Kreis Segeberg. Welche haarsträubende Geschichte der Seniorin aufgetischt wurde und wie die Betrüger sie stundenlang in Atem hielten.
Eine falsche Polizeibeamtin hat eine 90 Jahre alte Frau aus Trappenkamp im Kreis Segeberg um 30.000 Euro betrogen. Der Enkeltrick am Telefon verlief nach der Masche, die die Polizei seit Jahren beschäftigt: Der Rentnerin wurde ein Notfall vorgegaukelt. Erneut warnen die Ermittler, sich auf derartige Anrufe einzulassen.
Die Rentnerin aus Trappenkamp wurde am Freitag von einer Frau angerufen, die sich als Tochter der 90-Jährigen ausgab, berichtete die Polizei am Montag. Unter Tränen habe die Frau erzählt, dass sie schuld an einem Verkehrsunfall sei.
Polizei Schleswig-Holstein: Enkeltrick! Betrüger nehmen 90-Jähriger 30.000 Euro ab
„Kurz darauf übernahm eine falsche Polizeibeamtin, angeblich aus Bad Segeberg, das Telefonat und untermauerte die Legende von einem Verkehrsunfall, den die Tochter der Trappenkamperin verschuldet haben soll“, sagte Polizeisprecher Lars Brockmann. Bei dem Unfall sei eine Mutter getötet und deren Kind schwer verletzt worden.
Wegen des Unfalls befinde sich die Tochter in Haft, könne aber gegen Zahlung einer Kaution freigelassen werden, berichtete die vermeintliche Polizistin. Dann übernahm eine angebliche Staatsanwältin das Gespräch und übte weiter Druck auf die 90-Jährige aus. Sie fragte nach Bargeld und Wertsachen im Haus der Seniorin.
Betrüger setzten Seniorin stundenlang am Telefon unter Druck
Dann forderten die Betrüger die entsetzte Trappenkamperin auf, 30.000 Euro für die Freilassung ihrer Tochter bereitzustellen. Das Geld sollte durch einen Boten abgeholt werden. „Bis zur vereinbarten Geldübergabe gegen 12 Uhr hielten die Täterinnen ihr Opfer fast durchgängig am Telefon, um ihr keine Möglichkeit zum Nachdenken zu geben“, sagte Brockmann.
Kurz darauf meldete sich ein etwa zwei Meter großer, schlanker Mann an der Haustür der 90-Jährigen, nahm das Geld entgegen und entkam. Seine dunkle Kleidung soll nach Angaben der Seniorin einer Uniform geähnelt haben.
Die Kriminalpolizei Bad Segeberg ermittelt und bittet um Hinweise
Die Kriminalpolizei Bad Segeberg hat die Ermittlungen übernommen und sucht Zeugen, die Hinweise zu dem Abholer oder ein Fahrzeug auf dem Gönnebeker Ring und dessen Querstraßen geben können. Die Ermittler bitten um Informationen unter 04551/88 40.
Vor dem aktuellen Hintergrund warnt die Polizei zum wiederholten Male vor betrügerischen Anrufen. „Derartige Anrufe sind ein bundesweites Phänomen, das oftmals durch überörtliche Täter begangen wird“, sagte Polizeisprecher Brockmann. Unbekannte Anrufer versuchen immer wieder mittels dieser Masche an Bargeld und Wertgegenstände zu kommen. Da sich die Täter häufig als Enkel ausgeben, spricht die Polizei bei dieser Masche von Enkeltrickbetrügern.
Opfer der Betrüger sind zumeist ältere Menschen
Brockmann: „Der Fantasie der Betrüger sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Nicht selten werden sie am Telefon aufdringlich oder betteln regelrecht um Hilfe. Oftmals verfügen die Betrüger sogar über Detailwissen und verunsichern die Bürgerinnen und Bürger dadurch enorm.“
Die Zielrichtung sei stets dieselbe: Die Opfer sollen Bargeld besorgen und es den Betrügern aushändigen. Die Polizei ruft insbesondere ältere Menschen dazu auf, bei derartigen Anrufen umgehend die Polizei zu informieren. Darüber hinaus rät die Polizei jüngeren Familienangehörigen, ihre älteren Verwandten und Bekannten für das Thema zu sensibilisieren.
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Außerdem können sich besorgte Bürger bei Fragen zum Umgang mit derartigen Anrufen an jede örtliche Polizeidienststelle oder an das Sachgebiet Prävention der Polizeidirektion Bad Segeberg unter 04551/8840 wenden. „Dort erhalten Opfer, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter örtlicher Geldinstitute entsprechende Hinweise“, sagte Brockmann.
Weitere Sicherheitstipps für Senioren sind auf der Homepage der Landespolizei Schleswig-Holstein und der Internetpräsenz der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes abrufbar.