unternehmen in der Familie zu halten, wäre naheliegend gewesen, doch diese Idee erwies sich als nicht machbar. „Meine Kinder wollten nicht“, so Mathias Herrde. Das war in der Belegschaft nicht anders. „Von meinen Mitarbeitern kam zu dem Zeitpunkt auch niemand in Frage.“
Eine qualifizierte Person fand er bei einem Mitbewerber. Ihm wollte er „Schritt für Schritt mein Unternehmen übertragen“. Herrde: „Ich habe ihn bei mth dann zum Betriebsleiter bei besten Bedingungen eingestellt und an Tag X – an meinem 60. Geburtstag – wollte ich ihm dann die ersten Anteile meiner Firma übergeben. Schnell wurde klar, dass er das doch nicht möchte, da ihm das Risiko zu hoch gewesen sei.“
Verlockendes Angebot aus China – aber Mathias Herrde lehnte ab
Was blieb? Genau die Option, die der Inhaber eigentlich verworfen hatte, nämlich die Übernahme durch einen „Betriebsfremden“. Das sei eine Herausforderung gewesen. Herrde inserierte in der Fachpresse. „Ich bekam sofort eine Anfrage aus China. Da hieß es: Egal, was ich möchte, sie zahlen das Doppelte.“ Doch für die Angestellten wären die Konsequenzen nicht schön gewesen. „Die Interessenten haben mir gleich gesagt, dass sie an meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – die mit mir durch Dick und Dünn gegangen sind – kein Interesse haben.“
Geld sei aber nie „Motivation Nummer eins“ gewesen. Also schlug Herrde die für ihn persönlich lukrative Fernost-Offerte aus. Die Suche ging also weiter. „Zufällig bin ich dann auf eine Plattform der Kreissparkasse aufmerksam geworden und habe mth inseriert – gleich am nächsten Tag hat sich dann bei mir ein Interessent gemeldet, bei dem ich unter anderem aufgrund seines technischen Fachwissens mir vorstellen konnte, dass es passen könnte.“ Und tatsächlich: „Kurz vor meinem 61. Geburtstag habe ich an ihn dann meine Firma verkauft.“ Und so führt jetzt Christian Groth, ein gelernter Maschinenbauingenieur, seit 2021 die Geschäfte in Henstedt-Ulzburg.
Unternehmensnachfolge: „Frühzeitig gute Beratung hinzuholen“
Matthias Herrde beschäftigt sich auch heute noch mit der komplizierten Frage der Unternehmensnachfolge. „Ein Firmenverkauf ist ganz anders als zum Beispiel ein Hausverkauf – auch drei bis fünf Jahre danach holen mich einige Dinge – wie zum Beispiel steuerliche Angelegenheiten – immer noch ein. Ich selbst hätte nicht damit gerechnet, dass ich so lange damit zu tun habe und nach den sieben Phasen des Firmenverkaufs noch eine achte folgt – ich kann also nur empfehlen, sich dabei frühzeitig gute Beratung hinzu zu holen.“
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Und aus diesem Grund wird in Henstedt-Ulzburg am Donnerstag, 1. Juni, eine kostenlose Informationsveranstaltung im Ratssaal (Rathausplatz 1) stattfinden. Die Wirtschaftsförderung der Großgemeinde hat diese zusammen mit der IHK zu Lübeck und der Handwerkskammer Lübeck initiiert. Beginn ist um 16.30 Uhr. Kai-Uwe Steding (Handwerkskammer) und Uwe Adams (IHK) werden dann die verschiedenen Möglichkeiten bei der Unternehmensnachfolge aufzeigen und Tipps geben.
Henstedt-Ulzburg: Infoveranstaltung mit Vorträgen und Fragerunde
Auch zugesagt hat Lutz von Majewsky von der HWB Transaktionsberatung – er ist ein Fachmann für Bewertungsverfahren und steuerliche Aspekte. Und dann ist natürlich auch Mathias Herrde dabei, der von seinen persönlichen Erfahrungen bei der Firmenübergabe berichten wird.
Im Anschluss ist ab ungefähr 19 Uhr Gelegenheit für Fragen und Diskussionen. Um eine Anmeldung bis spätestens 30. Mai, und zwar online (eveeno.com/nachfolgeHU), wird gebeten. Mit der Veranstaltung wird offenbar ein Nerv getroffen, wie sich schon jetzt zeigt – denn laut Verwaltung habe es bereits einige Dutzend Zusagen gegeben.