Schmalensee. 39 Jahre war Loenicker Teil des Kabarett-Duos Alma Hoppe. Jetzt wohnt er im Kreis Segeberg und eröffnet seine eigene Bar.

Wohnung in Eppendorf, Theater in Eppendorf: Mitten in der Großstadt war das private und berufliche Zuhause. Und jetzt: Schmalensee. Idyllisch zwar, aber am äußersten Zipfel des Kreises Segeberg. Keine 500 Einwohner, jeder kennt jeden. Vor allem kennt jeder jenen Herrn, der die Zunge wie ein Trommelrevolver einsetzen kann: Nils Loenicker, ein bundesweit bekannter Kabarettist mit ehemals eigenem Theater, der das Großstadtleben gegen die ländliche Idylle am See ausgetauscht hat – und der hat im kleinen Dorf Großes vor.

Nils Loenicker ist bei jenen, die Kabarett lieben, eine Institution. Denn dieser Mann war 39 Jahre Teil des Kabarett-Duos Alma Hoppe mitten in Hamburg. Zusammen mit seinem Freund, Bühnen- und Geschäftspartner Jan-Peter Petersen hat er das Lustspielhaus an der Ludolfstraße zu einer Institution gemacht. Dort traten beide nicht nur als Duo auf, sondern gaben auch anderen namhaften Kabarettisten, Satirikern, Comedians und Musikgruppen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum Auftrittsmöglichkeiten.

Alma Hoppe: Nils Loenicker – Vom Kabarettisten zum Weinexperten

Am 25. März gab Nils Loenicker seine letzte Vorstellung als Teil des Alma-Hoppe-Duos. Nach 39 Jahren als aktiver Kabarettist, nach über 6000 Auftritten, nach 65 Programmen und nach fast 30 Jahren als Co-Leiter und -Intendant des Theaterhauses zieht er sich in aller Freundschaft von der Bühne und vom Haus zurück. Darüber ist viel geschrieben worden. Aber was macht der Mann, der den größten Teil seines Lebens auf und hinter der Bühne verbracht hat, eigentlich nach dem aktiven Theaterleben? Das Hamburger Abendblatt ist auf Spurensuche gegangen und im Kreis Segeberg fündig geworden.

Nils Loenicker lebt in einem der kleinsten Orte im Kreis Segeberg. Warum es ihn ausgerechnet nach Schmalensee gezogen hat? Zunächst waren es die familiären Bande, die den Kabarettisten und seine Frau gelockt haben. Der Bruder hat in Schmalensee ein Haus, die Loenickers waren von dem Ort angetan und fanden schließlich selbst ein Haus am See, Jahrgang 1967. „Das haben wir komplett saniert, und inzwischen sind wir echt Landeier geworden.“


Jan-Peter Petersen (65, rechts) und Nils Loenicker sind 39 Jahre als Kabarett-Duo Alma Hoppe aufgetreten. An der Ludolfstraße in Eppendorf haben sie das Lustspielhaus geführt. Nach dem Ausstieg Loenickers wird es jetzt von Petersen alleine betrieben. Vorgesehen ist, dass sein Sohn, der Schauspieler und Kabarettist Max Beier, einsteigt.
Jan-Peter Petersen (65, rechts) und Nils Loenicker sind 39 Jahre als Kabarett-Duo Alma Hoppe aufgetreten. An der Ludolfstraße in Eppendorf haben sie das Lustspielhaus geführt. Nach dem Ausstieg Loenickers wird es jetzt von Petersen alleine betrieben. Vorgesehen ist, dass sein Sohn, der Schauspieler und Kabarettist Max Beier, einsteigt. © Alma Hoppes Lustspielhaus

Von der Eppendorfer Wohnung in das Haus in Schmalensee

Ehefrau Simone übersiedelte als Studienrätin vom Gymnasium Eppendorf an die Oberstufe der Gemeinschaftsschule in Trappenkamp, die Wohnung in Eppendorf wurde aufgegeben, der Lebensmittelpunkt nach Schmalensee verlagert. Es war ein schleichender Prozess. „Seit zwölf Jahren zunehmend, jetzt fest“, sagt Nils Loenicker, der 2003 übrigens die Hamburger Theaternacht gegen anfängliche Widerstände initiierte und dafür 2013 mit dem „Rolf-Mares-Sonderpreis für langjährige außergewöhnliche Leistungen im Rahmen des Hamburger Theaterlebens“ ausgezeichnet wurde.

Als kontaktfreudige Menschen ist es den Loenickers schnell gelungen, Anschluss an das dörfliche Leben zu gewinnen. Man kennt sich auf dem Lande. Ihn kennen die Leute auch deshalb, weil er sich schon seit Jahren im Dorfkrug als Bauer Hader die Ähre gibt und seinem Publikum die Welt erklärt. Dieser Bauer ist Loenickers kabarettistisches Bühnen-Alter-Ego, seit über 25 Jahren erfolgreich in vielen Theatern und natürlich auch immer wieder in Alma Hoppes Lustspielhaus. Zuletzt Weihnachten 2022.


Bauer Hader aus Hanebüchen: Der Kabarettist Nils Loenicker. ist seit über 25 Jahren mit seinem Solo-Programm unterwegs. Er will den Bauern auch in Zukunft die Welt erklären lassen. Auch in der Weinbar wird er sich die Ähre geben.
Bauer Hader aus Hanebüchen: Der Kabarettist Nils Loenicker. ist seit über 25 Jahren mit seinem Solo-Programm unterwegs. Er will den Bauern auch in Zukunft die Welt erklären lassen. Auch in der Weinbar wird er sich die Ähre geben. © Stefan Malzkorn

Nils Loenicker absolvierte ein Fernstudium in Weinkunde

Um die auftrittsarme Corona-Zeit zu überbrücken, absolvierte der Kabarettist ein Fernstudium im Fach Weinkunde mit Präsenzprüfung an der Weinakademie in Berlin. Die Idee lag nahe, weil er schon immer ein Faible für gute Weine hatte. Und Zeit hatte er während des Lockdowns genug.

Alles andere fügte sich. Im Nachbarort Belau (Kreis Plön) sind die Loenickers schon seit zehn Jahren als Kajakfahrer im Wassersportverein, sie kennen die Verhältnisse dort und stießen so auf einen heruntergewirtschafteten Pavillon, in dem einst die Raiffeisenbank eine Filiale betrieb, der aber schon lange nicht mehr genutzt wurde. Mit einem Freund zusammen erwarb Nils Loenicker das Gebäude, renovierte es und will dort demnächst eine Weinlounge eröffnen. Das Genehmigungsverfahren läuft.

Wein-Probierabende mitten in einem vielbesuchten Feriengebiet

Was auch viele Bewohner des Kreises Segeberg nicht wissen: Das Gebiet um Schmalensee herum ist ein touristisches Highlight in der Holsteinischen Schweiz. Die Bornhöveder Seenkette lockt nicht nur Tagestouristen, sondern auch Urlauber, die für längere Zeit in Ferienwohnungen und -häusern oder auf Campingplätzen leben und die Zeit genießen. Genau dort, mitten im Feriengebiet, will Nils Loenicker also seine kleine Bar eröffnen. Pfingsten geht es los.

Allerdings wird es dort keinen täglichen Barbetrieb geben. Gedacht ist an Probierabende mit fachkundigen Erklärungen und bestimmten Öffnungszeiten an den Wochenenden. Nur in der Weinbar hocken und Kunden bedienen – soweit will Nils Loenicker nun auch nicht gehen. Er ist zuversichtlich: „Ich habe schon so viele Anfragen für Tastings, dass ich damit einige Abende füllen kann.“


So kennt man das Duo Alma Hoppe: Jan-Peter Petersen (links) und Nils Loenicker sorgten überall für ausverkaufte Häuser.
So kennt man das Duo Alma Hoppe: Jan-Peter Petersen (links) und Nils Loenicker sorgten überall für ausverkaufte Häuser. © Alma Hoppe

Bei den Weinproben gibt sich auch Bauer Hader die Ähre

Die Gäste können übrigens sicher sein, dass auch Bauer Hader eine kurze Einlage gibt – denn: „Der ist natürlich auch Weinbauer geworden, das ist ja klar.“ Haders Spezialgebiet: Wein aus Schleswig-Holstein … Die Kombination Weinbar/Loenicker/Bauer Hader soll die Leute locken. Nils Loenicker hat keine Bedenken, dass es nicht klappen könnte.

Zwar ist er vollkommen heraus aus dem Lustspielhaus in Hamburg, aber als Bauer Hader will Nils Loenicker auch in Zukunft unterwegs sein. Er ist gefragt: Jede Woche kommt eine Anfrage für einen Auftritt in einem Theater, für ein Festival oder einer sonstigen Veranstaltung. Er bleibt auf der Bühne, will es aber nicht übertreiben: „So etwa 20-mal im Jahr werde ich schon als Bauer Hader unterwegs sein.“ Außerdem hat er einen Krimi geschrieben, der demnächst als Hörbuch erscheint. Genug zu tun gibt es also allemal.

Kann er sich vorstellen, mit seinem Freund und altem Bühnenpartner Jan-Peter Petersen noch einmal ein Programm zu spielen? „Ausschließen kann man natürlich nichts“, sagt Nils Loenicker. „Aber im Moment – nein.“ Für langes Schreiben und Proben, zum Beispiel mit ihrem langjährigen Stamm-Regisseur Henning Venske, habe er zurzeit keinen Raum.

Alma Hoppe: Das Lustspielhaus will Nils Loenicker nur noch als Gast besuchen

Besuchen wird er sein altes Theater in Hamburg hingegen schon – zum Beispiel wenn Max Beier, der Sohn von Jan-Peter Petersen, als Bühnen- und Geschäftspartner seinen Einstand gibt. Denn den kennt Nils Loenicker natürlich seit dessen Geburt. „Dann aber als Gast, der sich vorher einen Tisch bucht.“

Ein Bühnengeheimnis verrät der gelernte Informationselektroniker Nils Loenicker zum Abschluss des Gesprächs: Alma Hoppes auch von prominenten Kollegen übernommenes Markenzeichen, das Schnellsprechen, ist reine Trainingssache. „Wir haben das Durcheinanderreden und das Auslaufen auf die Pointe kultiviert. Als Henning Venske und Jochen Busse als Duo aufgetreten sind, haben die uns um Erlaubnis gebeten, das auch machen zu dürfen.“ Im Laufe der Vorstellungen seien in der Zweierdynamik Pointen entstanden, die man sich im Vorwege nicht ausdenken kann.