Bad Bramstedt. Am 14. Mai wählen die Bürger die Stadtverordnetenversammlung. Was die Parteien planen und umsetzen wollen.

Kaum ein Thema hat die Kommunalpolitik der vergangenen Jahre in Bad Bramstedt so bestimmt wie das geplante Wohnquartier Auenland im Osten der Stadt. Ursprünglich sollte das Quartier mit 700 Wohnungen für bis zu 2000 Menschen zu den größten Wohnungsbauvorhaben des Landes gehören. Inzwischen liegt das Projekt auf Eis. Gegner und Befürworter sind zerstritten – in der Bevölkerung ebenso wie in der Kommunalpolitik.

Die Fronten sind klar: Eine Seite weist auf den Mangel an Wohnraum hin, die andere fürchtet um Fauna und Flora auf den Flächen sowie um die kleinstädtische Struktur der Stadt.

Kommunalwahl: Braucht Bad Bramstedt das neue Wohnquartier Auenland?

Die CDU gehört zu den Kritikern des Projekts und ist sich weitgehend mit der Bürgerinitiative „Unser Auenland einig“, die einen Bürgerentscheid gegen das neue Quartier anstrebt und bereits 1600 Unterschriften gesammelt hat. Ob es zu einer Abstimmung kommen wird, ist allerdings offen, nachdem die Juristen der Kommunalaufsicht erhebliche rechtliche Zweifel angemeldet haben. Die Entscheidung liegt jetzt beim Verwaltungsgericht.

Es war auch das Verwaltungsgericht, das der Stadt vor wenigen Wochen verboten hat, die Planungen fortzusetzen. Bevor Fakten geschaffen werden, müsse die Prüfung abgewartet werden, ob ein Bescheid zulässig ist. Die SPD hat daraufhin angekündigt, möglicherweise einen weiteren Entscheid für das Projekt vorzubereiten. Eine Konsequenz hat die Debatte bereits: Der Investor, die Deutsche Habitat, hat das Projekt bereits um die Hälfte zusammengestrichen.

Die Parteien antworten dem Hamburger Abendblatt

Die Redaktion hat die Parteien gebeten, die Frage „Braucht Bad Bramstedt das neue Wohnquartier Auenland?“ zu beantworten und den Umfang der Stellungnahmen vorgegeben. Außerdem wurde ihnen Gelegenheit gegeben, sich zu anderen Themen zu äußern, die aus ihrer Sicht wichtig sind.

Die CDU lehnt den Bau des neuen Wohnquartiers ab

CDU: Die Christdemokraten befürchten durch das geplante Auenlandquartier ein massives Wachstum für Bad Bramstedt. Die schöne Stadt verliere damit ihren bisherigen Charakter und ihre Identität. „Die Befürworter argumentieren, dieses Wachstum sei die Antwort auf alle Probleme in unserer Stadt“, sagt die Spitzenkandidatin Annegret Mißfeldt. Wachstum sei aber niemals Selbstzweck und auch nie allein die Antwort auf Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft.

Der mit dem Quartier verbundene Flächenverbrauch sei vielmehr mit dem Blick auf den Klimawandel kritisch zu hinterfragen, da der Schutz vorhandener Ökosysteme und der Biodiversität wichtiger denn je sei, damit auch Kinder und Enkel in einem lebens- und liebenswerten Bad Bramstedt aufwachsen könnten.

Die CDU setzt auf Innenstadtverdichtung

Daher lehnt die CDU den Bau des Auenlandquartiers ab und fordert eine Weiterentwicklung Bad Bramstedts mit Augenmaß. Dazu zähle eine weitere Innenstandverdichtung sowie vorhandener Flächen mit dem Erhalt des kleinstädtischen Charakters. Bezahlbarer Wohnraum solle vor allem für Bad Bramstedter geschaffen werden.

Außerdem setzen sich die Christdemokraten für eine transparente und offene Kommunikation sowie eine breite Bürgerbeteiligung und Klimaschutz durch sinnvolle, bezahlbare und technologieoffene Maßnahmen statt durch Flächenverbrauch ein.

Kommunalwahl: Christdemokraten streben ausgeglichenen Haushalt an

„Kita- und Schulbau jetzt! steht bei uns an erster Stelle, denn Bildung eröffnet Chancen im Leben“, sagt Mißfeldt. „Daher brauchen unseren Kindern ausreichende und gut ausgestattete Schul- und Kitaplätze.“ Sie setzt sich außerdem für solide Finanzen ein. Um die finanziellen Spielräume künftiger Generationen zu sichern, dürfe man heute nicht über die Verhältnisse leben. Mißfeldt: „Daher wollen wir durch eine Konzentration auf die Pflichtaufgaben einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, natürlich ohne dass Sparen dabei zum Selbstzweck wird.“

Die amtierende Bürgervorsteherin Annegret Mißfeldt tritt als Spitzenkandidatin der CDU an.
Die amtierende Bürgervorsteherin Annegret Mißfeldt tritt als Spitzenkandidatin der CDU an. © CDU

SPD: Stadt braucht zahlungskräftiges Gewerbe und eine gute Lebensqualität

SPD: Die Bramstedter SPD hat im Haushalt der Stadt ein großes Einnahmeproblem festgestellt. In den vergangenen Jahrzehnten habe Bad Bramstedt den Anschluss an die Dynamik der Städte und Gemeinden im Westen des Kreises Segeberg verloren, sagt die Spitzenkandidatin Karin Steffen. „Entlang der A7 boomt es, und die Einnahmen aus Gewerbe- und Einkommensteuer sprudeln so stark, dass andernorts nicht nur kräftig in die Infrastruktur investiert wird, sondern deutlich niedrige Grundsteuern zu zahlen sind und die Straßenausbaubeiträge abgeschafft wurden“, sagt Steffen.

Daher bestehe immenser Handlungsbedarf. Besonders für Großprojekte wie eine neue Kita, ein neues Feuerwehrhaus und Anbauten an Schulen würden in Kürze Millionen benötigt. Bislang fehle jedoch dieses Geld. „Von medizinischer Versorgung, zeitgemäßen Sportstätten, wichtigen sozialen Projekten etc. haben wir dann noch gar nicht geredet“, sagt die Spitzenkandidatin. Zudem dürfe Energie für die breite Bevölkerung nicht zum Luxusgut werden. Die Stadt und vor allem die Stadtwerke müssen nach dem Willen der SPD in diesem Bereich kräftig investieren. Außerdem fordern die Sozialdemokraten die Ansiedlung von zahlungskräftigem Gewerbe, um eine gute Lebensqualität in Bad Bramstedt bieten zu können und den Anteil der Einwohner zu erhöhen, die voll im Erwerbsleben stehen.

SPD hält das neue Auenland-Quartier für unverzichtbar

Dafür ist unter anderem das Wohnquartier zwischen Hamwinsel und Umgehungsstraße für die SPD zwingend erforderlich. „Wir brauchen dringend mehr Wohnraum, der für alle bezahlbar ist“, sagt Karin Steffen. Energetisch sparsame Gebäude helfen dabei, die Klimaziele der Stadt zu erreichen und die Mietnebenkosten niedrig zu halten.

„Hinzu kommt: Ohne den Erlös aus dem Verkauf der Flächen und die Kostenbeteiligung der Investoren können nicht alle wichtigen Großprojekte umgesetzt werden“, meint die Spitzenkandidatin. „Das ist nicht in unserem Sinne und sicherlich auch nicht im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger.“ Bad Bramstedt müsse sich fortschrittlich entwickeln, um nicht noch weiter abgehängt zu werden.

Karin Steffen ist die Spitzenkandidatin der SPD.
Karin Steffen ist die Spitzenkandidatin der SPD. © SPD

Grüne unterstützen den Bau des Auenland-Quartiers

Bündnis 90/Die Grünen: Bad Bramstedt müsse sich dem demografischen Wandel stellen, meint die Partei Bündnis 90/Die Grünen. „Der Bedarf an passendem Wohnraum, abhängig von Alter und Lebenssituation, ist wie fast überall in Deutschland auch in unserer Stadt groß“, sagt die Spitzenkandidatin Patricia Adams-Lenhardt. „Durch den Wohnungsmangel bleiben die Kosten für Mieter hoch.“ Insbesondere bei sozial gefördertem Wohnraum herrsche in Bad Bramstedt, so wie in den meisten deutschen Kommunen, ein deutlicher Mangel. Zudem müsse neu geschaffener Wohnraum langfristig bezahlbar bleiben. Hierzu sei energetisch optimiertes Bauen ein wesentlicher Faktor.

Patricia Adams-Lenhardt hält Neubauquartiere mit dem Fokus auf Einfamilienhäuser, wie sie in den letzten 20 Jahren zumeist gebaut wurden, nicht für zielführend. Bündnis 90/Die Grünen befürworten daher eine Verdichtung der Innenstadt und unterstützen den Bau des Auenland-Quartiers an der Segeberger Straße. Dieses Quartier werde nach neuesten energetischen Standards, mit neuen Wohnraumkonzepten und nach neuesten technologischen und städtebauplanerischen Konzepten entstehen. Patricia Adams-Lenhardt fordert, die Bürger frühzeitig und transparent zu informieren.

Bündnis 90/Die Grünen fordern ein Mobilitätskonzept

Bei der Verkehrspolitik verweisen Bündnis 90/Die Grünen auf das Mobilitätskonzept mit dem Schwerpunkt Rad- und Fußverkehr, das auf ihre Initiative hin wurde ein beschlossen worden sei und umgesetzt werden soll. Außerdem setzt sich die Partei für mehr Klimaschutz, mehr Verkehrssicherheit mehr Lärmschutz ein, um die Aufenthaltsqualität in der Stadt zu erhöhen.

Außerdem fordert die Spitzenkandidatin die Einstellung eines Mobilitätsbeauftragte, die Förderung des Rad- und Fußverkehrs durch neue Aufteilung des Verkehrsraums und, Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in der Innenstadt. Außerdem sollen in Bad Bramstedt neue Fahrradstraßen entstehen, Tempo-30-Zonen ausgeweitet und die Schulwege sicherer werden. Auch für einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs mit einer Erhöhung der Taktfrequenz der AKN sprechen sich Bündnis 90/Die Grünen aus.

Patricia Adams-Lenhardt tritt als Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen an.
Patricia Adams-Lenhardt tritt als Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen an. © Bündnis 90/Die Grünen

FDP macht sich für „echte Bürgerbeteiligung“ stark

FDP: Die FDP hat bereits im Mai 2022 erklärt, dass sie zum Thema Auenland-Quartier einen Bürgerentscheid durch einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung einleiten will. Dafür habe es jedoch keine Zustimmung der anderen Parteien gegeben, kritisiert der Spitzenkandidat Dennis Schröder. Die FDP wolle umsetzen, was im Planungsausschuss versprochen wurde und wünsche eine echte Beteiligung der Öffentlichkeit, auch mit der Möglichkeit der Ablehnung des Projekts Auenland.

„Tatsache ist jedoch: Der Bedarf an Flächen für Wohnungsbau ist groß, zumal Bad Bramstedt eine attraktive Stadt ist“, sagt Schröder. Das Quartier Auenland wäre eine Möglichkeit, neuen Wohnraum zu schaffen, jedoch nicht gegen den Willen der Bevölkerung. Im Innenstadtbereich sind nach seiner Einschätzung fast alle Möglichkeiten ausgeschöpft.

FDP setzte sich für mehr Plätze in den Kitas ein

Die FDP will außerdem neue Arbeitsplätze in Bad Bramstedt schaffen und dass fehlende Fachkräfte in die Stadt kommen. Dafür seien Wohnungen erforderlich. „Arbeiten darfst Du in Bad Bramstedt, aber nicht wohnen? Komme morgens nach Bad Bramstedt und fahre abends wieder nach Hause? Dein Kind darfst Du gern in der Kita in deinem Wohnort unterbringen? Das ist nicht die Politik der FDP“, sagte der Spitzenkandidat.

Darüber hinaus brauche die Stadt wegen des großen Bedarfs dringend weitere Kita-Plätze. Damit könnten Familie und Beruf besser vereinbart werden. Daher stehe für die FDP die Erweiterung und gute Ausstattung der Schulen ebenfalls auf der Tagesordnung. Schröder: „Wir wollen wie bisher die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Unsere Anträge dazu sind mehrfach an CDU, SPD und Grünen gescheitert, doch wir bleiben dabei.“ Ebenso dürfe das Chaos um die neue Grundsteuer nicht zu einer Mehrbelastung führen.

Dennis Schröder ist der Spitzenkandidat der FDP. 
Dennis Schröder ist der Spitzenkandidat der FDP.  © FDP

Kommunalwahl: 2018 lag die CDU vor SPD, FDP und den Grünen

Bei der Kommunalwahl im Jahr 2018 ging die CDU mit 32,37 Prozent als stärkste Kraft hervor gefolgt von der SPD mit 28,15. Den dritten Platz errang die FDP mit 20,39 Prozent, den Bündnis 90/Die Grünen mit 19,09. Die Wahlbeteiligung lag bei 43,79 Prozent.

Die CDU ist zurzeit die stärkste Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung.
Die CDU ist zurzeit die stärkste Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung. © HA Grafik | Frank Hasse

Die Stadtverordnetenversammlung besteht aktuell aus neun Mitgliedern der CDU, sieben der SPD und jeweils fünf von FDP und Bündnis 90/Die Grünen.

Als Spitzenkandidaten treten an: Für die Christdemokraten geht die amtierende Bürgervorsteherin Annegret Mißfeldt ins Rennen. Spitzenkandidatin der SPD ist Karin Steffen. Patricia Adams-Lenhardt tritt als Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen an; die Freien Demokraten setzen auf Dennis Schröder.