Norderstedt . Sechs mörderische Schwestern lasen aus ihren Kriminalromanen. In der Stadtbücherei Norderstedt blieb an diesem Abend kein Stuhl frei.

Elisabeth Wiese ist eine Engelmacherin. Fünf Babys soll sie umgebracht und im Ofen verbrannt haben - jetzt steht sie vor ihrem Henker. Das Fallbeil saust herab. Schaurig. Den Zuhörern in der Stadtbücherei Norderstedt-Mitte stockt der Atem, läuft eine Gänsehaut über den Rücken: Bei der zweiten Ladies Crime Night in der Bücherei ging es spannend, gruselig und bisweilen auch humorvoll zu. Sechs Autorinnen gaben ihr Bestes.

Was Kathrin Hanke in ihrem Kriminalroman „Die Engelmacherin von St. Pauli“ beschreibt, beruht auf wahren Begebenheiten. Doch hat die Frau, deren Aussehen an die Hexe im Märchen erinnert, die Kinder wirklich im Ofen verbrannt? Sie leugnet es bis zum Schluss. Die Zuhörer in der Kinder- und Jugendabteilung der Stadtbücherei bekamen nur eine Zehn-Minuten-Sequenz aus dem Roman zu hören. Das aber langte, um einen Eindruck von der Düsternis dieser Handlung zu bekommen.

Schaurige Krimis: Von Mördern, Henkern und Fallbeilen

Die zweite Ladies Crime Night lockte wieder viele Interessierte - die Frauen waren in der Mehrzahl, vereinzelt aber hörten auch Männer begeistert zu. Es kamen so viele Krimibegeisterte, dass Büchereileiter Dietmar Drews und seine Mitarbeiterinnen in aller Eile noch weitere Stühle aufstellen mussten. Gut 80 Gäste waren es schließlich, die den zehnminütigen Auszügen aus Büchern und Kurzgeschichten lauschten.

Kathrin Hanke las aus dem historischen Kriminalroman
Kathrin Hanke las aus dem historischen Kriminalroman "Die Engelmacherin von St.- Pauli". © Frank Knittermeier

Die Norderstedter Autorin Anja Gust hatte auch die zweite Kriminacht in der Bücherei organisiert. Da gab es nicht nur etwas für die Ohren, sondern auch für die Augen. Lebensgroße Polizeipuppen, eine Pistole, ein Giftarsenal - Zutaten für einen gelungenen Krimiabend. Die schreibenden und an diesem Abend lesenden Damen fühlten sich in ihrem Element.

Die mörderischen Schwestern wurden von Schüssen gestoppt

Sie alle gehören dem Syndikat der der mörderischen Schwestern an. Das ist eine Vereinigung von Kriminalschriftstellerinnen, die mittlerweile über 700 Mitglieder hat. Sie alle verfassen Romane oder Kurzgeschichten, die in zum Teil namhafte Verlagen veröffentlicht werden. Jede Autorin ist zwar eine Einzelkämpferin, aber der Zusammenhalt innerhalb des Syndikats gibt ihnen die Gewissheit, dass sie von Gleichgesinnten umgeben sind. Gegenseitig Hilfe und Unterstützung gehören zum Ziel und Zweck der Vereinigung.

Heike Denzau las aus ihrem Mystery-Krimi
Heike Denzau las aus ihrem Mystery-Krimi "Dämonen der Speicherstadt". © Frank Knittermeier

In Norderstedt traten neben Kathrin Hanke diese mörderischen Schwestern an: Heike Denzau („Dämonen der Speicherstadt“, ein Mystery-Krimi), Jutta Götze („Fest in Holländischer Hand“, eine Kurzgeschichte aus dem Buch „Tatort Nord 2“). Bestsellerautorin Sabine Weiß („Zornige Flut“, der siebte Sylt-Krimi), Anja Marschall („Der Henker von Hamburg“) und Anja Gust („Oh Sünde, oh Liebe“, Kurzgeschichte aus „Tatort Nord 2“).

Einen ganzen Kriminalroman oder eine Kurzgeschichte in einem zehnminütigem Ausschnitt zu präsentieren, ist schon ein kleines Kunststück. Aber die versierten Autorinnen sind das gewohnt: So geht es in einer Crime Night eben zu. Nach genau zehn Minuten ertönt ein Schuss aus dem Lautsprecher - dann ist Schluss. Egal, ob der Henker das Fallbeil ausgelöst hat oder nicht.

Ladies Crime Night - Wenn die Hexe zuschlägt, stockt der Atem

Interessant übrigens, dass Anja Marschall, die Moderatorin des Abends, in ihrem aktuellen Buch über den „Henker von Hamburg“ die Geschichte der Kindesmörderin Elisabeth Wiese aufgegriffen hat. Dieser Fall allerdings ist nur ein Teilaspekt der Story, die hinter den Kulissen der Hamburger Opernwelt spielt.

Der Krimi-Abend in der Stadtbücherei hat den meisten Zuhörerinnen und Zuhörern vermutlich Lust auf mehr gemacht. Wer wollte, konnte das Gehörte mit nach Hause nehmen, um den Mördern endgültig auf die Spur zu kommen. Buchhändler Manuel Fritze von der Rathaus-Buchhandlung hatte auf seinem Büchertisch alle Werke parat.